Eigener Verschuldensmaßstab für die Festsetzung von Säumniszuschlägen
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In der Verhandlung vom 12.12.2018 – B 12 R 15/18 R – hat das Bundessozialgericht auf die Revision der beklagten Deutschen Rentenversicherung Westfalen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30.08.2014 – L 8 R 822/14 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Eine abschließende Entscheidung war wegen fehlender Tatsachenfeststellungen nicht möglich, ob die Klägerin unverschuldet keine Kenntnis von ihrer Beitragszahlungspflicht gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV hatte.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin, eine GmbH, betreibt ein Reisebusunternehmen mit Tourneebussen, die aufgrund ihrer individuellen Ausstattung einen 24stündigen Aufenthalt im Bus ermöglichen. Sie beschäftigt zum Teil fest angestellte sog. Tourbegleiter, zum Teil sind diese auch auf Honorarbasis tätig. Mit Bescheid vom 23.5.2011 setzte die Deutsche Rentenversicherung Westfalen für insgesamt sechs Tourbegleiter für den Zeitraum 2006 bis 2009 eine Nachforderung von insgesamt 54.303,03 € einschließlich Säumniszuschlägen i.H.v. 14.480,50 € fest.
Das Landessozialgericht stellte in seinem Urteil fest, dass der Bescheid hinsichtlich der Nachforderung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages in materieller Hinsicht nicht zu bestanden sei. Bezüglich der Erhebung von Säumniszuschlägen könne sich jedoch die Klägerin auf § 24 Abs. 2 SGB IV berufen.
Das Bundessozialgericht stellte hierzu einmal mehr fest, dass ein eigener Verschuldensmaßstab vorliege und Verschulden im sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV wenigstens bedingten Vorsatz voraussetzt. Dies folge aus der Systematik des SGB IV und dem Zweck der Säumniszuschläge.
Das Landessozialgericht hat zwar festgestellt, dass den Geschäftsführer der Klägerin im Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge kein Verschulden traf. Das Bundessozialgericht hat aber dem Landessozialgericht aufgetragen zu klären, ob der Geschäftsführer zu einem späteren Zeitpunkt Kenntnis von der Beitragspflicht erlangte oder hiervon unverschuldete Unkenntnis hatte. Säumniszuschläge sind von dem Zeitpunkt des Eintritts der Kenntnis oder unverschuldeten Unkenntnis an zu erheben, so das Bundessozialgericht in der Verhandlung.
Bei Betriebsprüfungen mit Bescheidserlass gilt es jedenfalls zu prüfen, ob und ab wann die Säumniszuschläge zu Recht erhoben wurden. Wenigstens bedingter Vorsatz ist erforderlich. Dies ist bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln; die Feststellungslast trifft hier im Zweifel den Versicherungsträger.
Quelle: Bundessozialgericht
Adelheid Holme
Rechtsanwältin in Landshut
Sozialversicherungsrecht
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