Gewährleistungsrechte für digitale Inhalte
Für Unternehmen, die digitale Inhalte an Verbraucher vertreiben, werden sich durch das Inkrafttreten der Richtlinie zu Verträgen über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen (VDRL) rechtliche Änderungen bezüglich der Gewährleistungsrechte für digitale Inhalte ergeben.
Der Anwendungsbereich der Richtlinie
Die VDRL gilt für digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen. Der Anwendungsbereich ist also sehr weit gefasst. Dadurch soll vor allem einer Umgehung der Anwendung durch eine Umgestaltung des Vertriebs oder der Ausgestaltung der Produkte durch Unternehmen vorgebeugt werden.
Unter digitalen Inhalten sind alle Arten von digitalem Inhalt auf einem dauerhaften Datenträger wie etwa Musik, Filme oder Programme zu verstehen. Ob der Datenträger dabei Teil eines intern abgeschlossenen Systems ist oder der Peripherie angehört, ist nicht von Belang. Auch digitale Inhalte, die cloudbasiert angeboten werden, sind von der Richtlinie erfasst. Digitale Dienstleistungen hingegen schließen Dinge wie etwa soziale Medien oder Cloudspeicherpläne ein.
In personeller Hinsicht ist die Anwendung nur eröffnet, wenn es sich um einen Vertrag zwischen Unternehmer und Verbraucher handelt.
Des Weiteren sind grundsätzlich nur Verträge betroffen, bei denen mit Geld bezahlt wird. Von diesem Grundsatz wird jedoch in einigen Ausnahmen abgewichen:
- Bei Zahlungen mit elektronischen Gutscheinen.
- Bei Zahlungen mit Kryptowährungen (sofern sie nach nationalem Recht anerkannt sind).
- Bei einer Gegenleistung in Form von Daten.
Letzteres wurde äußerst kontrovers diskutiert, da sich vermehrt datenschutzrechtliche Bedenken erhärteten. Denn die häufigste Form eines Vertrages zwischen Unternehmern und Verbrauchern, bei dem Leistung und Gegenleistung in Form von Daten erbracht werden, wird in der Praxis wohl die Gewährung des Zugriffs auf persönliche Daten des Verbrauchers darstellen.
Die Vertragsmäßigkeit
Ob Gewährleistungsrechte für digitale Inhalte entstehen, hängt maßgeblich von der Vertragsmäßigkeit der Leistung ab. Die Richtlinie unterscheidet insoweit zwischen der subjektiven und objektiven Vertragsmäßigkeit.
Subjektive Vertragsmäßigkeit
Das bereitgestellte Produkt ist vertragsgemäß (und führt somit zu keinem Entstehen von Gewährleistungsrechten), wenn es
- der Beschreibung, Quantität und Qualität, der Funktionalität, der Kompatibilität, der Interoperabilität und
sonstigen Merkmale, die im Vertrag vereinbart wurden, entspricht; - es sich für einen bestimmten vom Verbraucher angestrebten Zweck eignet, den der Verbraucher dem Unternehmer spätestens bei Vertragsschluss zur Kenntnis gebracht hat und dem der Unternehmer zugestimmt hat;
- es den Anforderungen des Vertrags entsprechend mit sämtlichem Zubehör, sämtlichen Anleitungen — einschließlich zur Installation — und Kundendienst bereitgestellt wird und
- nach den Vertragsbestimmungen aktualisiert wird.
Objektive Vertragsmäßigkeit
Eine objektive Vertragsmäßigkeit ergibt sich, wenn das Produkt
- sich für die Zwecke eignet, für die digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen derselben Art in der Regel genutzt werden;
- den Leistungsmerkmalen entspricht, die bei digitalen Inhalten derselben Art üblich sind und die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann;
- soweit zutreffend mit dem Zubehör und den Anleitungen, deren Erhalt der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, bereitgestellt wird;
- mit einer möglicherweise zuvor bereitgestellten Testversion übereinstimmt;
- sachgemäß integriert wurde (insoweit kommt der Gebrauchsanweisung erneut Bedeutung zu) und
- es seitens des Unternehmers kein Urheberrecht eines Dritten verletzt.
Die Gewährleistungsrechte für digitale Inhalte
Im Falle einer nicht vertragsgemäßen Ausführung stehen dem Verbraucher umfassende Rechte zu.
1. Die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands
Anders als bei einer Nacherfüllung ist es dabei dem Unternehmer überlassen, wie er den vertragsgemäßen Zustand herstellt. Die Herstellung muss jedoch kostenfrei, innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen. Ein solcher Anspruch ist hingegen ausgeschlossen, wenn die dem Unternehmer entstehenden Kosten unverhältnismäßig sind. Dies es beispielsweise bei Softwareentwicklungskosten der Fall, die im Vergleich zu einem geringen Wert einer App sehr hoch sein können.
2. Die Preisminderung oder die Vertragsbeendigung
Diese Optionen stehen dem Verbraucher offen, sofern der Unternehmer seiner Pflicht zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands nicht oder nicht rechtskonform nachkam. Das Recht zur Vertragsbeendigung ist dabei aber an eine mehr als geringfügige Vertragswidrigkeit geknüpft. Dies gilt nur nicht für eine Bereitstellung digitalen Inhalts für Daten, da in solchen Fällen aufgrund der fehlenden Kaufpreiszahlung schon kein Minderungsrecht in Frage kommt.
Für den Fall, dass der Unternehmer gar nicht leistet, regelt die Richtlinie eine Erfüllungspflicht. Die Pflicht ist erfüllt, sofern das Produkt dem Verbrauch so zugänglich gemacht wurde, dass er darauf ohne weitere Handlung des Unternehmers zugreifen kann.
Kommt der Unternehmer der Pflicht nicht nach, so kann der Verbraucher regelmäßig die Vertragsbeendigung verlangen.