Libra: Digitalwährung in Diskussion
Bereits am 16.06.2019 kündigte Facebook öffentlich an, eine neue digitale Währung namens „Libra“ einführen zu wollen. Diese Pläne stießen insbesondere in Parlamenten und Regierungen auf Kritik.
Was ist Libra?
Libras Mission ist, eine einfache, globale Währung und eine finanzielle Infrastruktur für Milliarden von Menschen bereitszustellen, die ihnen das Leben leichter machen.
Diese Mission soll mittels einer neuen Blockchain, einer Kryptowährung mit hoher Preisstabilität und einer Plattform für Smart Contracts verwirklicht werden. Dafür bediene sich Libra an der Allgegenwärtigkeit des Internets, an der weltweiten Verfügbarkeit mobiler Breitbandverbindungen sowie an der Zugänglichkeit von Dienstleistungen über preislich nicht ausgrenzende Endgeräte.
Ziel des Projekts sei ebenfalls die Schaffung von Innovationen in den Bereichen Compliance und Aufsicht, um dadurch die Effektivität der Maßnahmen gegen Geldwäsche zu erhöhen.
Konkret soll die Währung dreiteilig aufgebaut werden:
- Mit einer Open-Source-Blockchain.
Im Rahmen der Entwicklung dieser soll schwerpunktmäßig auf Skalierbarkeit, Sicherheit, Effizienz bei der Speicherung und Datenrate sowie künftige Anpassbarkeit geachtet werden.
- Mittels einer Währungsreserve (Stablecoin).
Konkret sind Bankguthaben und kurzfristige Staatsanleihen als Sicherheit vorgesehen.
- Als eine nicht gewinnorientierte, unabhängige, gemeinnützige Mitgliederorganisation.
Diese soll der Koordination und Bereitstellung eines Fundaments für die Steuerung des Netwerks und der Reserve dienen. Im Übrigen obliege ihr die Gewährung von Fördergeldern.
Die für eine Blockchain-basierte Kryptowährung notwendigen Validator Nodes sollen diverse Unternehmen, gemeinnützige und multilaterale Organisationen und akademische Institute aus aller Welt sein (Libra Association). Eben diesen obliege die finale Entscheidungsgewalt, obgleich Facebook dabei eine Führungsrolle behalte.
Der Meinungsstand
Seit der Bekanntgabe gibt es diverse Meinungen und Kritiken zu dem Vorhaben. Die wichtigsten Stellungnahmen hat der Ausschuss des Bundestages „Digitale Agenda“ herausgearbeitet.
Die G7
Die Arbeitsgruppe gab folgende vorläufige Schlussfolgerungen bekannt:
- Stablecoin-Projekte müssen das Vertrauen der Öffentlichkeit durch die Einhaltung höchster regulatorischer Standards gewährleisten und einer sorgfältigen Aufsicht unterliegen; regulatorische Ansätze müssen weltweit einheitlich sein und Lücken oder Unstimmigkeiten müssen identifiziert und behoben werden;
- Stablecoin-Projekte sollten in allen betroffenen Jurisdiktionen über eine solide Rechtsgrundlage verfügen, um einen angemessenen Schutz und Garantien für alle Interessengruppen/Nutzer zu gewährleisten; zumindest sollten Stablecoin-Emittenten die Art ihres Engagements für die Inhaber und die mit dem Halten des Vermögenswertes verbundenen Risiken klar darlegen;
- Der Rahmen für Governance und Risikomanagement sollte die Widerstandsfähigkeit der Betriebs- und Cybersicherheit gewährleisten;
- Die Verwaltung der zugrunde liegenden Vermögenswerte muss sicher, umsichtig, transparent und im Einklang mit der Art der Verpflichtungen oder angemessenen Erwartungen der Inhaber der Münzen erfolgen, insbesondere um die allgemeine Integrität des Marktes und das Vertrauen der Inhaber von stabilen Münzen in Zeiten von Wohlstand und Rezession zu gewährleisten.
EZB
Die EZB betrachtet die Libra-Pläne als einen „Wake-Up-Call“ für Regierungen und Zentralbanken. Das Vorhaben führe zu zahlreichen regulatorischen Herausforderungen, wobei eine international kohärente Regulierung angestrebt werden müsse.
Hinsichtlich des digitalen Zentralbankgeldes seien noch viele Fragen offen. Das gelte für die technische Umsetzung und die Rolle, die die Blockchain-Technologie dabei einnehmen könne, ebenso wie für die Architektur des Systems, ob etwa der wie auch immer geartete digitale Euro nur über das bestehende Bankensystem ausgegeben wird oder direkt an die Bürger.
Bankenverband
Der Bankenverband führte aus, das „programmierbares Geld“ in Zukunft grundsätzlich eine wichtige Rolle spiele, etwa beim Thema Smart Contracts und Industrie 4.0. Es darüber hinaus jedoch unklar sei, wer Emittent dieser Geldform sein wird. Die deutschen Banken würden sich dazu jedenfalls in der Lage sehen.
Finanzmarktwissenschaft
Als Finanzmarktwissenschaftlerin von der Frankfurt University of Applied Sciences sprach sich Prof. Dr. Michaela Hönig für eine umfassende Regulierung aus. Ohne eine solche könne sich eine „systematische Gefahr für den Finanzsektor“ ergeben. Die Libra Association könne durch die Eins-zu-eins-Deckung „in kurzer Zeit zu einem der weltweit größten Vermögensverwalter und somit zu einem ‚Too big to fail‘ Akteur werden. Dementsprechend müsste sie wie ein „vergleichbares Kreditinstitut oder Zahlungsverkehrsdienstleister dieser Größenordnung“ reguliert und aufsichtsrechtlich überwacht werden.
Weitergehend sprach sich Oliver Leistert von der Leuphana Universität Lüneburg aus. Er fordert eine regulatorische Verhinderung bzw. ein Verbot von Libra. Gerade mit Blick auf die Folgen für ärmere Länder müsse dem „Kolonisierungsprojekt Silicon Valley“ Einhalt geboten werden. Digitalen Währungen attestierte der Wissenschaflter grundsätzlich ein positives Potential. Sie könnten ein Hilfsmittel zur Transformation in eine „Postwachstumsgesellschaft“ sein.
Unternehmensberater
Ralph Bärligea sieht außerdem ein Konfliktpotential mit § 35 BBankG, der die unbefugte Ausgabe und Verwendung von Geldzeichen regelt. Dieser müsse hinsichtlich seiner Bedeutung geklärt werden, da andernfalls eine Abschreckung des Finanzwesens und der Wirtschaft vor einer aktiven Beschäftigung mit Kryptowährungen entstehe.
Klaus Himmer hingegen betonte, dass die Blockchain-Technologie im Finanzbereich zahlreiche Potentiale biete. So ließen sich Vorschriften und Regularien technisch im Sinne eines „Compliance by Design“ integrieren. Himmer thematisierte zudem steuerrechtliche Probleme beim Einsatz von Kryptowährungen.
Katharina Gehra verwies darauf, dass bei der Blockchain-Technologie noch viele Optionen offen seien. Man stehe ganz am Anfang, damit bestehe auch noch die Möglichkeit, zu gestalten.
Fazit
Das Libra-Projekt ist wahrlich nicht das einzige dieser Art. Bereits im März 2018 wurde bekannt, dass Amazon und JPMorganChase ein gemeinsames Girokonto auf den Weg bringen wollen. Insofern wird es sich schwierig gestalten, einer solchen Entwicklung gänzlich entgegenzustehen. Letztlich wäre ein solcher Schritt wohl auch nicht empfehlenswert, schließlich stellen Kryptowährungen nur einen weiteren Schritt zu einer digitalisierten Welt dar.
Bedenklich gestaltet sich jedoch, dass die GAFA-Unternehmen Algorithmen – bereits jetzt – hauptsächlich dazu verwenden, mittels Tracking, Predictive Analytics und personalisierter Werbung, die Kundenbeziehungen auszubauen und zu festigen. Überträgt man diese Praktiken auf die Währungsebene, sind – ohne jegliche Regulierungen – Möglichkeiten gegeben und zu befürchten, die weit über die der traditionellen Kreditinstitute hinausgehen.