9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) wurde in der Vergangenheit mehrmals geändert. Veränderten sich die marktwirtschaftlichen Gegebenheiten, wurde auch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen geändert.
Nun gilt seit gestern die 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
Mit der Änderung soll das Wettbewerbsrecht an die zunehmende Digitalisierung der Märkte angepasst und eine wirksame Fusionskontrolle sowie der Schutz vor Missbrauch von Marktmacht gewährleistet werden. Die Kartellbehörden sollen künftig auch Faktoren berücksichtigen, die im digitalen, auf dem Internet basierenden Umfeld eine spezielle Bedeutung haben.
9. GWB-Novelle sieht einige wichtige Änderungen vor:
Die Reform setzt bestimmte Vorschriften der EU-Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.11.2014 (2014/104/EU) für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union um. Diese Vorschriften haben das Ziel, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch Geschädigte zu erleichtern.
Bisher war es den Unternehmern möglich durch Umstrukturierungen oder Vermögensverschiebungen die Vollstreckung der Bußgelder abzuwenden. Eine Haftung kam nach der BGH Entscheidung (vom 11.03.1986, Az. KRB 8/85) nur bei „wirtschaftlicher Nahezu-Identität“ zwischen den Unternehmen in Betracht.
Nunmehr wird den Unternehmen die Möglichkeit der Vollstreckungsabwendung durch Umstrukturierung oder Vermögensverschiebung entzogen.
Anstelle der „wirtschaftlichen Identität“ verlangt die 9. GWB Novelle eine wirtschaftliche Einheit. Bußgeldvollstreckung wegen Kartellverstößen ist jetzt sowohl gegen die handelnde Tochtergesellschaft, als auch gegen die Konzernmuttergesellschaft möglich, wenn sie zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung eine wirtschaftliche Einheit bildeten.
Außerdem wird eine Haftung des wirtschaftlichen Nachfolgers eingeführt.
Des Weiteren werden ab jetzt auch solche Übernahmen der Fusionskontrolle unterliegen, in denen der Wert der Gegenleistung über 400 Millionen Euro beträgt und das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang in Deutschland tätig ist, unabhängig davon wie hoch der Umsatz ist, der in Deutschland erzielt wird.
Für das Ministererlaubnisverfahren (Entscheidung des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, eine vom Bundeskartellamt untersagte Unternehmensfusion zu erlauben) sieht die 9. GWB Novelle eine 6-monatige Höchstfrist mit Verlängerungsoption vor.
Die 9. GWB Novelle erlaubt künftig die verlagswirtschaftliche Kooperation zwischen Presseunternehmen, insofern die Vereinbarung den Beteiligten ermöglicht, ihre wirtschaftliche Basis für den intermedialen Wettbewerb zu stärken. Kooperationen dieser Art nimmt die Novelle vom Kartellverbot aus. Dies ermöglicht Verlagen eine kartellfreie Zusammenarbeit z. B. im Anzeigengeschäft, im Werbegeschäft sowie bei der Herstellung und Zustellung von Presseerzeugnissen.
Auch unterliegen gemäß der Novelle Rundfunkfusionen erst dann der Kartellkontrolle, wenn die Umsätze von beiden Unternehmen zusammen 62,5 Millionen Euro betragen.