Wladimir Klitschko, amtierender Schwergewichtschampion im Boxen, ist seit einer gefühlten Ewigkeit ungeschlagen. Das scheint, in Anbetracht seiner letzten Kämpfe vorerst auch so zu bleiben. Klitschkos Überlegenheit ist nicht abzusprechen. Bemerkenswert erscheint hingegen, dass eben jener keinen Dopingkontrollen außerhalb des Wettkampfs unterliegt. Anders als viele andere vermarktet sich der Ukrainer selbst und ist dem NADA-Testpool nicht zugehörig, sodass er nicht einmal den Melde- und Kotrollpflichten, die zuletzt Philipp Collin und ‚Mimi‘ Kraus zum Verhängnis wurden, unterliegt.
Seine Mitgliedschaft im Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) ändert nichts daran. Dieser sieht Dopingkontrollen nur im Rahmen von Wettkämpfen vor. So heißt es in Art. 7 Abs. 1 der Dopingbestimmungen des BDB: „Der BDB e.V. regelt gem. der Doping-Ordnung die Durchführung der Dopingkontrollen innerhalb und außerhalb der Wettkämpfe, wobei hinsichtlich der Wettkämpfe insbesondere Deutsche Meisterschaften sowie nationale und internationale Veranstaltungen einbezogen sein sollen.“ Gem. Art. 12 „werden bei nationalen und internationalen Titelkämpfen beide Boxer/innen kontrolliert.“ Klingt nach einem eingeengten Spielraum.
Aber auch die Weltverbände WBO, WBA, IBF, IBO bedienen sich lediglich eingeschränkter Wettkampftests. Trainingskontrollen bleiben aus. Zudem haben sich die Weltboxverbände bisher nicht dem WADA-Code unterworfen. „Bisher hatten wir den Schritt nicht gewagt, weil wir Angst hatten, es würde die Zahl unserer Kämpfe verringern“, wird die Juristin der IBF im letzten Jahr in der Berliner Zeitung zitiert. Das ADAMS-System nutzt bis heute weder die IBF noch ein anderer Boxweltverband.
Bleibt abzuwarten, wie sich diese Missstände in Zukunft entwickeln werden. Von fairem Sport kann aber kaum die Rede sein, solange einige Boxer WADA-konform unter Aufsicht stehen und andere praktisch nur am Wettkampftag Dopingtests unterliegen.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Evi Sachenbacher-Stehle ist ab sofort wieder startberechtigt und kann, soweit gewollt, nunmehr wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne verkürzte die ursprünglich auf Maximalhöhe von zwei Jahren festgesetzte Dopingsperre auf sechs Monate. Das Gericht hielt ein „minimale[s] Fehlverhalten der Athletin“ fest. Eine ausführliche Begründung steht noch aus. „Ich finde das Urteil gut. Das IBU-Urteil war zu hart und zu viel Gleichmacherei mit anderen Dopingvergehen wie EPO-Dopern. Evi hatte einen positiven Befund und musste bestraft werden. Aber sie hat nicht bewusst gedopt, sondern war fahrlässig und sicher auch blauäugig“, äußerte sich Bundestrainer Gerald Hönig.
Sachenbacher-Stehle bestritt stets jedwede Absicht. Da ihr dennoch unerlaubte Substanzen im Organismus nachgewiesen wurden, konnte sie nach dem strict-liability-Grundsatz aus dem Verkehr gezogen werden. Ob sie sportlich wieder angreifen möchte, ist derzeit unklar. Bisher betonte die Biathletin immer wieder, dass es ihr bei der Berufung zum CAS primär um ihr Image ging. Dies deuteten ihre Aussagen jedenfalls an.
Das höchste Sportschiedsgericht behielt durch die Entscheidung in Sachen Sachenbacher-Stehle die bereits zuvor im Fall Powell/Simpson angewandte klare Linie. Absichtliche/vorsätzliche Doper sind von fahrlässig handelnden Athleten zu unterschieden. Klingt nachvollziehbar. Bleibt nur abzuwarten, inwiefern sich dadurch Missbrauchspotenzial entwickelt.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Die Hoffnung von Claudia Pechstein, auf einen erfolgreichen Ausgang ihres Prozesses, mit welchem sie 4.4-Millionen € von der ISU erstrebt, bleibt am Leben. Wie auch schon das Landgericht im Februar diesen Jahres, hat das OLG München laut Medienberichten Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Sportgerichtsklausel(n). Es habe sich allerdings bisher nicht zur Frage geäußert, ob der Olympiasiegerin Schadensersatzansprüche in eingeforderter Höhe zustehen. Das Verfahren wurde vertagt. Bis zum 8. Januar nächsten Jahres haben beide Seiten nun Zeit, schriftliche Schriftsätze nachzureichen. Eine Entscheidung soll eine Woche nach Fristende fallen.
Fraglich bleibt damit weiterhin, ob die Sportschiedsgerichtszuständigkeiten, die regelmäßig zwischen Verband und Athleten vereinbart werden, rechtlich wirksam sind.
Eine wirksame Schiedsvereinbarung sperrt per definitionem den Gang vor die ordentliche Gerichtsbarkeit. Eine unwirksame Schiedsvereinbarung hingegen kann folgerichtig die Möglichkeit, vor staatliche Gerichte zu ziehen, nicht ausschließen. Doch hätte die Sportschiedsgerichtsbarkeit kaum Grund zur Existenz, sollten Schiedsvereinbarungen der deutschen Athleten en bloc unwirksam sein. [Blogbeitrag v. 6. Mai 2014]
Die Schwere der bevorstehenden Entscheidung des OLG gebietet daher kaum, eine Erwartung einzunehmen, nach der im Januar 2015 mit einem Ende der Debatte zu rechnen ist. Ob die Sache wohl noch in die Revision geht?
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Rita Jeptoo, eine der führenden Marathonläuferinnen heutiger Zeit, ist Medienberichten zufolge positiv auf das Dopingmittel EPO getestet worden. „Wir haben einen Brief von der IAAF erhalten und Rita Jeptoo zu einem Treffen nach Nairobi zitiert. Sie hat bestritten, unerlaubte Mittel genommen zu haben“, so der Vizepräsident des kenianischen Verbandes. Man zeigt sich zu Recht zurückhaltend. Abzuwarten bleiben die Resultate der B-Probe.
Die dreifache Boston- und zweifache Chicago-Marathon-Siegerin steht bereits als Gesamtgewinnerin der laufenden World-Marathon-Majors-Rennserie fest. Die ursprünglich geplante Ehrung, die morgen stattfinden sollte, wird wohl ausfallen. „Wir gehören zu den Vorkämpfern gegen Doping. Kein Athlet, der gegen die Anti-Doping-Regeln verstoßen hat, kann den WMM-Titel gewinnen. Zudem wird kein Athlet, der für schuldig befunden worden ist, wieder zu den Rennen der WMM eingeladen“, erklärte der Veranstalter.
Wir sind gespannt, ob sich der Dopingverdacht bestätigen oder auflösen wird.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Der Freispruch durch die Anti-Doping-Kommission des DHB wird nunmehr einer erneuten Prüfung unterzogen. Die NADA legte vor dem zuständigen Schiedsgericht entsprechende Rechtsmittel ein. Sie sieht „das Kontrollsystem gefährdet.“
Kraus wurden ursprünglich drei Meldeverstoße vorgeworfen. Drei sog. Strikes haben in der Regel eine Sperre zur Folge. Das urteilssprechende Gremium des DHB sah allerdings in einem der drei vorgeworfenen Fehltritte kein Verschulden, sodass Kraus freigesprochen wurde. „Mit der Überprüfung durch ein unabhängiges Schiedsgericht strebt die NADA eine weitergehende Klärung des Einzelfalles an. Wenn Sportler sich in Zukunft auf dieses Urteil berufen, können sie sich jederzeit einer Dopingkontrolle entziehen, ohne dass dies Konsequenzen hätte. Damit wird eine Lücke im Regelwerk geöffnet, die durch die Meldepflichten in den vergangenen Jahren geschlossen wurde“, so die Begründung der NADA.
Daraus wird deutlich, dass scheinbar ein Missdeuten der DHB-Entscheidung vorliegen könnte. Im Fall Kraus lagen eben keine drei Verstöße vor, so entschied zumindest die Kommission des deutschen Handball-Dachverbands. Daher könnte sich ein ‚dreifacher Sünder‘ schon gar nicht auf das Kraus-Urteil berufen. In jedem Fall bleibt leider weiterhin ein wesentlicher, wenn nicht zentraler Punkt im Melde- und Kontrollsystem der Anti-Doping-Verfolgung unausgesprochen: die Grundrechtsbeschränkung des/der Spitzensportler/in. Sollte dieser einmal zur Debatte gelangen, könnten Prozesstorturen, wie die des ‚Mimi‘ Kraus, womöglich überflüssig werden.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask