Strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige bei hohen Spekulationsgewinnen und -verlusten

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Es ist nun schon 5 Jahre her, dass über die Medien bekannt wurde, dass Uli Hoeneß durch umfangreiche Spekulationsgeschäfte hohe Steuern verkürzt haben soll und gegen ihn ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wurde. Ein Jahr später, im März 2014 wird Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung in Höhe von mindestens 28,5 Mio € zu einer Haftstrafe verurteilt.
In dieser Zeit haben alle Steuerberater und Rechtsanwälte, die für ihre Mandanten ebenfalls steuerliche Nachmeldungen vorbereitet haben, den Prozess aufmerksam verfolgt. Welche Maßstäbe sind an eine Schätzselbstanzeige zu stellen, damit diese noch als strafrechtlich wirksam angesehen werden kann? Wie geht man mit Fällen um, die tatsächlich kurzfristig aufgrund der Vielzahl der Bankvorfälle nicht oder nur mit hohem zeitlichem Aufwand richtig geschätzt werden können?
Im Fall Hoeneß hat das Gericht die Selbstanzeige als nicht strafbefreiend gewertet und trotz Abgabe der Selbstanzeige eine Haftstrafe verhängt.
Die Ecovis-Gruppe hatte im Jahr 2014 einen ähnlich gelagerten Fall zu begleiten und konnte schlussendlich noch im Jahr 2014 die vom Mandanten beauftragte steuerliche Selbstanzeige abgeben.
Erst jetzt, fast dreieinhalb Jahre später, wurde von der zuständigen Bußgeld- und Strafsachenstelle die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige bestätigt.
Dies zeigt, dass auch die Finanzämter nicht die Kapazitäten haben, um so umfangreiche steuerliche Erklärungen kurzfristig zu bearbeiten und abzuschließen.

Aber zunächst zum Fall:
Unser Mandant hat mindestens die vergangenen 10 Jahre eigenes und teilweise auch aus seinem privaten Umfeld zur Verfügung gestelltes Vermögen über mindestens zwei Bankhäuser hoch spekulativ angelegt. Unser Mandant hat im Wesentlichen auf Währungsentwicklungen spekuliert und damit darauf, ob innerhalb einer gewissen Zeitspanne die Währung eines Landes im Kurs steigt oder fällt. Auf diese Entwicklung hat er sogenannte Call-Optionen abgeschlossen, also das Recht erworben, eine bestimmte Währung zu einem vorher festgelegten Preis zu erwerben. Wenn die Währung gestiegen ist und der Mandant die Call-Option zu einem günstigeren Preis ausüben konnte, hat er einen Gewinn erzielt.
Im Gegensatz dazu hat der Mandant auch Put-Optionen gezeichnet, also darauf gewettet, dass ein Kurs niedrig bleibt, er jedoch eine gewisse Währung zu einem fest vereinbarten Preis verkaufen kann.
Wenn sich nun die Währung abweichend entwickelt hat und der Mandant verpflichtet war, zu kaufen oder zu verkaufen, können daraus auch hohe Spekulationsverluste entstehen.
In den Jahren der Wirtschaftskrise sind hier teilweise Entwicklungen eingetreten, die langfristig nicht planbar waren. Entsprechend haben sich auch hohe steuerliche Verluste oder Gewinne bei dem Mandanten realisiert.

Wir haben diese steuerlichen Vorgänge aufgrund der Komplexität in zwei ECOVIS-Büros in München und Leipzig getrennt voneinander auswerten lassen und für Zwecke der steuerlichen Nachmeldung die im jeweiligen Büro höchsten Gewinne und niedrigsten Verluste erklärt. Die Aufarbeitung der steuerlichen Nachmeldung nahm fast ein Jahr in Anspruch und wäre rechtssicher nicht im Schätzwege ohne Auswertung möglich gewesen, da sich in den unterschiedlichen Jahren vereinzelt hohe Spekulationen realisiert haben und der Ansatz einer pauschalen Rendite von z.B. 6 % des eingesetzten Kapitals in keinem der Jahre zutreffend gewesen wäre.
Auch die Finanzverwaltung hat in diesem Fall fast drei Jahre benötigt, um die Prüfung und steuerliche Festsetzung abzuschließen. Hiergegen wurde teilweise Einspruch eingelegt, um Ausgaben, die im Zuge der steuerlichen Nachmeldung zunächst nicht geltend gemacht wurden, noch zum Ansatz zu bringen.

Nach 3 Jahren und 6 Monaten haben wir nun die Mitteilung erhalten, dass die steuerliche Erklärung als strafbefreiend anzusehen ist – ein Unterschied zum Fall Hoeneß.
Der Fall zeigt jedoch, dass die zwischenzeitlichen Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige bei derart komplexen Sachverhalten nicht immer sachgerecht sind.
Sofern die steuerlichen Nachzahlungen in unserem Fall nicht in einem Bereich gelegen hätten, in dem eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung denkbar gewesen wäre und die mediale Berichterstattung um den Fall Hoeneß nicht zu einer weiteren Beunruhigung bei unserem Mandanten geführt hätte, könnten wir nicht mit Sicherheit behaupten, dass unser Mandant die Erklärung dennoch abgegeben und die darauf entstehenden Mehrsteuern nachentrichtet hätte.
Letzteres wäre ein Schaden, den die Politik mit der Möglichkeit der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige gerade nicht herbeiführen wollte – eigentlich wollte man mit der strafbefreienden Selbstanzeige einen Anreiz schaffen zur Offenlegung verdeckter Steuersachverhalte, die sonst nicht oder nur sehr eingeschränkt entdeckt werden können.
Mit Umsetzung des Automatischen Informationsaustausches zum 30.09.2018 wird sich hier sicherlich Einiges ändern, da sich mehr als 100 Länder zwischenzeitlich dazu verpflichtet haben, die dort geforderten Informationen auszutauschen. Bis dahin ist jedoch auch noch eine wirksame Selbstanzeige möglich…

Rechtsanwalt in München, Landshut, Regensburg und Leipzig, Alexander Littich
Alexander Littich
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und für Steuerrecht in München, Landshut, Regensburg und Leipzig
Steuerstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht
Tel.: +49 871-96 21 6-25
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