Ärzte müssen Bewertungen ihrer Leistungen in Internetportalen dulden
Dürfen die Betreiber von Internetportalen Daten von Ärzten und Bewertungen ihrer Leistungen durch die Nutzer des Portals veröffentlichen? Diese Frage hat der unter anderem für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23. September 2014 (Az. VI ZR 359/13) beantwortet.
Vorliegend handelte es sich um ein Ärztebewertungsportal, in welchem Informationen über Ärzte und Träger anderer Heilberufe Internetusern zugänglich gemacht wurden. Diese Daten erfassten unter anderem den Namen, die Fachrichtung, die Anschrift der Praxis, Kontaktdaten und Sprechzeiten sowie Bewertungen des betreffenden Arztes durch Portalnutzer. Die Abgabe einer Bewertung war diesen nur mit vorheriger Registrierung in dem Portal möglich, allerdings ohne die Angabe eines vollständigen Namens. Der Kläger, ein niedergelassener Gynäkologe, sah hierin eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und verlangte von dem Portalbetreiber die Unterlassung der Verbreitung der ihn betreffenden Daten sowie die Löschung seines Profils.
Der BGH bestätigte die beiden erstinstanzlichen Urteile und wies die Klage ab. Im Rahmen einer Abwägung der jeweiligen Interessen kamen die Karlsruher Richter zu dem Ergebnis, dass das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem Recht der Beklagten auf Kommunikationsfreiheit nicht vorrangig sei. Aus diesem Grund sei die beklagte Portalbetreiberin nach § 29 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) berechtigt gewesen, die Daten des Klägers zu erheben, zu speichern und zu nutzen, sowie nach § 29 Abs. 2 BDSG an die Portalnutzer zu übermitteln.
Zwar könne eine nicht unerhebliche Belastung eines Arztes durch die Aufnahme in ein solches Ärztebewertungsportal nicht ausgeschlossen werden. Denn die Bewertungen der User seien durchaus geeignet, die Arztwahl behandlungsbedürftiger Personen zu beeinflussen und so im Falle negativer Bewertungen zu wirtschaftlichen Nachteilen auf Seiten des Arztes zu führen. Ein etwaiger Missbrauch des Portals durch Nutzer könne ebenfalls nicht ausgeschlossen werden und die betroffene Person im Einzelfall schädigen. Das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Leistungen sei dem gegenüber allerdings insbesondere im Hinblick auf die freie Arztwahl höherrangig. Das betriebene Portal könne den Patienten bei Suche sowie bei der Wahl des für ihn geeignet erscheinenden Arztes unterstützen, indem es die maßgeblichen Informationen über den jeweiligen Arzt zur Verfügung stellt. Da die erhobenen Daten den betreffenden Arzt allein in seiner Sozialspähre berührten, in der sich die persönliche Entfaltung von vorneherein in der Interaktion mit anderen Personen vollziehe, müsste dieser sich auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit und die damit einhergehende Kritik einstellen. Einem Missbrauch des Portals durch User seien die betroffenen Personen nicht schutzlos ausgesetzt, da sie im Falle unwahrer Tatsachenbehauptungen der User stets einen Löschungsanspruch auf Grundlage des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend machen könnten. Auch die Tatsache, dass es sich vorliegend um die anonyme Abgabe der Bewertungen handele, ändere nichts an dem Abwägungsergebnis. Die Anonymität sei der Internetnutzung gerade immanent und könne vom Kläger nicht beanstandet werden.