Missbraucht Amazon seine Marktmacht?
Dem Bundeskartellamt liegt jetzt eine Beschwerde des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels gegen den Online-Händler Amazon vor. Diesem wird vorgeworfen, seit Anfang Mai die Auslieferung von Printausgaben von Büchern der Verlagsgruppe Bonnier (Carlsen, Piper, Ullstein u.a.) zu vezögern, mit dem Ziel, so bessere Konditionen beim Einkauf von E-Books von Bonnier zu erzwingen. Laut Medienberichten von Verlagen der Bonnier-Gruppe fordere Amazon eine Erhöhung der Rabatte beim E-Book-Einkauf von derzeit 30 Prozent auf 40 bis 50 Prozent. Nach Ansicht des Börsenvereins versuche Amazon so, den Verlag in die Knie zu zwingen und missbrauche hierfür seine Marktmacht. Denn aufgrund der besonderen Machstellung des Online-Händlers seien die Verlage von diesem abhängig. Es gäbe für sie keine Möglichkeiten, auf alternative Absatzportale auszuweichen. Auf die Verlage werde so erheblicher Druck aufgebaut. Dieses Verhalten stelle als erpresserisches Vorgehen einen Verstoß gegen das Kartellrecht dar, so der Geschäftsführer des Börsenvereins Alexander Skipis. Amazon bestritt die Vorwürfe und erklärte, Bonnier verkaufe die E-Books – anders als die meisten anderen Verlage – zu wesentlich höheren Preisen als die entsprechenden Printausgaben. Da aber bei digitalen Büchern unter anderem Druck- und Frachtkosten entfielen, sei die Forderung nach höheren Rabtten nur gerechtgertigt.
Auch auf dem amerikanischen Markt hat es diesbezüglich bereits Probleme gegeben. So haben sich auch die Verlagsgruppe Hachette und das Medienkonglomerat Time Warner über die Vorgehensweise von Amazon beschwert. Hier hatte Amazon neben höheren Rabatten beim Einkauf auch Extrazahlungen für die Bereitstellung eines Buttons zur Vorbestellung sowie die Veröffentlichung personalisierter Empfehlungen verlangt. Zudem stellte Amazon die Dienste eine Angestellten, der sich nur um Hachette kümmern sollte, in Rechnung. Nachdem der Verlag den Forderungen nicht nachkam, stellte Amazon nach und nach den Vetrieb von Büchern von Hachette ein oder verzögerte die Lieferung.
Das Drängen des Online-Händlers auf bessere Konditionen beim E-Book-Einkauf könnte vor allem mit der Anfang 2015 in Kraft tretenden Umstellung der Umsatzbesteuerung zusammen hängen. Künftig gilt nämlich der Steuersatz des Bestellandes und nicht mehr derjenige des Unternehmenssitzes. Zum Beispiel werden in Großbritannien mit Inkrafttreten der Änderungen nicht mehr die am Firmensitz von Amazon in Luxemburg geltenden 3 Prozent Umsatzsteuer, sondern die in Großbritannien geltenden 20 Prozent fällig. Amazon scheint diesem Kostendruck mit den Forderungen nach höheren Rabatten etc. auf deutschen und amerikanischen Märkten entgegen wirken zu wollen. Aber auch britische Verleger könnten bald Schwierigkeiten bekommen. So enthalten neue Verträge von Amazon mit britischen Verlagen Klauseln, die dem Online-Händler das Recht gewähren, Printtitel, die der Verlag nicht rechtzeitig nachliefert, eigenhändig nachzudrucken. Eine Forderung, die Züge einer Enteignung der Verlage aufweist. Zudem will Amazon zusätzliche Wettbewerbsvorteile auf dem britischen Markt durch eine sogenannte Meistbegünstigungsklausel erlangen. Diese verpflichtet die Verleger, ihre Bücher auf anderen Plattformen nicht günstiger anzubieten als bei Amazon. Ob diese Vorgehensweise von Amazon Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Das französische Parlament hat zur Auflockerung der Monopolstellung Amazons bereits beschlossen, ein Verbot der Kumulation von Nachlässen und kostenlosem Versand bei Buchlieferungen im Onlinehandel zu erlassen („Lex Amazon“).