Crowdworker können Arbeitnehmer sein
Obwohl es für den siegreichen Kläger letztlich wenig Nutzen hatte, hat das BAG am 01.12.20 klargestellt, dass ein „selbstständiger Crowdworker“ in Wirklichkeit ein Arbeitnehmer sein kann.
Was ist passiert?
Geklagt hat ein Mann (Jahrgang 1967), der für ein „Crowdsourcing-Unternehmen“ Aufträge von dessen Kunden abarbeitete. Seine Arbeit bestand unter anderem darin, Fotos von Produktregalen in Läden und an Tankstellen zu machen oder Fragen zu einem Reklame-Poster an einer Bushaltestelle zu beantworten. Diese Aufträge erhielt er über eine App auf seinem Smartphone, welches bei Einsätzen seinen Standort per GPS übermittelte. Bezahlt wurde er anschließend über den Zahlungsdienstleister PayPal.
Entscheidung des BAG
Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass der Mann im Zeitpunkt seiner (zunächst vorsorglichen) Kündigung mit dem Plattformbetreiber in einem Arbeitsverhältnis stand und eben nicht als freier Mitarbeiter agierte. Das entscheidende Abgrenzungskriterium sei (gemäß § 611a BGB), dass ein Arbeitsnehmer weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet. Sofern die tatsächliche Durchführung ergebe, dass es sich nach diesen Kriterien um ein Arbeitsverhältnis handele, so komme es nicht auf die Bezeichnung im Vertrag an. Des Weiteren spreche für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses im vorliegenden Fall, dass der Auftraggeber die Zusammenarbeit so steuerte, dass der Auftragnehmer „infolge dessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann“.
Auch vorliegend habe der Kläger „in arbeitnehmertypischer Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit“ geleistet. Zwar sei er vertraglich nicht zur Annahme von Angeboten der Beklagten verpflichtet gewesen. Die Organisationsstruktur sei aber darauf ausgerichtet gewesen, dass über einen Account angemeldete und eingearbeitete Nutzer kontinuierlich Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge annehmen, um diese persönlich zu erledigen. „Erst ein mit der Anzahl durchgeführter Aufträge erhöhtes Level im Bewertungssystem ermöglicht es den Nutzern der Online-Plattform, gleichzeitig mehrere Aufträge anzunehmen, um diese auf einer Route zu erledigen und damit faktisch einen höheren Stundenlohn zu erzielen.“ Durch dieses Anreizsystem habe man den Mann dazu veranlasst, in dem Bezirk seines gewöhnlichen Aufenthaltsorts kontinuierlich Kontrolltätigkeiten zu erledigen.
Politik will reagieren
Die Politik prüft – auch im Hinblick auf das Urteil – verbesserte Möglichkeiten der Statusfeststellung. Auch eine Rentenversicherungspflicht, Krankengeld sowie Kündigungs- und Mutterschutz für Freelancer stehen dabei auf der Agenda.