Verspätete Erklärungsabgabe führt zu Steuerstrafverfahren – Fall Fahrenschon
Aus aktuellem Anlass möchten wir über eine aus unserer Sicht häufige Behördenpraxis informieren.
Soweit man den Medienberichten zu der Berichterstattung im Fall Fahrenschon Glauben schenken darf, scheint sich auch bei ihm der strafrechtliche Vorwurf der Steuerhinterziehung auf den Umstand zu begründen, dass eine verspätete Abgabe von Steuererklärungen strafbar sein kann.
Teilweise werden sogar bereits veranlagte Steuererklärungen wieder aufgegriffen und einer strafrechtlichen Überprüfung unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung durch das Jahressteuergesetz 2010 (Beschränkung der Selbstanzeigemöglichkeiten) zugeführt.
Hierzu ein Beispielsfall:
Der Steuerpflichtige F gibt seine
- Steuererklärung für 2010 (ESt, GewSt und USt) am 01.10.2013
- Steuererklärung für 2011 (ESt, GewSt und USt) am 01.02.2014
- Steuererklärung für 2012 (ESt, GewSt und USt) am 01.06.2014
ab.
Die Veranlagung ist erklärungsgemäß erfolgt.
Dennoch greift die Bußgeld- und Strafsachenstelle den Vorgang als vollendete Steuerhinterziehung durch Unterlassen für ESt, GewSt und USt 2010/2011 und USt 2012 mit der Begründung auf, dass bereits Veranlagungsschluss eingetreten war.
Schaubild zum Fall:
Vorliegend war damit zum Zeitpunkt der sehr späten Erklärungsabgabe für den Veranlagungszeitraum 2010 bereits für die Steuerarten ESt, GewSt und USt 2010/2011 und USt 2012 Steuerhinterziehung durch Unterlassen eingetreten (für ESt und GewSt 2012 noch nicht, da in diesem Beispiel Veranlagungsschluss unterstellt erst mit Ablauf des 30.06.2014 eintrat), so dass lediglich im Rahmen einer steuerlichen Selbstanzeige nach § 371 AO Straffreiheit eintreten könnte.
Aufgrund der Gesetzesänderung durch das Jahressteuergesetz 2010 war dies in 2013 jedoch nur möglich, wenn damit sämtliche noch nicht erklärten Steuern vollständig nacherklärt worden wären.
Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde der Wortlaut des § 371 AO dahingehend geändert.
In § 371 Abs. 1 AO alter Fassung wurde das Wort „insoweit“ in ständiger Rechtsprechung in der Weise ausgelegt, dass auch eine Teilselbstanzeige in der nacherklärten Höhe strafbefreiende Wirkung entfalte. Diese Rechtsprechung hatte der Bundesgerichtshof in damals aktuellen Entscheidungen aufgegeben. Das Wort „insoweit“ beziehe sich nur auf die Bestrafung der Tat als Steuerhinterziehung. Die neue Formulierung in § 371 Abs. 1 AO neuer Fassung stellt dies auch im Wortlaut klar und untersagt die gestückelte, mehrfache Selbstanzeige je nach Entdeckungsrisiko.
Damit liegt in derartigen Fällen deutlich verspäteter Erklärungsabgabe eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vor, die in vollem Ausmaß sanktionierbar ist, auch wenn die Steuererklärung letztendlich abgegeben wurde und die Steuern auf diese Erklärung hin bezahlt wurden.
Aktuell prominentester Fall zu diesem Thema ist wohl der gegen Herrn Fahrenschon ergangene Strafbefehl, da dieser seine Einkommensteuer- und Umsatzsteuerjahreserklärung 2012, 2013 und 2014 erst im Jahr 2016 abgegeben hat. Zumal gegen ihn ein Strafbefehl erlassen wurde, ist die Staatsanwaltschaft und das Gericht wohl davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige nicht vorgelegen haben.
Soweit Abgabefristen bereits deutlich überschritten sind, haben die Steuererklärungen alle Voraussetzungen einer Selbstanzeige nach § 371 AO zu erfüllen, d.h. im Zweifel ist auch eine Aufbereitung der Besteuerung für die letzten 10 Jahre erforderlich, um einer Bestrafung zu entgehen.
Adelheid Holme
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Alexander Littich
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Dr. Janika Sievert
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