Thomas Bach – Alleinherrscher über das IOC?

Also doch: Olympia wird ins nächste Jahr verschoben. Um das vorweg zu nehmen: Es ist die einzig richtige Entscheidung! Und sie war überfällig.

Die Athleten müssen sich nun nicht mehr unter den derzeitigen Einschränkungen intensiv auf Olympia vorbereiten in einer unerträglichen Ungewissheit, sondern können die Krise solidarisch mit dem Rest der Gesellschaft überwinden, so der Verein „Athleten Deutschlands“.

In den letzten Tagen mehrten sich die Stimmen von Athleten, dass die Olympischen Spiele verschoben werden sollten. Doch es waren nicht nur die Sportler, die den IOC aufforderten, die Spiele in diesem Jahr ausfallen zu lassen, sondern mit Kanada und Australien kündigten zwei große Sport-Nationen an, dieses Jahr keine Sportler nach Japan zu entsenden, sollten die Spiele stattfinden. Auch der Präsident des Weltleichtathletik Verbands (IAAF) forderte eine Verschiebung der Spiele.

Am 24.03. rief der japanische Ministerpräsident Abe den IOC-Präsidenten Thomas Bach an und bat diesen um eine Verschiebung der Spiele ins nächste Jahr, da ein Großteil der japanischen Bevölkerung sich für einen Ausfall von Olympia 2020 ausgesprochen hatte.

Diesem Druck konnte der ansonsten – gefühlt – beratungsresistente IOC-Präsident Dr. Thomas Bach nicht mehr standhalten. Nachdem er noch in der letzten Woche die Olympischen Spiele unbedingt in diesem Jahr stattfinden lassen wollte, gerierte er sich als jener, der größtes Verständnis für die Belange der Athleten aufbringe und die nunmehr getroffene Entscheidung Japans.

Ohne Zweifel ist es für einen Präsidenten eines so großen Verbandes eine äußerst schwierig Situation, jedoch muss man hervorheben, dass der IOC und allen voran Thomas Bach eine schlechte Figur (auch im Vergleich zur Politik oder anderen großen Sport-Verbänden) abgegeben haben.

Die Fußballer hatten es vorgemacht: Die Fußball-Europameisterschaft wurden vor gut zwei Wochen abgesagt und hätte Japans Ministerpräsident nicht auf eine Absage der Olympischen Spiele gedrängt, wüssten wir in  weiteren zwei Wochen immer noch nicht, wie mit den Sommerspielen verfahren wird. 

Es ist die richtige Entscheidung.

Betrachten wir nochmals das Fußball-Spiel vor ca. 44.000 Fans in Bergamo und greifen den Begriff  „Katalysator“ auf oder wie der Bürgermeister von Bergamo es nennt die „biologische Bombe“, dann möchte wir uns nicht vorstellen, welchen Effekt die Olympischen Sommerspiele in Tokio für die Weltgesundheit gehabt hätte.

Positiv ist hervorzuheben, dass die Entscheidung getroffen wurde. Negativ ist die Kommunikation zuvor und dass ein erheblicher politischer und medialer Druck notwendig war, um den IOC umzustimmen – ob allein die Sportler das erreicht hätten, ist sehr zweifelhaft. „Besser spät als nie!“

Und (personelle) Konsequenzen beim IOC sollten gezogen werden, auch wenn Dr. Bach seine eigene Personalie für unanfechtbar hält, da sollten die maßgeblichen gewichtigen nationalen Verbände ihre Stimme deutlicher erheben, auch mal in großer Runde und mit „einem“ einheitlichen Votum. 

Severin Lask / Steffen Lask

Rechtliche Schritte gegen Olympia-Ausschluss der russischen Leichtathleten?

Leichtathletik III

Bei den Olympischen Spielen in Rio wird wohl kein russischer Athlet unter russischer Flagge starten dürfen. Am letzten Freitag bestätigte die IAAF die Sperre des russischen Leichtathletikverbandes, die seitens des IOC „vollständig respektiert“ werde, so heißt es. Selbstredend lösten diese Meldungen verschiedenartige Reaktionen und Meinungsäußerungen in der Sportwelt aus. Der DLV-Präsident Clemens Prokop etwa meint: „Das kann nur der Anfang und darf nicht der Endpunkt für einen weltweiten Kampf gegen Doping sein.“ Der Jurist regt zudem an, „über einen Gesamtausschluss Russlands nachzudenken“. Jelena Issinbajewa sieht hingegen in der Bestätigung des Ausschlusses einen „Verstoß gegen die Menschenrechte“. Selbst der Präsident der Russischen Föderation, Vladimir Putin, meldete sich zu Wort: „Wenn ein Familienmitglied eine Straftat begeht, ist es dann etwa gerecht, die ganze Familie zu bestrafen?“, fragte er und antworte zugleich: „Nein, das gibt es nirgendwo.“

Es ist nachvollziehbar, dass die Frage, ob die harte Sanktion gegen den russischen Leichtathletikverband angemessen ist, aus sportlich-moralischer Sicht gespaltene Meinungsbilder auslöst. Aus juristischer Sicht müsste sich indes ein eindeutiges Bild abzeichnen, so will man meinen. In naher Zukunft werden verschiedene Institutionen darüber zu befinden haben, denn es bahnt sich nun eine Lawine sportrechtlicher Prozesse an: Issinbajewa will vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ziehen, der russische Leichtathletikverband wird die IAAF-Entscheidung wohl dem CAS zur Überprüfung vorlegen und Russland, so ein Sprecher Putins, plane ebenso die Betätigung juristischer Mittel. Es bleibt also spannend.

Russische Leichtathleten in Rio?

Doping IV

Mit Spannung wird die morgige Entscheidung des IAAF – des Internationalen Leichtathletik Verbandes – in Wien erwartet. Die 26 Councilmitglieder der IAAF werden darüber zu befinden haben, ob die Sperre gegen Russlands Leichtathletik aufgehoben und die Leichtathletikmannschaft der Russen in Rio zu den Olympischen Spielen an den Start gehen wird. Seit November vergangenen Jahres gibt es eine Suspendierung der Russen wegen anhaltender und wiederholter Dopingsverstöße. Wir hatten darüber berichtet. In Wien wird nunmehr unter dem Vorsitz von Sebastian Coe darüber entschieden, ob eine der größten Sportnationen in einer der prestigeträchtigsten Sportarten von den Olympischen Sommerspielen ausgeschlossen wird. Russland hatte nach der Suspendierung reagiert. Aber ob das reicht? Grundlage der Entscheidungsfindung der IAAF soll ein Bericht einer dafür eingesetzten Arbeitsgruppe sein, die die Reformen in Russland nach dem Offenbarwerden des umfassenden Dopings bewertet hat.

Das IAAF-Council hat grundsätzlich nach den Statuten die rechtliche Möglichkeit, einen Mitgliedsverband wegen (fortgesetzten) Verstoßes gegen Dopingbestimmungen zu sperren. Einen vergleichbaren Sachverhalt gibt es bereits. Der bulgarische Gewichtheber Verband ist vom Internationalen Gewichtheber Verband (IWF) wegen wiederholter/zahlreicher Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen von den Olympischen Spielen ausgeschlossen worden. Der bulgarische Verband hatte sich im Ergebnis erfolglos gegen die Entscheidung an den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) gewandt. Dieser bestätigte vielmehr die Suspendierung.

Wie wird es der russischen Leichtathletik ergehen?

Regelsperre für Dopingvergehen – Vier Jahre!

Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat die Regelsperre für Dopingvergehen von zwei auf vier Jahre erhöht. Die Vierjahressperre ist in der vergangenen Woche auf der Welt-Anti-Doping-Konferenz in Johannesburg beschlossen worden und soll zum 01.01.2015 als Bestandteil des WADA-Codes in Kraft treten.

Die Durchsetzbarkeit einer Vierjahressperre ist in einigen westlichen Ländern – so in Deutschland – nicht unumstritten. Als Argument gegen die Durchsetzbarkeit wird ein Verstoß gegen das grundgesetzlich geschützte Rechtsgut der Berufsausübungsfreiheit gesehen. In der Argumentation wird auf einen sportrechtlich bedeutsamen Rechtsfall verwiesen, nämlich auf den Fall der früheren Weltklasse-Sprinterin Katrin Krabbe. Gegen sie war zunächst 1992 eine Sperrfrist von 4 Jahren durch das Präsidium des Deutschen Leichtathletik Verbandes (DLV) verhängt worden, nachdem sie bereits in einem früheren Verfahren – wegen der Verfälschung einer Urinprobe – zunächt gesperrt und später freigesprochen worden war. Diese Sperrfrist – wgen Medikamentmissbrauch – wurde später reduziert durch den Rechtsausschuss des DLV auf ein Jahr. Nach Ablauf dieser Sperrfrist hatte der Internationale Leichtathletik Verband (IAAF) eine weitere Sperrfrist von zwei Jahren verfügt. Gegen diese Sperre hat sich K. Krabbe erfolgreich vor einem Zivilgericht – kein Sportgericht – gewehrt und letztlich einen Schadensersatz im Vergleichswege mit dem IAAF erreicht.

Kern der Argumentation von K. Krabbe war ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot und der Einwand eine Sperre, die über zwei Jahre hinausgeht, stellt einen rechtswidrigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass seit der Entscheidung viel Zeit verstrichen ist und der Antidopingkampf in jeder Beziehung einen anderen Stellwert erlangt hat.

Das Kippen der „Osaka-Regel“ vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) kann m. E. nicht als Argument gegen die Vierjahressperre herangezogen werden, weil das CAS im Jahre 2011 die Regel für rechtswidrig erachtete, die jeden überführten Sportler, der eine Sperre von mehr als 6 Monaten zu verbüßen hatte, von sämtlichen zukünftigen Olympischen Spielen ausgeschlossen sah. Darin ist zu Recht, ein Verstoß u.a. gegen das Übermaßverbot zu sehen, aber auch ein Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit ist damit verbunden.

Prof. Dr. Steffen Lask

Rechtsanwalt