Abrufbare Widerrufsbelehrungen im Netz sind unwirksam
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 15.Mai 2014 (Az. III ZR 268/13) entschieden, dass im Netz abrufbare Widerrufsbelehrungen auf gewöhnlichen Websites unwirksam sind, weil sie nicht den Anforderungen der §§ 355, 126 b BGB genügen. In dem streitigen Fall ging es um einen Online-Händler, der in seinem Onlineshop Lehrgänge anbot. Bei der Online-Buchung musste der Verbraucher ein Kästchen anklicken, mit dem er bestätigte, die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen sowie wahlweise gespeichert oder ausgedruckt zu haben. Eine Versendung der Widerrufsbelehrung per E-Mail nach Abschluss des Bestellvorgangs an den Kunden erfolgte nicht. Der Shop-Betreiber war der Ansicht, es handele sich bei diesem Modell um eine wirksame Widerrufsbelehrung. Er verklagte daher einen Verbraucher auf Zahlung der für den gebuchten Lehrgang anfallenden Kursgebühr, da dieser bei seiner späteren Stornierung des Lehrgangs die Widerrufsfrist versäumt habe. Der BGH wies die Klage des Online-Händlers ab. Es handele sich bei einer im Netz abrufbaren Widerrufsbelehrung nicht um eine formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung. Nach §§ 355, 126 b BGB sei Voraussetzung, dass die für die Widerrufsbelehrung erforderlichen Informationen dem Verbraucher in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise zugehen, sowie in derselben Weise vom Unternehmer abgegeben werden. Eine im Netz abrufbare Widerrufsbelehrung gelange nicht in der geforderten unveränderlichen textlichen Verkörperung in den Machtbereich des Verbrauchers. Hieran könne das Anklicken einer Check-Box durch den Verbraucher nichts ändern. Hierbei handele es sich vielmehr um einen Verstoß gegen das Klauselverbot nach § 309 Nr. 12 b BGB, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam sind, wenn sie die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändern, insbesondere durch die Veranlassung zur Bestätigung bestimmter Tatsachen durch den anderen Vertragsteil. Der Beweis dafür, dass der Verbraucher die Belehrung abgespeichert oder ausgedruckt habe obliege dem Unternehmer und könne nicht durch eine entsprechende Check-Box umgekehrt werden. Aus der Unwirksamkeit der vorformulierten Bestätigung des Kunden folge, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginne, sodass der Unternehmer dem Widerruf des Kunden nicht mit dem Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegentreten könne. Insbesondere handele es sich auf Seiten des Verbrauchers nicht um einen Verstoß gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB, weil dieser die Bestätigung wahrheitswidrig erteilt habe. Im Gegensatz hierzu könne von der Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung im Netz jedoch ausgegangen werden, wenn es sich nicht um eine „ordinary website“, sondern um eine sogenannte „sophisticated website“ („fortgeschrittene website“) handele, denn eine solche könne den Anforderungen an einen für den Verbraucher verfügbaren dauerhaften Datenträger genügen, wenn sie Elemente aufweist, die den Verbraucher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu bewegt, die Informationen in Papierform zu sichern oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu speichern oder wenn sie einen gesicherten Speicherplatz für den konkreten Verbraucher bereitstellt, auf welchen nur dieser per Passwort zugreifen kann. Maßgeblich sei, dass der Unternehmer keine Möglichkeit habe, die Informationen nachträglich zu ändern. Eine solche „sophisticated website“ habe im betreffenen Fall jedoch nicht vorgelegen. Die Klägerin wäre daher verpflichtet gewesen, der Beklagten die Widerrufsbelehrung per Mail oder Briefpost zuzusenden, damit die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. Dies ist unterblieben, weswegen die Beklagte bei der Stornierung des Lehrgangs die Widerrufsfrist nicht versäumte. Also Vorsicht beim Online-Handel! Zur Vermeidung kostspieliger Abmahnungen sollte sich nicht damit zufrieden gegeben werden, Widerrufsbelehrungen abrufbar im Internet zur Verfügung zu stellen.