Dopingmissbrauch und proaktiver Dopingkampf

 

Sprung II

Der Gebrauch unerlaubter Mittel in großem Stil im ProTeam Astana wird immer transparenter. Der fünfte positive Dopingbefund innerhalb weniger Monate lässt den kasachischen Radsportstall noch bedenklicher erscheinen, als er ohnehin war. Immerhin sagte Astana-Chef Alexandre Vinokourov diesem Treiben nun den Kampf an: „Die jungen Radsportler sind verrückt, wenn sie nicht begreifen, dass Doping keinen Platz mehr hat.“ Was für eine inhaltsschwere Aussage vor dem Hintergrund, dass Vinokourov selbst eine nicht unerhebliche Dopingvergangenheit hat. Derzeit bespricht sich die UCI in Bezug auf etwaige Konsequenzen für das Astana-Team. Noch im Dezember soll eine Stellungnahme erfolgen. Ob gar ein Lizenzentzug droht, bleibt abzuwarten.

Sportartwechsel. Die IBU hat unterdessen „positive“ Nachrichten zu vermelden. Dank einer neuen Analysemethode sei es nun möglich, in Nachtests synthetisches EPO nachzuweisen. Prompt wurden drei Doper ausfindig gemacht. Bei Irina Starych und Ekaterina Jurjeva bestätigten sich lediglich bereits nachgewiesene und geahndete Vergehen, bei Alexander Loginov hingegen handelt es sich um eine Neuentdeckung. Er wurde vorläufig suspendiert. Auffällig ist, dass in letzter Zeit eine Reihe von russischen Biathleten des Dopings überführt werden konnten. Dies bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass bei der Russischen Biathlon Union mehr gedopt wird als bei anderen Nationalverbänden. „Es gibt ja sehr viele verschiedene EPO-Sorten, die man nicht alle nachweisen kann. Was die Verfügbarkeit hoher technischer Mittel oder guter EPO-Präparate betrifft, ist Russland sicher ins Hintertreffen geraten. Russland hat auf diesem Sektor im Gegensatz zu früher einiges an Rückstand erlitten, was damit zusammenhängt, dass das Land technologisch nicht auf dem Stand ist wie die Industrieländer“, so der Dopingexperte Fritz Sörgel. Ob dies tatsächlich der Grund für die jüngsten Dopingresultate ist, kann nur gemutmaßt werden.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Warum Klitschko keinen Trainingskontrollen unterliegt

Bankdrücken

Wladimir Klitschko, amtierender Schwergewichtschampion im Boxen, ist seit einer gefühlten Ewigkeit ungeschlagen. Das scheint, in Anbetracht seiner letzten Kämpfe vorerst auch so zu bleiben. Klitschkos Überlegenheit ist nicht abzusprechen. Bemerkenswert erscheint hingegen, dass eben jener keinen Dopingkontrollen außerhalb des Wettkampfs unterliegt. Anders als viele andere vermarktet sich der Ukrainer selbst und ist dem NADA-Testpool nicht zugehörig, sodass er nicht einmal den Melde- und Kotrollpflichten, die zuletzt Philipp Collin und ‚Mimi‘ Kraus zum Verhängnis wurden, unterliegt.

Seine Mitgliedschaft im Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) ändert nichts daran. Dieser sieht Dopingkontrollen nur im Rahmen von Wettkämpfen vor. So heißt es in Art. 7 Abs. 1 der Dopingbestimmungen des BDB: „Der BDB e.V. regelt gem. der Doping-Ordnung die Durchführung der Dopingkontrollen innerhalb und außerhalb der Wettkämpfe, wobei hinsichtlich der Wettkämpfe insbesondere Deutsche Meisterschaften sowie nationale und internationale Veranstaltungen einbezogen sein sollen.“ Gem. Art. 12 „werden bei nationalen und internationalen Titelkämpfen beide Boxer/innen kontrolliert.“ Klingt nach einem eingeengten Spielraum.

Aber auch die Weltverbände WBO, WBA, IBF, IBO bedienen sich lediglich eingeschränkter Wettkampftests. Trainingskontrollen bleiben aus. Zudem haben sich die Weltboxverbände bisher nicht dem WADA-Code unterworfen. „Bisher hatten wir den Schritt nicht gewagt, weil wir Angst hatten, es würde die Zahl unserer Kämpfe verringern“, wird die Juristin der IBF im letzten Jahr in der Berliner Zeitung zitiert. Das ADAMS-System nutzt bis heute weder die IBF noch ein anderer Boxweltverband.

Bleibt abzuwarten, wie sich diese Missstände in Zukunft entwickeln werden. Von fairem Sport kann aber kaum die Rede sein, solange einige Boxer WADA-konform unter Aufsicht stehen und andere praktisch nur am Wettkampftag Dopingtests unterliegen.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Sachenbacher-Stehle wieder startberechtigt

Evi Sachenbacher-Stehle ist ab sofort wieder startberechtigt und kann, soweit gewollt, nunmehr wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne verkürzte die ursprünglich auf Maximalhöhe von zwei Jahren festgesetzte Dopingsperre auf sechs Monate. Das Gericht hielt ein „minimale[s] Fehlverhalten der Athletin“ fest. Eine ausführliche Begründung steht noch aus. „Ich finde das Urteil gut. Das IBU-Urteil war zu hart und zu viel Gleichmacherei mit anderen Dopingvergehen wie EPO-Dopern. Evi hatte einen positiven Befund und musste bestraft werden. Aber sie hat nicht bewusst gedopt, sondern war fahrlässig und sicher auch blauäugig“, äußerte sich Bundestrainer Gerald Hönig.

Sachenbacher-Stehle bestritt stets jedwede Absicht. Da ihr dennoch unerlaubte Substanzen im Organismus nachgewiesen wurden, konnte sie nach dem strict-liability-Grundsatz aus dem Verkehr gezogen werden. Ob sie sportlich wieder angreifen möchte, ist derzeit unklar. Bisher betonte die Biathletin immer wieder, dass es ihr bei der Berufung zum CAS primär um ihr Image ging. Dies deuteten ihre Aussagen jedenfalls an.

Das höchste Sportschiedsgericht behielt durch die Entscheidung in Sachen Sachenbacher-Stehle die bereits zuvor im Fall Powell/Simpson angewandte klare Linie. Absichtliche/vorsätzliche Doper sind von fahrlässig handelnden Athleten zu unterschieden. Klingt nachvollziehbar. Bleibt nur abzuwarten, inwiefern sich dadurch Missbrauchspotenzial entwickelt.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

FC Barcelona zieht vor den Int. Sportgerichtshof

Fußball II

Wie einer Internetbekanntmachung des Internationalen Sportgerichtshofes zu entnehmen ist, hat der FC Barcelona nunmehr offiziell beantragt, das von der FIFA im April diesen Jahres auferlegte Transferverbot aufzuheben oder hilfsweise jedenfalls zu mildern. Die Transferschranke gilt für die nächsten zwei Transferperioden. Die Sommertransferperiode 2014 blieb von der Sanktion unberührt, da der spanische Topklub bereits nach Bekanntgabe FIFA-interne-Berufung einlegte und dies aufschiebende Wirkung hatte. So konnte u.a. Marc-André ter Stegen verpflichtet werden. Grund der strengen Gangart des Weltfußballverbandes waren „Verstöße im Zusammenhang mit dem internationalen Transfer und der Registrierung von Spielern unter 18 Jahren.“

Angekündigt wurde sogleich, dass eine erste Anhörung bereits am 5. Dezember stattfinden wird und eine Entscheidung noch im laufenden Jahr fallen soll. Damit besteht für die Katalanen die Hoffnung, womöglich im kommenden Wintertransferfenster, das regulär vom 1. bis zum 31. Januar läuft, ins Transfergeschehen eingreifen zu können.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Heute: Sachenbacher-Stehle vor dem CAS

Sachenbacher-Stehle – ein Opfer oder eine Dopingsünderin? Eine Frage, die die (deutsche) Sportwelt derzeit bewegt. „So möchte ich eigentlich nicht abtreten, als Dopingsünderin, als jemand, der aus seinem Job gejagt wird“, erklärt Sachenbacher-Stehle. Die Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle wehrt sich derzeit mit allen ihr rechtlich zustehenden Mitteln gegen die ihr im Zusammenhang mit der Sotchi-Affäre erteilte Sperre vor dem CAS in Lausanne. Auch wenn ein sportliches Comeback eher unwahrscheinlich erscheint, möchte die 33-Jährige ihr bis dahin sauberes Image wieder aufleben lassen und wohl keinesfalls als Dopingsünderin in Erinnerung bleiben. „Ich habe mir dann keine weiteren Gedanken gemacht. Das war mein Fehler. Das hätte ich nicht machen dürfen“, erklärte die gebürtige Bayerin zuletzt selbstkritisch.

Ein Tee sei Grund für die positive Dopingprobe. Dieser soll ein verunreinigtes Nahrungsergänzungsmittel enthalten haben und ihr von ihrem damaligen Personaltrainer, gegen den die Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleitete, zur Einnahme gegeben worden sein. Nach dem im Sport geltenden strict-liability-Prinzip hat sie diese Konstellation zu verantworten. Entscheidend ist allein, dass ihr Organismus ein unerlaubtes Mittel aufwies. Hoffnung geben Sachenbacher-Stehle die Fälle von Asafa Powell und Sherone Simpson. Beiden Athleten fielen ähnliche Dopingvergehen zur Last. Der CAS kürzte beide Sperren von 18 auf sechs Monate. „Ich habe ein Nahrungsergänzungsmittel genommen, das verunreinigt war. Ich wollte niemanden betrügen. Dass ich jetzt mit kriminellen Dopern in einen Topf geworfen werde, mit Leuten zum Beispiel, die sich EPO in die Venen spritzen, belastet mich sehr. Das ist fast noch schlimmer als die zwei Jahre Sperre“, betonte Sachenbacher-Stehle.

Heute soll das einstige Wintersportvorbild vor dem CAS angehört werden und Rede und Antwort stehen. Wir werden sehen, ob ihre Bemühungen von Erfolgt gekrönt sein werden.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask