Das gefährlich attraktive zweite Arbeitsverhältnis
Die Gewinnung von gutem Personal ist in der derzeitigen Hochkonjunktur für Arbeitgeber eine riesige Herausforderung. Hat man dann eine Fachkraft an der Angel, steht die nächste Herausforderung vor der Tür – die Gehaltsverhandlung. Das Ziel ist klar. Eine hohe Nettoauszahlung für den Arbeitnehmer versüßt die Unterschrift unter den Anstellungsvertrag.
In der Praxis wird hier manchmal sehr kreativ vorgegangen. Zumindest auf den ersten Blick erscheint folgende Gestaltung perfekt: Der Arbeitnehmer schließt das Hauptarbeitsverhältnis mit seinem Arbeitgeber. Hier kann man nur mit den gängigen steuerfreien Gehaltsbestandteilen punkten, die aber in der Summe das Netto nicht wesentlich erhöhen. Daneben wird ein zweites Arbeitsverhältnis mit einer Fremdfirma organisiert, und zwar als (grundsätzlich) begünstigtes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. 450 EUR netto steuerfrei zusätzlich für den Arbeitnehmer und nur geringe Nebenkosten für den Arbeitgeber. Das Problem kommt aber dann zum Vorschein, wenn der Arbeitnehmer in den anderen Betrieb eigentlich gar nicht echt eingegliedert ist und seine Weisungen ausschließlich aus dem ersten Arbeitsverhältnis bekommt. Erkennbar wird das, wenn z. B. Urlaubs- und Krankmeldungen nur an den Hauptarbeitgeber und nicht an die Drittfirma gehen.
Daher liegt wirtschaftlich nur ein zusammenhängendes Arbeitsverhältnis vor. Im Ergebnis führt das Modell zur Hinterziehung von Lohnsteuer und ggf. Sozialversicherungsbeiträgen und wird damit deutlich teurer, als gedacht.
Fazit: Vor Zweitarbeitsverhältnisse, die nur zum Schein eingegangen werden, um z. B. nur die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorteile eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnis auszunutzen, kann nur gewarnt werden. Vielmehr darf die Weisungsbefugnis des zweiten Arbeitgebers nicht eingeschränkt sein und muss in der Praxis nachvollziehbar gelebt werden.
Ulf Knorr
Steuerberater in Rostock
Steuerstrafrecht
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