Was genau ist ein Strohmannverhältnis und wann liegt es vor?

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Vor kurzem haben wir über ein Urteil des VG Regensburg berichtet, durch welches die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit eines Gewerbebetriebs aufgrund eines unzuverlässigen Dritten, der erheblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausgeübt hat, versagt worden ist. In dem besprochenen Fall wurde ein Strohmannverhältnis verneint, in der Praxis muss jedoch genau untersucht werden, ob ein solches vorliegen könnte, um frühzeitig einer dadurch drohenden Gewerbeuntersagung vorzubeugen.

Ein Strohmann ist im Gewerberecht die Person, die als Gewerbetreibender vorgeschoben wird, um die tatsächlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens zu verschleiern. Tatsächlich wird das Gewerbe von einem anderen, dem Hintermann betrieben, der Strohmann dient dabei nur als „Aushängeschild“ und agiert als steuerbare Marionette des Hintermanns zur Verschleierung der wirklichen Machtverhältnisse im Unternehmen.

Genaue Analyse der Innenbeziehungen notwendig

Um ein solches Strohmannverhältnis aufzudecken, ist eine gründliche Untersuchung der Innenbeziehungen im Unternehmen nötig. Wenn sich daraus ergibt, dass ein Gewerbetreibender eine andere natürliche oder juristische Person als Geschäftsführer vorschiebt, um über tatsächliche Verhältnisse im Rechts- und Wirtschaftsverkehr zu täuschen, ist von einem Strohmannverhältnis auszugehen. Der Strohmann selbst nimmt dabei meist ohne eigene unternehmerische Tätigkeit am Wirtschaftsleben teil, um den Hintermann in den gewerblichen Ordnungsrahmen miteinzubeziehen (vgl. BVerwG, Urteil v. 14.07.2003 – 6 C 10/03).

Es ist außerdem wesentlich, dass der Strohmann-Geschäftsführer Geschäfte in seinem eigenen Namen abwickelt und diese ihn auch rechtlich binden sollen. Der Strohmann tritt demnach auch nach außen als Geschäftsführer auf. In Wirklichkeit hat er allerdings nichts mit dem Geschäft zu tun und fungiert nur als Aushängeschild der Firma.

Diese Grundsätze sind auch dann anzuwenden, wenn eine juristische Person als Strohgesellschaft eingesetzt wird, um einem geschäftsführenden Gesellschafter oder Drahtzieher in anderer rechtlicher Stellung den selbständigen Betrieb des Gewerbes außerhalb des gewerberechtlichen Ordnungsrahmens zu ermöglichen (vgl. VG München (16. Kammer), Urteil vom 28.05.2019 – M 16 K 18.1033).

Verwandtschaftsverhältnis als Indiz für Strohmannverhältnis

Bei Verwandtschaftsverhältnissen innerhalb eines Gewerbes sollte sehr genau hingeschaut werden, denn oftmals liegen gerade hier Strohmannverhältnisse vor: aufgrund der emotionalen Bindung zwischen Verwandten kommt es gehäuft vor, dass z.B. Ehegatten pro forma als Geschäftsführer eingesetzt werden. Hier kann der Hintermann in der Regel besonders leicht Einfluss auf den Strohmann-Geschäftsführer ausüben und diesen „steuern“ (VG Regensburg 26.11.2015, RN 5 K 14.2148; 12.05.2016, RN 5 K 15.804). Daher ist ein besonderes Augenmerk auf Familienbetriebe zu legen.

Mangelnde Fachkenntnisse und fehlende Kompetenzen bei der Unternehmensführung können ebenfalls Indizien für Strohmannverhältnisse sein (HessVGH 20.12.1982, VIII OE 103/80). Auch wenn der Geschäftsführer bereits im hohen Alter ist oder eine Erkrankung aufweist, kann dies darauf deuten, dass dieser lediglich als Marionette fungiert und in tatsächlicher Hinsicht der Hintermann im Unternehmen die Fäden in der Hand hält (VG Regensburg 12.05.2016, RN 5 K 15.804).

Abgrenzung kann teilweise schwierig sein

Im Einzelfall kann die Beurteilung, ob tatsächlich ein Strohmannverhältnis vorliegt, schwierig sein. Letztendlich entscheidend soll sein, wer die maßgeblichen Entscheidungen des täglichen Geschäftsablaufs trifft (z.B. Personalentscheidungen). Zudem muss die Beherrschung des Strohmanns durch den Hintermann so umfassend sein, dass der Strohmann selbst den Eindruck eines Gewerbetreibenden macht. Der Strohmann als Marionette hat demnach keinen Handlungsspielraum, den er selbst bestimmen kann, sondern wird nur durch den Hintermann vorgeschoben und gesteuert.

Insbesondere bei juristischen Personen kann die Erbringung von Beweisen für das Vorliegen eines Strohmannverhältnisses schwierig sein. Anders als bei natürlichen Personen lässt sich bei juristischen Personen kaum ein Nachweis aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen oder mangelnder Fachkenntnisse erbringen. Stattdessen kommt es hier auf objektive und subjektive Anhaltspunkte an, insbesondere darauf, ob die Gründung der juristischen Person allein zu Zwecken des Rechtsformenmissbrauchs erfolgt ist.

Darüber hinaus ist das Strohmanngeschäft auch von den Fällen des vorgetäuschten Strohmanns zu unterscheiden: hier sind sich der vorgeschobene Dritte und der Hintermann darüber einig, dass sich der Strohmann strikt an den Hintermann zu halten hat. Der Strohmann soll dabei aus dem Geschäft nicht persönlich berechtigt und verpflichtet werden, sodass nur ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB vorliegt.

Rechtsanwältin in Würzburg und München, Dr. Janika Sievert
Dr. Janika Sievert
Rechtsanwältin in Würzburg und München, Fachanwältin für Strafrecht und Steuerrecht
Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht, Medizinstrafrecht
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Rechtsanwalt in München, Landshut, Regensburg und Leipzig, Alexander Littich
Alexander Littich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und für Steuerrecht in München, Landshut, Regensburg und Leipzig
Steuerstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht
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