Stefan Luitz Skirennläufer – Disqualifikation rechtlich haltbar?

Luitz und seine Berater – offenbar ebenso wie der DSV – tendieren dazu, diese Frage mit „Nein“ zu beantworten.

1.

Luitz hatte seinen ersten Weltcupsieg im Riesenslalom am 2.12.2018 in Beaver errungen. Zwischen den beiden Durchgängen hatte er Sauerstoff inhaliert. Das ist regelwidrig. Der Weltverband FIS verbietet die Nutzung von Sauerstoff direkt an der Rennstrecke während des Wettkampfs. Das ergibt sich aus den Anti-Doping-Regeln der FIS (Artikel 2.12). Das ist (soweit) wohl unstreitig. Luitz ist angehört worden. Die Anti-Doping-Kommission der FIS hat ihn disqualifiziert. Luitz wurde aus den Ergebnislisten gestrichen.

Und jetzt lesen wir zur Verteidigung von Stefan Luitz Folgendes: „Wir stehen hinter Stefan.“ Das betont der DSV-Sprecher Ralph Eder. Das freut grundsätzlich den Atlethen. Es wird vom DSV auch betont, dass dem DSV und damit offenbar dem Sportler Luitz nicht bewusst gewesen sei, dass die Sauerstoffzufuhr über Inhaltionsvorrichtungen während des Rennens gegen die Anti-Dopingbestimmungen der FIS verstieße. In den Medien liest man, dass der DSV während des Weltcuprennens von „medizinischen Experten falsch beraten“ worden sei.

Weiter ist von seiner Anwältin, der Kollegin Prof. Dr. Anne-Jakob zu vernehmen, dass die Einnahme des Sauerstoffs „ohne eigenes Verschulden“ erfolgt sei und Luitz sich durch den Sauerstoff keinen Leistungsvorteil verschafft habe.

2.

Man denke sich diese Argumentation in per se dopingverdächtige Sportarten wie Radsport/Leichtathletik/Biathlon.

Der Rad-Sportler dort hat keine Vorstellung von den Anti-Doping-Regeln seiner internationalen Verbände. Wie wäre wohl die Reaktion der Medien? Der „Tagesspiegel“ schreibt am 10.01.2019 in der Causa Luitz von einem „Lapsus„.

Insgesamt erscheint die Argumentation sehr merkwürdig. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, ob der Athlet eine Anti-Doping-Bestimmung – ob national oder international – kennt oder nicht. Das ist unerheblich. Allein der Verstoß ist entscheidend. Es liegt grundsätzlich beim Athleten, sich zu informieren. Unerheblich ist darüber hinaus, ob medizinische Berater „gutgläubig“ waren und „falsch beraten“ haben. Informiert sich der Athlet bei dem betreuenden Arzt, ob bei einer medizinischen Indiziertheit das verschriebene Medikament auf der „Doping-Liste“ steht und erhält eine unzutreffende Antwort, dann ist das im Grunde für das Vorliegen eines Doping-Vergehens des Athleten unerheblich. Medizinisch indiziert war der Sauerstoff hier nicht, jedenfalls war davon bislang nicht die Rede.

Der im Sport geltende Grundsatz „strict liability“, das Prinzip der verschuldnesunabhängigen Haftung gilt und findet Beachtung.

Im Übrigen: Wenn es dem Athleten keinen Vorteil bietet, weshalb wird es angewandt? Dass die Regeln der FIS nicht im Einklang mit denen der WADA stehen, mag man bedauern. Das ändert aber nichts an dem Sachverhalt.

Bleibt abzuwarten, ob der CAS noch angerufen wird, oder nicht.

Steffen Lask

Zwei neue alte Doper

Doping III

Den Biathlon trifft die nächste Dopingaffäre. Sergej Sednev und Alexander Loginov wurden des EPO-Dopings überführt. Der skurrile Hintergrund: Beide Analysen sind auf Tests aus dem Jahr 2013 zurückzuführen, Januar und November. Scheinbar sollen die ursprünglichen Auswertungsergebnisse keine Auffälligkeiten aufgezeigt haben. Erst jetzt, wohlgemerkt nach Karriereende von Sednev, schlägt die IBU zu. Entsprechende Sperrfristen wurden noch nicht veröffentlicht, sollen jedoch zeitnah publik gemacht werden. Jedenfalls den mehrmaligen Juniorenweltmeister Loginov dürfte das nachträgliche Ertappen hart treffen.

„Die IBU steht zu ihrer Nulltoleranz gegen Doping und wird auch Fälle, die erst nach Jahren nachweisbar sind, konsequent verfolgen. Das sind wir unserem Sport schuldig“, so IBU-Generalsekretärin Nicole Resch. Bedenklich dürfte dennoch sein, dass zumindest in diesem Fall bis auf die Namen bisher kaum Transparenz seitens des Weltverbands ausgestrahlt wurde. Zu hoffen bleibt, dass sich die Sportart alsbald von den zahlreichen Dopingschlagzeilen erholt und vielmehr durch positive Leistungen begeistert.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Sachenbacher-Stehle wieder startberechtigt

Evi Sachenbacher-Stehle ist ab sofort wieder startberechtigt und kann, soweit gewollt, nunmehr wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne verkürzte die ursprünglich auf Maximalhöhe von zwei Jahren festgesetzte Dopingsperre auf sechs Monate. Das Gericht hielt ein „minimale[s] Fehlverhalten der Athletin“ fest. Eine ausführliche Begründung steht noch aus. „Ich finde das Urteil gut. Das IBU-Urteil war zu hart und zu viel Gleichmacherei mit anderen Dopingvergehen wie EPO-Dopern. Evi hatte einen positiven Befund und musste bestraft werden. Aber sie hat nicht bewusst gedopt, sondern war fahrlässig und sicher auch blauäugig“, äußerte sich Bundestrainer Gerald Hönig.

Sachenbacher-Stehle bestritt stets jedwede Absicht. Da ihr dennoch unerlaubte Substanzen im Organismus nachgewiesen wurden, konnte sie nach dem strict-liability-Grundsatz aus dem Verkehr gezogen werden. Ob sie sportlich wieder angreifen möchte, ist derzeit unklar. Bisher betonte die Biathletin immer wieder, dass es ihr bei der Berufung zum CAS primär um ihr Image ging. Dies deuteten ihre Aussagen jedenfalls an.

Das höchste Sportschiedsgericht behielt durch die Entscheidung in Sachen Sachenbacher-Stehle die bereits zuvor im Fall Powell/Simpson angewandte klare Linie. Absichtliche/vorsätzliche Doper sind von fahrlässig handelnden Athleten zu unterschieden. Klingt nachvollziehbar. Bleibt nur abzuwarten, inwiefern sich dadurch Missbrauchspotenzial entwickelt.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Heute: Sachenbacher-Stehle vor dem CAS

Sachenbacher-Stehle – ein Opfer oder eine Dopingsünderin? Eine Frage, die die (deutsche) Sportwelt derzeit bewegt. „So möchte ich eigentlich nicht abtreten, als Dopingsünderin, als jemand, der aus seinem Job gejagt wird“, erklärt Sachenbacher-Stehle. Die Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle wehrt sich derzeit mit allen ihr rechtlich zustehenden Mitteln gegen die ihr im Zusammenhang mit der Sotchi-Affäre erteilte Sperre vor dem CAS in Lausanne. Auch wenn ein sportliches Comeback eher unwahrscheinlich erscheint, möchte die 33-Jährige ihr bis dahin sauberes Image wieder aufleben lassen und wohl keinesfalls als Dopingsünderin in Erinnerung bleiben. „Ich habe mir dann keine weiteren Gedanken gemacht. Das war mein Fehler. Das hätte ich nicht machen dürfen“, erklärte die gebürtige Bayerin zuletzt selbstkritisch.

Ein Tee sei Grund für die positive Dopingprobe. Dieser soll ein verunreinigtes Nahrungsergänzungsmittel enthalten haben und ihr von ihrem damaligen Personaltrainer, gegen den die Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleitete, zur Einnahme gegeben worden sein. Nach dem im Sport geltenden strict-liability-Prinzip hat sie diese Konstellation zu verantworten. Entscheidend ist allein, dass ihr Organismus ein unerlaubtes Mittel aufwies. Hoffnung geben Sachenbacher-Stehle die Fälle von Asafa Powell und Sherone Simpson. Beiden Athleten fielen ähnliche Dopingvergehen zur Last. Der CAS kürzte beide Sperren von 18 auf sechs Monate. „Ich habe ein Nahrungsergänzungsmittel genommen, das verunreinigt war. Ich wollte niemanden betrügen. Dass ich jetzt mit kriminellen Dopern in einen Topf geworfen werde, mit Leuten zum Beispiel, die sich EPO in die Venen spritzen, belastet mich sehr. Das ist fast noch schlimmer als die zwei Jahre Sperre“, betonte Sachenbacher-Stehle.

Heute soll das einstige Wintersportvorbild vor dem CAS angehört werden und Rede und Antwort stehen. Wir werden sehen, ob ihre Bemühungen von Erfolgt gekrönt sein werden.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Maximalsperre für Sachenbacher-Stehle

Evi Sachenbacher-Stehle, deutsche Biathletin, wurde vom Weltbiathlonverband (IBU) mit einer 2-jährigen Dopingsperre belegt. Damit findet das seit den Olympischen Winterspielen in Sotchi andauernde Verfahren sein vorläufiges Ende. Die 33-Jährige hat nun 21 Tage Zeit, um die ausgesprochene Sanktion vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) anzufechten. Die Sperre gilt rückwirkend ab dem 17. Februar 2014 und umfasst das Maximalmaß für Erstvergehen.

„Das nun endlich vorliegende Urteil ist natürlich heftig. Es ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, dass mein Fall der unbewussten Einnahme durch ein nachweislich kontaminiertes Nahrungsergänzungsmittel von der Sanktion her nun auf die gleiche Stufe wie ein vorsätzlicher Epo-Dopingsünder gestellt wird“, so Sachenbacher-Stehle in einer schriftlichen Stellungnahme. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass zum Thema Nahrungsergänzungsmittel anhand meines Falles nun ein Exempel statuiert werden soll. Wir werden nun die Urteilsbegründung in aller Ruhe analysieren und uns dann in den kommenden Tagen wie versprochen ausführlich zu den Hintergründen äußern.“

Sachenbacher-Stehle wurde die verbotene Substanz Methylhexanamin nachgewiesen. Sie bestritt wissentliches Doping. Ihre Verteidigung sprach von einem „unübersichtlichen Markt an Nahrungsergänzungsmitteln“, welcher letztlich zu den positiven Befunden geführt haben soll.

Nichtsdestotrotz ist jeder Athlet selbst dafür verantwortlich, dass keine Dopingmittel in seinen Organismus gelangen, denn es gilt der strict-liability-Grundsatz. Demnach ist es unerheblich, ob der Sportler wissentlich oder gar vorsätzlich gehandelt hat. Dennoch sind prinzipiell Milderungsmöglichkeiten gegeben, welche die IBU wohl nicht heranziehen wollte. Bleibt abzuwarten, ob Sachenbacher-Stehle ggf. vor dem CAS erfolgreich gegen die Zweijahressperre wird vorgehen können.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask