Schlussplädoyers im Pistorius-Prozess
Im Verfahren gegen den wegen Mordes angeklagten Paralympicsathleten Oscar Pistorius haben die für zwei Tage angesetzten Schlussplädoyers begonnen. Nach nunmehr 39 Verhandlungstagen und 36 Zeugen haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Gelegenheit, den in der Hauptverhandlung ermittelten Sachverhalt darzustellen und rechtlich zu bewerten.
Kurze Rückblende: Der Mordprozess begann im März diesen Jahres. Er war geprägt durch zahlreiche Unterbrechungen und Verzögerungen. Zwischenzeitlich wurde Pistorius zur klinischen Untersuchung in eine Psychiatrie überstellt. Nach einer knapp 6-wöchigen Beobachtung stellten Gutachter fest, der Angeklagte sei zum Zeitpunkt der Tathandlung voll schuldfähig gewesen.
Zurück zu den Plädoyers: Staatsanwalt Gerrie Nel läutete die Schlussreden ein. Er plädierte wie erwartet auf Mord. Nel bezichtigte den beinamputierten Sprinter mehrfacher Lügen und sprach von einem „Domino-Effekt“: Die vermeintliche Lüge, Reeva Steenkamp irrtümlich erschossen zu haben, soll die anschließenden Lügen losgelöst haben. „Euer Ehren, es sind einfach so viele Lügen. Es ist fast schon lächerlich“, so Nel. Die von der Verteidigung in der Hauptverhandlung angeführten Angstzustände, denen Pistorius ausgesetzt sei, betitelte der Staatsanwalt mit „Ängstlichkeit auf Abruf“. Schließlich ging er auf das Liebesverhältnis des Südafrikaners und Steenkamp ein. In 90% der ausgetauschten Nachrichten via WhatsApp habe es zwar Liebesbekundungen gegeben, was zähle, wären hingegen die restlichen 10%, betonte Gerrie Nel und verlas eine Nachricht, die kurz vor dem tragischen Ereignis seitens des Opfers kommuniziert wurde: „Manchmal habe ich Angst vor Dir.“
Pistorius‘ Verteidiger Barry Roux wird sein Schlussplädoyer am heutigen Nachmittag, voraussichtlich aber am morgigen Freitag halten. Ein Urteil wird Ende August erwartet.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask