Sportrechtsblog

Organisierte Kriminalität im Fussball

Thema: Fußball, Strafrecht & Sport, 28.04.2014

Spieleverschieber Wilson Raj Perumal wurde in Finnland, wo er bereits 2011 wegen Spielemanipulation und Wettbetrugs verhaftet wurde, erneut von den Behörden festgenommen. Die Festnahme beruht diesmal auf einem Haftbefehl, welcher von Singapur erwirkt wurde. Damit droht dem Tamilen die Abschiebung nach Asien. Perumal, welcher mehrfach vorbestraft ist, hat in Singapur eine fünfjährige Haftstrafe anzutreten. Grund ist die Schlägerei mit einem Sicherheitsmann vor einigen Jahren. Ein Gericht soll nun in den kommenden Tagen entscheiden, ob Perumal nach Singapur abgeschoben wird. Interessant für das Verfahren der Auslieferung ist, dass der Tamile Kronzeuge in einem Wettbetrugs-Prozess in Ungarn ist. Folglich befindet er sich in einer Art reduziertem Zeugenschutzprogramm. Die Frage, welche sich in Verbindung mit diesem Programm stellt: „Kann Perumal aufgrund des Schutzes in Ungarn ungestraft weitere Straftaten begehen?“

Die ungarischen Behörden erklärten zur Möglichkeit der Ahnung weiterer Straftaten folgendes: „Er ist Zeuge in diesem Prozess. Aber wenn die Polizei und Staatsanwaltschaft gegen ihn neue Ermittlungen eröffnen, kann er erneut angeklagt werden.“ Die Aussagen von Wilson Raj Perumal sorgten für eine weltweite Verhaftungswelle.

Der Sumpf der Wettmanipulationen erstreckt sich über die ganze Welt. Sowohl in Australien, Asien, Afrika, Amerika als auch in Europa ist die millionenschwere organisierte Kriminalität im Bereich des Fußballs anzutreffen. Sämtliche Ligen und Klassen, seien es nun Amateurpartien, Jugendfussball-, die Champions-League- oder WM-Qulifikationensspiele, sind von der Verschieberei betroffen.

Prof. Dr. Steffen Lask

Prozessbeginn im Ecclestone-Verfahren

Thema: Formel 1, 25.04.2014

Formel-1-Boss Bernie Ecclestone muss sich seit dem gestrigen Donnerstag vor dem Landgericht München I verantworten. Die Anklage lautet auf Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall. Anberaumt sind zunächst 26 Verhandlungstage, 39 Zeugen sollen gehört werden. Ecclestone drohen 10 Jahre Haft. Soweit die Eckdaten.

Der Hintergrund der Vorwürfe seitens der Staatsanwaltschaft ist hingegen komplex und schwer durchschaubar. Vor 8 Jahren soll Ecclestone, um Chef der elitären Formelserie zu bleiben, knapp 44 Millionen USD an Ex-Bayern-LB-Risikovorstand Dr. Gerhard Gribkowsky gezahlt haben. Dass das Geld geflossen ist, wird nicht bestritten. Warum es floss, ist hingegen unklar. Klar ist, dass der Bayern-LB im Rahmen der Kirch-Pleite nahezu 50 Prozent der Formel-1-Anteile zugefallen waren. Zuständig für den Verkauf eben dieser Anteile war Dr. Gribkowsky. Diesen umgarnte Ecclestone. Schlussendlich verkaufte die Bayerische Landesbank an das – dem nunmehr 83-jährigen genehme – Investmentunternehmen CVC Capital Partners, welches kurz darauf Ecclestone zum Geschäftsführer erklärte.

Dr. Gribkowsky, welcher im Rahmen der selbigen Affäre im Juni 2012 zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren und 6 Monaten verurteilt wurde, wird als Kronzeuge aussagen. Er ist mittlerweile Freigänger und könnte Ecclestone womöglich schwer belasten. Deshalb erklärte die Verteidigung im Namen von Bernie Ecclestone bereits am ersten Verhandlungstag vorsorglich, Dr. Gribkowsky habe in entscheidenden Punkten die Unwahrheit gesagt. Beweise hierfür sollen nach der Kronzeugenvernehmung, welche am 9. Mai starten soll, folgen. Im Übrigen sieht sich Ecclestone nicht als Täter, sondern als Opfer. Nicht er habe Dr. Gribkowsky bestochen, sondern dieser ihn erpresst. Er habe Ecclestone damit gedroht, ihn bei den Steuerbehörden zu denunzieren. „Er wollte Geld“, so das Formel-1-Oberhaupt. „Ich sah mein Lebenswerk in Gefahr“, hieß es weiterhin in seiner Erklärung.

Interessant ist, Richter Peter Noll urteilte bereits im Verfahren gegen Dr. Gribkowsky. Zur Korruption gehört neben dem Bestochenen bekanntlich auch der Bestecher. Wie wird die Verteidigung versuchen, diese Logik zu umgehen?

Bleibt abzuwarten, wie sich das Verfahren entwickelt. Wir bleiben dran.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

„Man hat an mir ein Verbrechen begangen!“

Thema: Sportrecht, Strafrecht & Sport, 24.04.2014

Rubin Carter starb am Sonntag im Alter von 76 Jahren in Toronto an Prostatakrebs. Er war ein amerikanischer Boxer mit dem Spitznamen „Hurricane“, welcher als Opfer der rassistischen amerikanischen Justiz zu einer Symbolfigur wurde.

In den frühen sechziger Jahren gehörte Carter zu den Besten seiner Klasse. Markenzeichen war sein äußeres Erscheinungsbild: ein Schnurrbart, eine rasierte Glatze sowie ein angsteinflößender Blick. Das durchtrainierte junge schwarze Mittelgewicht verdankte seinen Boxerfolg vor allem seiner gefrüchteten harten Linken.

1966 endete seine Boxkarriere abrupt. Er wurde eines Nachts festgenommen und des Mordes an drei Weißen bezichtigt. Trotzdem er seine Unschuld stets beteuerte, lautete das Urteil: Freiheitsstrafe von „Dreimal lebenslänglich“. Der Schuldspruch basierte ausschließlich auf einer einzigen belastenden Zeugenaussage, welche sich später als falsch erwies.

Die Kämpfernatur gab jedoch nicht auf. So schrieb er seine Geschichte, „The Sixteenth Round“, auf und erlangte durch die Veröffentlichung des Buches große Aufmerksamkeit. Bob Dylan widmete ihm beispielsweise damals einen Song, „Hurricane“.

Ergebnis war eine Wiederaufnahme des Verfahrens, dessen Ende allerdings mit einem erneuten Schuldspruch im Jahre 1976 deprimierend war. Erst nach abermaligem Aufrollen des Verfahrens und der Feststellung von „groben Verfahrensverstößen“, woraufhin die Staatsanwaltschaft die Klage fallen ließ, wurde Carter 1985 nach knapp 20 Jahren Haft freigesprochen. Der Bundesrichter stellte in dem letzten Verfahren fest, dass sich die Staatsanwaltschaft und die Polizeibeamten von Rassismus leiten ließen sowie Beweismittel manipulierten.

Große Beachtung fand die Verfilmung der Misere im Jahre 1999 unter dem Titel „Hurricane“, worin Denzel Washington die Hauptrolle spielte: „Ich bin unschuldig. Man hat an mir ein Verbrechen begangen.“

Sowohl der Film als auch das gleichnamige Lied werden dafür Sorge tragen, dass Carter stets in Erinnerung bleiben wird. So sang Bob Dylan: „Ich kann mir nicht helfen, aber ich schäme mich, in einem Land zu leben, in den Gerechtigkeit nur ein Spiel ist“.

Prof. Dr. Steffen Lask

Sperre bis 2022 für Radsportmanager Bruyneel

Thema: Doping, Radsport, 24.04.2014

Ein unabhängiges US-Schiedsgericht (AAA) hat gegen den langjährigen Teamchef von Lance Armstrong eine Sperrfrist von 10 Jahren verhängt. Johan Bruyneel sei der „Apex der Konspiration“ in Bezug auf sämtliche Dopingpraktiken in den Radsportteams US Postal und Discovery Channel gewesen, so die Urteilsbegründung. Mit eben diesen Teams fuhr Armstrong zwischen 1999 und 2005 zu 7, nunmehr aberkannten, Tour-de-France-Triumphen. Die Sanktion wurde rückdatiert, sodass die Sperrzeit am 11. Juni 2022 endet.

Bruyneel reagierte teilweise einsichtig. Er bestreite nicht, dass es „einige Momente in [seiner] Karriere gab, von denen [er] sich gewünscht hätte, sie wären anders verlaufen“, so der Belgier in seinem Blog. Allerdings erkenne er die Zuständigkeit des AAA und der amerikanischen Anti-Doping-Agentur (USADA), welche im Jahr 2012 Anklage erhob, nicht an. „Ich bin belgischer Staatsbürger und residiere in Großbritannien“, lautet die simple Begründung. Bruyneel überlege noch, ob er den Schiedsspruch anfechten und vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) ziehen möchte, heißt es weiterhin in seiner Stellungnahme.

Erst kürzlich belastete Lance Armstrong seinen ehemaligen Mentor unter Eid. Bemerkenswert ist zudem, dass Bruyneel nach Ende der Armstrong-Ära auch den im Jahr 2010 des Dopings überführten Alberto Contador als sportlicher Leiter zu Tour-de-France-Gesamtsiegen führte.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Sportrecht vs. Zivilrecht

Thema: Fußball, 23.04.2014

Seit nunmehr sieben Jahren kämpft der SV Wilhelmshaven, Tabellenfünfzehnter der Regionalliga Nord, gegen den Weltfußballverband Fifa. Bislang wurde der Kampf ausschließlich vor den Sportgerichten ausgetragen. Die Fifa führt demnach immer noch. Allerdings könnte sich das Blatt bald wenden. Der SV wechselt den Spielort, sodass jetzt das Landgericht Bremen entscheidet. Verhandelt wird am Freitag, den 25.April 2014. Auslöser für den Streit war eine Rechnung in Höhe von 157.500 Euro gemäß Fifa-Statuten. So soll sich der SV Wilhelmshaven an den Ausbildungskosten für Sergio Sagarzazus beteiligen. Der Spieler wurde 2007 zum SV geholt. Erst als er den Verein längst wieder verlassen hatte, forderten River Plate und Atlético Excursionistas das Geld ein.

Die sogenannte Ausbildungsentschädigung entspricht zwar den Vorschriften der Fifa, jedoch gelten vor den Zivilgerichten andere Gesetze, welches auch schon der Fall „Pechstein“ beispielhaft zeigte. So garantiert die Verfassung mit Artikel 12 des Grundgesetzes die Berufsfreiheit. Viele Juristen sehen durch eine Ausbildungsentschädigung diese Grundfreiheit gefährdet. Bereits in einem Verfahren von 2005 urteile das Oberlandesgericht Oldenburg in einem vergleichbaren Fall: „Die Regel verletzt das Recht der Fußballer, ihren Beruf frei zu wählen.“ Auch der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass allenfalls tatsächliche Kosten bei einer Ausbildungsentschädigung berücksichtigt werden dürfen.

Die Fifa ist der Meinung, dass die Regeln des Verbandes für alle gelten müssten, da ein internationaler Verband nicht die Gesetze von zweihundert Ländern berücksichtigen könnte. Seitens des DFB heißt es: „Internationale Rechtsbeziehungen im Sport können nur funktionieren, wenn sich alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Regelwerk bekennen und sich nicht nur dann daran gebunden fühlen, wenn sie sich einen Vorteil davon versprechen.“ Der Anwalt des SV Wilhelmshaven, Harald Naraschewski, argumentiert hierauf: „Wenn die Fifa die Idee aus dem Iran übernehmen würde, Spieler nach Niederlagen auszupeitschen – müssten wir das dann auch?“ Zudem stellt er zutreffend fest: „Stellen Sie sich mal vor ein Betrieb will einen Maurerlehrling übernehmen und soll einem anderen Betrieb 50.000 Euro für dessen Ausbildung zahlen!“ Dies wäre ein großer Nachteil für den Maurer und würde dessen berufliche Laufbahn und Jobsuche stark beeinflussen. „Warum soll das im Fußball anders sein?“

Darüber hinaus macht Naraschewski darauf aufmerksam, dass dem SV aufgrund des langen Prozesses bereits ein Schaden entstanden sei. Durch die Strafe des wiederholten Punktabzuges ist die Begeisterung für den Verein gesunken und Zuschauer blieben zu Hause. Auch wären Verhandlungen mit Sponsoren erschwert worden. Er sieht die Existenz des Vereins bedroht und erwägt mittlerweile sogar eine Schadensersatzklage. Es bleibt demnach abzuwarten, wie die ordentlichen Gerichte die Sachlage beurteilen.

Prof. Dr. Steffen Lask