Plattformarbeit: EU will Scheinselbständigkeit bekämpfen
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Plattformarbeit: EU will Scheinselbständigkeit bekämpfen

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Mit einer Richtlinie will die Europäische Union Scheinselbständigkeit in der Plattformwirtschaft verhindern. Die neuen Regeln sollen sicherstellen, dass Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten, die ihnen zustehenden Arbeitnehmerrechte und Sozialleistungen in Anspruch nehmen können. Insbesondere Liefer- und Fahrdienste umgehen so einen Mindestlohn oder geregelte Arbeitszeiten. 

Plattformarbeit und Scheinselbstständigkeit

Plattformarbeit beschreibt die Vermittlung von Arbeitsleistungen über digitale Plattformen wie z.B. Uber oder Helpling. Dabei kann es zu Situationen der sogenannten „Scheinselbständigkeit“ kommen, bei denen die Plattformnutzer als selbständige Unternehmer eingestuft werden, obwohl sie es nicht sind.

Ein Beispiel wäre, wenn ein Unternehmen einen Lieferanten hat, der als selbständiger Unternehmer arbeitet, aber vom Unternehmen bestimmte Arbeitszeiten, Arbeitsorte und Arbeitsmethoden vorgeschrieben bekommt. Hier ist der Lieferant eigentlich ein Angestellter, aber das Unternehmen behandelt ihn als Selbständigen, damit er von bestimmten Vorteilen profitieren kann, z. B. keine Sozialabgaben zahlen muss.

Die EU schätzt, dass derzeit 28 Millionen Menschen über Plattformen arbeiten. Diese Zahl soll in den nächsten Jahren sogar auf 43 Millionen steigen. Diese Art der Beschäftigung hat in den letzten Jahren zu einer Debatte über die Rechte und Pflichten von Plattformnutzern und Plattformbetreibern geführt.

EU-Richtlinie soll Arbeitsbedingungen verbessern

Zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit hat die Europäische Kommission bereits am 9. Dezember 2021 den Richtlinienvorschlag „zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit“ veröffentlicht. Die Richtlinie soll sicherstellen, dass Personen, die über digitale Plattformen arbeiten, entsprechend ihrer Beziehung zum Betreiber den richtigen Beschäftigungsstatus und damit Zugang zu den geltenden Arbeits- und Sozialschutzrechten haben.

Der Kommissionsvorschlag durchläuft nun das Gesetzgebungsverfahren in Brüssel. Ob und in welcher Form er verabschiedet wird und inwieweit die Umsetzung in nationales Recht durch die EU-Mitgliedstaaten erfolgt, bleibt abzuwarten.

Sozialversicherungsrechtliche Folgen

Plattformbetreiber oder Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer als Scheinselbständige beschäftigt haben, haften als Arbeitgeber rückwirkend für den Sozialversicherungsanteil ihrer Arbeitnehmer. Wird dieser Anteil nicht abgeführt, droht eine Strafbarkeit nach § 266a Strafgesetzbuch wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen. Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass sie keine Scheinselbständigen beschäftigen. Folgende Fragen können helfen, Scheinselbstständigkeit zu erkennen:

  • Hat die Person eine eigene Geschäftsidee und trägt sie ein eigenes wirtschaftliches Risiko?
  • Wie viel Kontrolle haben Sie über die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsweise der Person?
  • Hat die Person einen festen Arbeitsvertrag und eine feste Arbeitszeit?
  • Wie abhängig ist die Person von Ihrem Unternehmen? Arbeitet sie hauptsächlich für Sie oder hat sie auch andere Kunden oder Auftraggeber?

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass es in manchen Fällen schwierig sein kann, zwischen Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung zu unterscheiden, und dass es immer auf die konkreten Umstände ankommt. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob es sich bei der Person, die Sie beschäftigen, um einen Arbeitnehmer oder einen Selbständigen handelt, können Sie sich an die Unternehmensberater von ECOVIS wenden, um professionelle Hilfe und Beratung zu erhalten. Schreiben Sie uns über das Kontaktformular.

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Ansprechpartner

Andreas Bachmeier
Unternehmensberater in Dingolfing
Tel.: +49 8731-7596-0

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