EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz: Herausforderung und Chance für Unternehmen
Am 6. Juni 2023 ist die Entgelttransparenz-Richtlinie der Europäischen Union in Kraft getreten. Sie stärkt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Das erste Berichtsjahr für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten ist 2027. Andreas Bachmeier kennt die Details.
Richtlinie für mehr Transparenz von Entgeltstrukturen
Die Entgelttransparenz-Richtlinie schafft europaweit einheitliche Vorgaben zum Abbau der Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt. Die Richtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, Maßnahmen zu ergreifen, die über das in Deutschland bereits geltende Entgelttransparenzgesetz hinausgehen. Die wichtigsten Punkte der Richtlinie sind:
Zugang zu Informationen
Nach der neuen Richtlinie müssen Arbeitgeber Arbeitsuchende in der Stellenanzeige oder vor dem Vorstellungsgespräch über das Einstiegsgehalt oder die Gehaltsspanne für die ausgeschriebene Stelle informieren. Sie dürfen zudem Bewerber nicht mehr nach ihrem früheren Gehalt fragen.
Arbeitnehmer, die eine Stelle angenommen haben, haben das Recht, von ihrem Arbeitgeber folgende Informationen zu erhalten:
- die durchschnittliche Höhe des Entgelts (aufgeschlüsselt nach Geschlecht) der Gruppe von Beschäftigten, die die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichten
- die Kriterien, nach denen das Entgelt und der Karriereaufstieg festgelegt werden. Diese Kriterien müssen objektiv und geschlechtsneutral sein.
Zugang zur Justiz
Arbeitnehmer, die Opfer einer geschlechtsspezifischen Entgeltdiskriminierung geworden sind, haben Anspruch auf Schadenersatz. Dazu gehört die vollständige Nachzahlung des entgangenen Entgelts und damit verbundener Prämien oder Sachleistungen. Die Beweislast liegt künftig beim Arbeitgeber. Verstöße gegen die Richtlinie können mit Sanktionen und Bußgeldern geahndet werden.
Berichtspflicht
Im Rahmen der EU-Richtlinie zur Entgeltgleichheit ergeben sich weitere Berichtspflichten für Unternehmen. Die Berichtspflicht gilt auch für tarifgebundene Unternehmen.
- Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten: Jährlich ab 2027
- Unternehmen mit 150-249 Beschäftigten: alle drei Jahre ab 2027
- Unternehmen mit 100-149 Beschäftigten: alle drei Jahre ab 2031
Für Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten besteht keine Berichtspflicht. Wird im Bericht ein Lohnunterschied von mehr als 5 % festgestellt, der nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann, müssen die Unternehmen Maßnahmen in Form einer gemeinsamen Entgeltbewertung in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern ergreifen.
Ausdehnung des Geltungsbereichs
Neu ist, dass künftig auch intersektionelle Diskriminierung (die Kombination verschiedener Formen von Ungleichheit oder Benachteiligung wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder Sexualität) unter die neuen Regelungen fällt.
Maßnahmen für Unternehmen
Die Richtlinie zur Lohntransparenz ist am 6. Juni 2023 in Kraft getreten. Die EU-Länder haben bis zu drei Jahre Zeit, die Richtlinie umzusetzen. In Deutschland wird dies voraussichtlich durch eine Anpassung des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) erfolgen.
Wichtig ist, frühzeitig Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie zu ergreifen und die Offenlegungspflichten ernst zu nehmen. Unternehmen sollten daher zeitnah folgende Schritte einleiten:
- Objektive Bewertung: Definieren Sie objektive und geschlechtsneutrale Kriterien für die Bewertung von Positionen und Leistung. Führen Sie eine systematische Entgeltbewertung aller Positionen im Unternehmen durch.
- Beseitigung von Ungleichheiten: Identifizieren Sie etwaige geschlechtsspezifische Ungleichheiten in der Entlohnung und entwickeln Sie Maßnahmen zur Beseitigung dieser Ungleichheiten.
- Transparente Kommunikation: Kommunizieren Sie die Vergütungsstrukturen und -kriterien klar und deutlich an die Beschäftigten.
- Frühzeitiger Start: Beginnen Sie frühzeitig mit der Umsetzung der Richtlinie, um den Zeitplan einzuhalten.
- Priorisierung: Priorisieren Sie die Maßnahmen, die den größten Einfluss auf die Entgeltgerechtigkeit haben.
- Dokumentation: Dokumentieren Sie Ihre Fortschritte und Erfolge bei der Umsetzung der Richtlinie. Bereiten Sie sich darauf vor, im Falle von Diskriminierungsklagen die Beweislast zu tragen.
- Offener Dialog: Seien Sie offen für Feedback und Fragen von Beschäftigten und anderen Stakeholdern.
Die Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie stellt für Unternehmen eine Herausforderung, aber auch eine Chance dar. Durch die Förderung der Lohngleichheit und der Gleichstellung der Geschlechter können Unternehmen ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern und ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit verbessern.
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