Gesetzentwurf für digitale Versorgung im Gesundheitswesen
Was steckt dahinter?
Das Bundeskabinett hat am 10.07.2019 den Entwurf des Digitalen-Versorgungs-Gesetzes (DVG) beschlossen. Das Gesetz soll bereits im Januar 2020 in Kraft treten.
Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist es nur schwer möglich, die Vorteile der Digitalisierung auf das Gesundheitswesen zu übertragen. Angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft, der steigenden Zahl chronisch Kranker und des Ärztemangels in ländlichen Regionen reagiert die Bundesregierung nun mit einem entsprechenden Gesetzentwurf. Das zentrale Ziel dieses Entwurfs ist es, das Gesundheitswesen auf das digitale Zeitalter vorzubereiten.
Die Maßnahmen des Entwurfs
Um dieses Ziel zu verwirklichen, werden insbesondere folgende Maßnahmen geregelt:
- Versicherte erhalten einen Anspruch auf digitale Gesundheits-Apps.
- Die Erweiterung der Telematikinfrastruktur (die Vernetzung aller Beteiligten im Gesundheitssystem).
- Die Stärkung der Telemedizin.
- Die Simplifizierung der Verwaltungsprozesse.
- Die Förderung digitaler Innovationen (2% der gesamten Finanzreserve).
- Die Weiterentwicklung der Regelungen zur Datentransparenz.
Rechtliche Probleme für die digitale Versorgung im Gesundheitswesen?
In Anbetracht der schier uneingeschränkten Chancen der Digitalisierung ist die Anpassung der rechtlichen Grundlage des Gesundheitssystems ein erster wegweisender Schritt hinsichtlich der zukünftigen Finanzierung und Realisierbarkeit.
Die in Aussicht gestellten Projekte und Innovationen werden jedoch weit mehr rechtliche Bereiche tangieren.
Datenschutzrecht
Die DSGVO enthält den Grundsatz des Verbotes von automatisierten Entscheidungen im Einzelfall. Dies gestaltet sich vor allem für solche Apps problematisch, die Ärzte bei der Diagnose unterstützen und für solche, die auf Grundlage der Datenauswertung eigene Diagnosen vornehmen, Medikamente verschreiben oder die Krankenkassenbeiträge bewerten sollen.
Der Grundsatz ist aber nicht in Stein gemeißelt. Es könnte durch gesetzgeberisches Handeln auf europäischer oder nationaler Ebene eine Ausnahmeregelung getroffen werden.
Patentrecht
Wie allgemeine mathematische Lehren sind Algorithmen grundsätzlich nicht patentfähig. Erst, wenn sie Teil eines technischen Vorgangs werden, ergeben sich Ausnahmen. In der Regel ist dies bei Apps jedoch nicht der Fall. Zwar könnte unter Umständen der Urheberrechtsschutz greifen, dieser bietet aber eine weniger umfassende Wirkung als der Patentschutz.
Haftungsrecht
Fraglich ist, wer für fehlerhafte Entscheidungen der Apps in die Haftung genommen werden soll. Zurzeit würden weder vertragliche noch deliktische Ersatzansprüche gegen den Veräußerer oder Hersteller entstehen. Es fehlt dafür an einem Verschulden und an einer zurechenbaren Handlung. Eine Analogie zur Produkthaftung scheitert ebenfalls.
Aussicht
Es bestehen momentan zwar rechtliche Grenzen, jedoch sind diese nicht unüberwindbar. Insbesondere aus datenschutzrechtlicher Sicht bieten sich bereits jetzt viele Möglichkeiten. Problematisch gestaltet sich allerdings die patentrechtliche Situation für die Hersteller und Investoren. Schließlich besteht kaum Schutz für ihre geistigen Entwicklungen vor Plagiaten etc., sodass sich der lange Forschungsprozess kaum lohnen wird. Ebenfalls im Haftungsrecht werden neue Ansätze benötigt, die den Nutzern ausreichend Schutz bieten können.
Schlussendlich fällt also auf, dass der Entwurf nur die Grundlage für die digitale Versorgung im Gesundheitswesen schafft. Die Reformierung muss also konsequent weitergeführt werden, da sie ansonsten Gefahr läuft, gänzlich zu scheitern.