Tax-CMS auch für ausländische Unternehmen mit Steuerpflichten in Deutschland notwendig?
In Deutschland gibt es immer noch kein gesondertes Unternehmensstrafrecht. Der kürzlich abgeschlossene Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD hält zwar fest, ein Sanktionsrecht für Unternehmen neu schaffen zu wollen und auch sicher zu stellen, dass bei Taten aus dem Unternehmen heraus grundsätzlich auch die Unternehmen, die von dem Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter gegebenenfalls profitiert haben, stärker sanktioniert werden sollen. Bislang sind dies jedoch nur wage Pläne. Initiativen für ein geändertes Unternehmensstrafrecht gibt es in Deutschland seit langer Zeit, die Diskussionen hierüber wurden jedoch ergebnislos geführt.
Eine Bestrafung von Unternehmen ist jedoch bereits heute schon möglich. So sieht § 30 OWiG vor, dass eine Geldbuße gegen ein Unternehmen festgesetzt werden kann, wenn etwa das vertretungsberechtigte Organ des Unternehmens oder eine sonstige Person, die für die Leitung des Unternehmens verantwortlich handelt, eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begeht, durch die Pflichten, welche die juristische Person treffen, verletzt worden sind. Hinterzieht also zum Beispiel die Geschäftsführung eines Unternehmens oder der Leiter der Steuerabteilung Steuern zu Gunsten des Unternehmens, so können die Individualpersonen zum einen wegen Steuerhinterziehung strafrechtlich belangt werden, zum anderen kann auch eine Geldbuße gegen das Unternehmen festgesetzt werden. Diese Geldbuße beträgt im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu 10 Mio. Euro und wird in aller Regel pro Tat, im Falle der Steuerhinterziehung also pro Veranlagungszeitraum fällig. Des Weiteren ist eine Abschöpfung des durch die Tat erlangten Vorteiles nach dem Bruttoprinzip möglich. Dabei können auch immaterielle Vorteile, die das Unternehmen aus der Tat hatte, berücksichtigt werden.
Der BGH hat nun mit Urteil vom 09.05.2017 (Az. 1 StR 265/16) im Rahmen eines obiter dictums festgehalten, dass für die Bemessung einer Geldbuße, die gegen ein Unternehmen im Rahmen von Steuerhinterziehung durch die Mitarbeiter zu verhängen ist, ein Compliance-Management-System eine wichtige Bedeutung hat.
Der BGH führte hierzu aus, dass es für die Höhe der oben genannten Geldbuße von hoher Bedeutung sei, inwieweit ein Unternehmen seiner Pflicht, Rechtsverletzungen aus der eigenen Sphäre zu verhindern, nachkomme. Dies sei eben nicht zuletzt davon abhängig, ob ein gut funktionierendes CMS im Unternehmen eingerichtet ist. Der BGH führte weiter aus, dass es auch positive Auswirkungen auf die Höhe der Geldbuße haben müsse, wenn das Unternehmen sogar erst im Laufe des Verfahrens dieses System einrichtet oder optimiert, um etwaige zukünftige Rechtsverstöße zu vermeiden.
Diese Feststellungen des BGH gelten nach unserem Dafürhalten nicht nur für in Deutschland ansässige Unternehmen. Führt ein ausländisches Unternehmen in Deutschland Umsätze aus, so unterliegen diese Umsätze ebenso wie bei inländischen Unternehmen der Umsatzbesteuerung in Deutschland. Grundsätzlich muss ein ausländisches Unternehmen ohne Sitz in Deutschland für Umsätze, die in Deutschland steuerpflichtig sind, die Umsatzsteuersteuer beim Deutschen Finanzamt anmelden, die Steuer abführen und eine Steuererklärung abgeben. Daher sind auch für die Mitarbeiter eines ausländischen Unternehmens, die sich um die Umsatzbesteuerung in Deutschland kümmern, steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren in Deutschland denkbar.
Daher können wir auch ausländischen Unternehmen, die sich in Deutschland steuerlich betätigen, nur dazu raten, ein Tax-CMS zu implementieren. Ein solches funktionierendes Tax-CMS kann, sobald ein Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen und dessen Mitarbeiter in Deutschland geführt wird, vor der Verhängung hoher Geldbußen schützen. Auch wenn bereits gegen das ausländische Unternehmen und seine Mitarbeiter ermittelt wird, kann die nachträgliche Implementierung eines solchen CMS helfen, die gegen Unternehmen zu verhängende Geldbuße sowie die gegen die Mitarbeiter zu verhängenden Strafen deutlich zu mildern.
Gerne beraten wir ausländische Unternehmen, die in Deutschland einer Steuerpflicht unterliegen, bezüglich der Implementierung eines solchen Tax-Compliance-Management-Systems.
Dr. Janika Sievert
Rechtsanwältin in Würzburg und München, Fachanwältin für Strafrecht und Steuerrecht
Steuerstrafrecht und Wirtschaftsstrafrecht, Medizinstrafrecht
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