Streaming keine Urheberrechtsverletzung – Redtube-Abmahnungen unberechtigt
Endlich Klarheit! Mit Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 27.05.2014 (550 C 13749/13) liegt endlich die lang ersehnte Stellungnahme der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der „Redtube-Abmahnwelle“ durch die Firma „The Archive AG“ vor. Streaming stellt demnach keine abmahnfähige Urheberrechtsverletzung nach § 16 UrhG dar.
User können aufatmen: Das Gericht hat im Rahmen einer negativen Feststellungsklage einer abgemahnten Userin entschieden, dass die Abmahnung der Firma „The Archive AG“ gegenüber der Nutzerin der Porno-Streaming-Website „Redtube“ unberechtigt war und sie keine Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz begründet. Laut Gericht sei die Abmahnung an die Klägerin zu weit formuliert und verstoße damit gegen das Bestimmtheitsgebot des § 97 a Abs. 2 Nr. 4 UrhG. Sie erfasse das Streaming, d.h. das Abspielen einer Video-Datei im Webbrowser des Nutzers, als solches und verkenne dabei, dass dieser Vorgang aber jedenfalls dann nach § 44 a Nr. 2 UrhG zulässig ist, wenn eine nicht offensichtlich rechtswidrige Vorlage nur kurzfristig gestreamt wird. Damit sei die Abmahnung nicht hinreichend bestimmt. Die Beklagte vertrat zwar die Ansicht, es handele sich bei dem betreffenden Film um eine offensichtlich rechtswidrige Vorlage. Sie wies diesbezüglich aber allein auf das fehlende Impressum auf der Website von „Redtube“ hin und führte aus, dieser Umstand müsse bei den Nutzern zu der Schlussfolgerung führen, dass es sich in jedem Falle um illegal veröffentlichte Werke handele. Nach Ansicht des Gerichts genügte dieser Hinweis der die Beklagte treffenden Beweispflicht jedoch nicht. Es handele sich bei diesen Ausführungen vielmehr um unsubstantiierte Behauptungen ins Blaue hinein. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit sei nur dann anzunehmen, wenn eine legale Veröffentlichung vernünftigerweise ausgeschlossen werden könne oder an der Rechtswidrigkeit zumindest keine ernsthaften Zweifel bestünden. Das Gericht erklärte, dass das beim Streaming allenfalls dann der Fall sein könne, wenn aktuelle Kinofilme oder Fernserien bereits kurz vor oder kurz nach dem offiziellen Kinostart oder der erstmaligen Ausstrahlung im Fernsehen kostenlos bereitgestellt würden. Bei dem streitgegenständlichen Film auf „Redtube“ sei das jedoch nicht der Fall. Grundsätzlich, so das Gericht, könne ein durchschnittlicher Nutzer von Streaming-Websites davon ausgehen, dass diese die erforderlichen Rechte an den Werken erworben haben und es sich also um legale Vervielfältigungen handelt. Hilfsweise wies das Gericht darauf hin, dass auch die Schrankenregelung des § 53 I UrhG hier greife, wonach die Vervielfältigung eines Werkes durch eine natürliche Person dann zulässig ist, wenn sie ausschließlich dem privaten Gebrauch und damit weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dient.
Ähnlich hatte sich zuvor bereits das Landgericht Potsdam (LG) zu den „Redtube“-Abmahnungen durch „The Archive AG“ geäußert (Urt. v. 09.04.2014- 20 C 423/13). Dieses hatte wegen Nichterscheinens der Beklagten zwar nur ein Versäumnisurteil zugunsten des Klägers erlassen, jedoch vorsorglich die Ansicht mitgeteilt, dass es sich aufgrund der Regelung des § 44 a Nr. 2 UrhG beim Streaming nicht um eine rechtswidrige Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke nach § 16 UrhG handele, jedenfalls solange nicht bewiesen sei, dass der Streaming-Nutzer eine Sicherungskopie der Streaming-Datei gespeichert habe. Der Ansicht der Beklagten „The Archive AG“, wonach Streaming Gemeinsamkeiten mit dem urheberrechtlich verbotenen „Filesharing“ aufweise, da auch hier eine Datenspeicherung stattfinde, trat das Gericht mit dem Argument entgegen, es handele sich beim Streaming ausschließlich um eine flüchtige bzw. begleitende Speicherung, die wesentlicher Teil eines technischen Vorgangs sei und deren alleiniger Zweck die rechtmäßige Nutzung sei. Damit fehle es an einer eigenen wirtschaftlichen Bedeutung der vorübergehenden Speicherung. Das entspricht auch der Ansicht des EuGH, wonach der bloße Werkgenuss rechtmäßig ist.