Kein Verzicht des Finanzamts auf Hinterziehungszinsen – auch nicht bei einer tatsächlichen Verständigung

3 min.

English version
Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 12.04.2018 (6 K 2254/17) entschieden, dass Hinterziehungszinsen nicht Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung sein können.
Zwischen dem Kläger und dem Finanzamt war unstreitig, dass er Steuern hinterzogen hatte. Die genaue Höhe der hinterzogenen Steuern konnte trotz Bemühens um Aufklärung nicht mehr sicher festgestellt werden, so dass man eine tatsächliche Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen traf.
Es ergingen dann Änderungsbescheide und das Finanzamt setzte Hinterziehungszinsen fest. Gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen legte der Kläger zunächst Einspruch ein und klagte dann. Er vertrat die Auffassung, dass im Rahmen der tatsächlichen Verständigung ein Zahlbetrag festgelegt worden sei, der alle Nebenleistungen, also auch die Hinterziehungszinsen beinhalten sollte.
Das Finanzgericht entschied, dass die Hinterziehungszinsen zu Recht festgesetzt wurden.
Nach § 204 AO soll die Finanzbehörde im Anschluss an eine Außenprüfung dem Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen verbindlich zusagen, wie ein für die Vergangenheit geprüfter und im Prüfungsbericht dargestellter Sachverhalt in Zukunft steuerrechtlich behandelt wird. Eine solche Zusage kann sodann im Zusammenhang mit der Besteuerung eines später verwirklichten Sachverhalts Bindungswirkung entfalten (§ 206 AO). Sie erfordert aber u.a. eine als verbindlich gekennzeichnete schriftliche Erklärung (§ 205 Abs. 1 AO) sowie eine Angabe dazu, für welche (zukünftigen) Zeiträume die Zusage gelten soll BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 3/08, BFH/NV 2009, 1734; FG Köln, Urteil vom 29. Oktober 2014 5 K 463/12, EFG 2015, 1524, BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 VI R 27/15, BFH/NV 2017, 223).
Zusagen nach § 204 AO können jedoch nur für die künftige Behandlung eines steuerlichen Sachverhalts erteilt werden; wie ein in der Vergangenheit verwirklichter Sachverhalt zu beurteilen ist, kann nicht Gegenstand einer Zusage sein (Rüsken in Klein, AO, 13. Auflage 2016, § 204 Rn. 11 m.w.N.).
Die tatsächliche Verständigung enthielt keine Vereinbarung in Bezug auf die Festsetzung von Hinterziehungszinsen. Nach dem klaren Wortlaut des § 205 Abs. 1 AO erlangen mündliche Nebenabreden insoweit keine Bindungswirkung.
Durch die vorliegende schriftliche Vereinbarung wurde der Rechtsbindungswille des Finanzamts unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, so dass auch dem Vorbringen des Klägers und seiner Beweisanträge, es sei eine mündliche Nebenabrede geschlossen worden, nicht mehr nachgegangen werden musste. Der schriftliche Inhalt der tatsächlichen Verständigung stützte den Vortrag des Klägers nicht.
In den Urteilsgründen legte der Senat dar, dass Gegenstand einer tatsächlichen Verständigung – sei es in Schriftform oder mündlich – nicht der Verzicht auf die Festsetzung von Hinterziehungszinsen sein kann. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist bei einer Steuerhinterziehung nicht in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt. Der Wortlaut des § 235 Abs. 1 Satz 1 AO ist eindeutig. Danach sind hinterzogene Steuern zu verzinsen Das hat zur Folge, dass die Frage, ob Hinterziehungszinsen festgesetzt werden, nicht zur Disposition der Beteiligten gestellt. Eine Vereinbarung, bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung auf die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zu verzichten, wäre unwirksam.

Rechtsanwältin in Rostock, Liane Grebe
Liane Grebe
Rechtsanwältin in Rostock
Steuerstrafrecht
Tel.: +49 381-649 100
E-Mail