Jon Drummond, ehemaliger 100-Meter-Läufer und zuletzt Trainer des Spitzensprinters Tyson Gay, wurde wegen wiederholter Anti-Doping-Verstöße für acht Jahre aus dem Sportverkehr gezogen. Er darf ab sofort keine Athleten mehr trainieren oder beraten. Ausgangspunkt der Entscheidung des US-Schiedsgerichts (AAA) gegen den einstigen 9.92-Sekunden-Sprinter waren die Kronzeugenaussagen seines Schützlings Gay. Dieser entging durch die belastenden Aussagen gegen seinen Coach seinerseits einer langen Sperre.
Ein dreiköpfiges Gremium befand, dass Drummond verbotene leistungssteigernde Substanzen besaß, mit diesen Handel getrieben und an jedenfalls einen seiner Athleten verabreicht hat. Konkreter Hintergrund sei Drummonds Rat, sich an einen Arzt namens Clayton Gibson zu wenden, so soll Gay ausgesagt haben. Dieser wiederum habe Cremes mit Aufschriften wie „DHEA“ und „HGH“ empfohlen. FAZ-Recherchen zufolge soll Gay gar stutzig geworden sein, der Arzt hätte allerdings versichert, die Aufschriften seien falsch. Schließlich soll Drummond die vermeintlich ursächlichen Dosen umetikettiert und seinem Schützling gewissermaßen zugeschoben haben. Es folgten: Positive Dopingprobe, eine einjährige Sperre für den kooperativen Sportler und wie nunmehr bekannt wurde eine achtjährige Sperre für dessen manipulativen Trainer, der Gay (und die USADA) im Übrigen bereits im Mai diesen Jahres wegen Verleumdung verklagte. Wer die Wahrheit spricht und wer lügt, sei an dieser Stelle mal dahingestellt. Jedenfalls scheint es so, als würde jeder dem anderen die Schuld zuschieben wollen, obwohl vermutlich alle in die Anwendung unerlaubter Praktiken eingeweiht waren. Eine Vermutung.
Im Ergebnis soll allerdings betonend festgehalten werden, dass Sportler trotz lediglich verbandsrechtlicher und keiner strafrechtlichen Verfolgung durchaus bereit sind, gegen ihre Kumpanen auszusagen. Der Aussagereiz im Rahmen sportrechtlicher Ermittlungen scheint entgegen mancher Stimmen für ein Anti-Doping-Gesetz ausreichend zu sein, selbst wenn „nur“ eine ausschließlich sportlich relevante Sperre angedroht ist.
Die WADA hat den NADA-Code 2015 akzeptiert. „Die NADA ist eine der ersten Anti-Doping-Organisationen weltweit, die den Code bereits umgesetzt hat“, so NADA-Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer. Stand heute gilt der WADA-Code 2009. Ab 2015 sollen neu ausgearbeitete Grundsätze und einhergehend verschärfte Sanktionen greifen. Absichtliche Verstöße führen in Zukunft zu einer Sperrzeit von vier statt zwei Jahren, wobei rechtzeitige und umfassende Geständnisse eine Reduzierung begründen können. Des Weiteren enthalte die Reform laut Medienberichten eine zwingende Veröffentlichung der Sperren, eine Verlängerung der Verjährungsfrist von acht auf zehn Jahre. Bemerkenswerter Weise sollen außerdem ab dem kommenden Jahr alle Wettkampfkontrollen durch die NADA organisiert und durchgeführt werden.
Wiederum stellt sich die Frage: Ist bei den Anstrengungen, die die WADA betreibt, überhaupt eine staatliche Verfolgung von Dopingsündern notwendig? Die Verschärfungen der WADA dürften abschreckend sein. Ob staatsanwaltliche Ermittlungen, die nebenbei bemerkt zahlreichen strafprozessualen Hürden begegnen würden, die Dopingaktivitäten reduzieren können, ist fraglich. Hinterfragt werden sollte in jedem Fall die angedachte uneingeschränkte Besitzstrafbarkeit. Medikamente dienen – auch wenn sie auf der Liste verbotener Substanzen stehen – mitunter medizinischen Zwecken. Bereits Kleinstmengen könnten eine Strafbarkeit nach sich ziehen. Ist bspw. ein Amateurathlet, der die Erlaubnis seitens seines Dachverbands nicht eingeholt hat, strafverfolgungswürdig, wenn zu Hause Medikamente vorrätig hat, wohlgemerkt medizinisch indiziert. Die Antwort bleibt jedem selbst überlassen.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Am Fall Kraus zeichnet sich derzeit ein Exempel, welches die Dopingkontrollmaßnahmen der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) beleuchtet. Nicht die Verwendung unerlaubter Substanzen, sondern Meldepflicht- und Kontrollversäumnisse wurden dem Handballprofi zum Verhängnis und führten zu einer vorläufigen Suspendierung. Athleten haben fortwährend Angaben über Aufenthaltsort und Erreichbarkeit in das Anti-Doping Administrations und Management System (ADAMS) einzutragen. Dadurch sollen etwaige Dopingvergehen außerhalb von Wettkämpfen verhindert werden. Ein Blick auf die Details des Meldesystems macht deutlich, dass umfassende Informationen eingeholt werden. So sollen betroffene Sportler mitunter den Erstwohnsitz und gewöhnlichen Aufenthaltsort, die E-Mail-Adresse, Festnetz- und Mobilfunknummer, Ort und Zeit des Trainings und der Trainingslager übermitteln. Regelmäßige Tätigkeiten unterliegen einer Quartalsmeldung.
Diese Pflichten, denen die Athleten gerecht werden müssen, lassen die Frage aufkommen, ob die Maßnahmen der NADA notwendig oder ungerechtfertigt sind. Geht die NADA zu weit oder sind solch strenge Vorgaben unumgänglich, um einen dopingfreien Sport gewährleisten zu können?
Jedenfalls stößt das Anti-Doping-Programm auf Kritik, nicht nur bei Athleten, die sich in ihren Grundrechten verletzt sehen. Tatsächlich erscheint ein Grundrechtseingriff nicht abwegig. Entscheidend ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.
Die NADA weicht der Kritik unter Verweis auf die gültigen Regeln der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) aus. „Ein effektives und qualitativ auf hohem Niveau stehendes Kontrollsystem braucht unangekündigte, unberechenbare Kontrollen“, so die Stellungnahme: „Sie sind auch für die Athleten die einzige Chance, um dem oft geäußerten Generalverdacht zu begegnen und nachzuweisen, dass sie sauber ihren Sport betreiben.“
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask