Anklage gegen eine Steuerfachangestellte wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsbeiträge) – Strafrechtliche Folgen des Berufsrisikos
Das Landgericht Landshut hat im Verfahren 3 KLs 204 Js 24353/11 die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen zwei Unternehmer und eine Steuerfachangestellte (nicht Mitarbeiterin bei ECOVIS) zugelassen und verhandelt.
Der Vorwurf lautete gegen die Arbeitgeber auf Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Höhe von über 600.000 € (zuzüglich Säumniszuschläge).
Die Arbeitgeber hätten – so die Staatsanwaltschaft – in einem Zeitraum von über 7 Jahren gemeinsam die tatsächlich ausbezahlten Löhne der in ihren Unternehmen angestellten Mitarbeiter nicht richtig und nicht vollständig erklärt, so dass insgesamt dieser hohe Beitragsschaden entstanden wäre.
In diesem Zeitraum wäre die Steuerfachangestellte die Hauptansprechpartnerin der Arbeitgeber gewesen und hätte die Finanzbuchhaltung und Lohnbuchhaltung weitestgehend eigenständig erstellt. Aus den lückenhaften und teilweise widersprüchlichen Unterlagen, welche der Steuerfachangestellten von den Arbeitgebern zur Erstellung der Finanzbuchhaltung und Lohnbuchhaltung übergeben worden sind und aus den Nachfragen der Arbeitgeber, die aus Sicht der Staatsanwaltschaft deutlich darauf hingewiesen hätten, dass die tatsächlichen Lohnzahlungen über den gemeldeten Lohnzahlungen gelegen haben, hat die Staatsanwaltschaft der Steuerfachangestellten zur Last gelegt, durch ihre Tätigkeit die Arbeitgeber bei ihrer strafbaren Tat unterstützt und damit Beihilfe zu deren Straftat geleistet zu haben.
Konkret legte die Staatsanwaltschaft der Steuerfachangestellten zur Last, dass ihr bewusst gewesen sei, dass sie durch die unzureichende Buchhaltung und durch die falschen Meldungen zur Sozialversicherung die angeklagten Arbeitgeber bei der Verschleierung der tatsächlich ausbezahlten Löhne und der tatsächlich beschäftigten Arbeitnehmer unterstützt habe.
Mit Eröffnung der Hauptverhandlung saß daher die Steuerfachangestellte mit auf der Anklagebank.
Während des Verfahrens zeichnete sich zudem ab, dass die angeklagten Arbeitgeber nicht in der Lage sind, den gesamten, durch ihr Handeln verursachten Sozialversicherungsschaden wieder gut zu machen. Bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung wurden keine Sozialversicherungsbeiträge nachbezahlt, so dass auch Säumniszuschläge in beträchtlicher Höhe weiter angefallen sind.
Für die wegen Beihilfe mitangeklagte Steuerfachangestellte drohte damit nicht nur eine empfindliche Geld- oder Freiheitsstrafe, sondern auch die sozialversicherungsrechtliche Mithaftung für noch nicht bezahlte Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge.
Eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt konnte zwar schlussendlich abgewendet werden, das Verfahren wurde gegen die Steuerfachangestellte jedoch gegen Auflagen eingestellt. Ihr wurde die Auflage erteilt, einen Betrag zur Schadenswiedergutmachung zu leisten und darüber hinaus eine Zahlung an die Staatskasse zu entrichten.
Diese Zahlungen sind von der Steuerfachangestellten persönlich zu entrichten und werden nicht vom Arbeitgeber getragen. Zudem sind sie steuerlich nur in den Grenzen des § 12 Nr. 4 EStG absetzbar.