Der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshof (BGH) hat am vergangenen Mittwoch, den 04.05.2022, über die Frage zu entscheiden, ob die Betreiberin eines Fitnessstudios zur Rückzahlung der Beiträge verpflichtet ist, die sie in der Zeit der coronabedingten Schließungen per Lastschriftverfahren von den Konten ihrer Mitglieder eingezogen hatte.
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin mit den Betreibern des Fitnessstudios einen zweijährigen Vertrag mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von 29,90 € geschlossen.
Während der pandemiebedingten, hoheitlich angeordneten Schließungen des Studios zog die Betreiberin den Mitgliedsbeitrag weiter ein.
Der Kläger forderte diese Beiträge oder zumindest einen angemessenen Wertgutschein nach ordnungsgemäß erfolgter Kündigung des Vertrages zurück.
Dies lehnten die Betreiber ab und boten dem Kläger nur eine „Gutschrift über Trainingszeit“ an.
Sowohl bereits das Amtsgericht, als auch das in der Berufungsinstanz angerufene Landgericht gaben dem Kläger recht und verurteilten die Betreiber zur Rückzahlung der Mitgliedsbeiträge.
Nun entschied in der Revision ebenso der BGH, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der Mitgliedsbeiträge zustehe, gem. §§ 275 I, 326 I 1, IV, 346 I 1 BGB.
Die Betreiberin des Fitnessstudios kann diesem Anspruch nicht entgegenhalten, dass der Vertrag gem. § 313 I BGB wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen sei.
Der BGH argumentierte, dass hier trotz nur vorübergehender Schließung des Fitnessstudios, eine rechtliche Unmöglichkeit gem. § 275 I BGB gegeben sei. Denn es werde vom Betreiber des Fitnessstudios gerade eine fortlaufende Möglichkeit zur Benutzung der Trainingsgeräte und -räumlichkeiten geschuldet, diese sei für einen Fitnessstudiovertrag, dessen Zweck in der regelmäßigen sportlichen Betätigung und Erreichung bestimmter Fitnesszielen liege, maßgeblich. Daher ist eine regelmäßige Benutzungsmöglichkeit für den Vertragspartner von erheblicher Bedeutung. Und das kann auch nicht nachgeholt werden, wenn es aufgrund von hoheitlich angeordneten Schließungen zu einem Nutzungsausfall kommt.
Der BGH entschied weiter, dass das Konkurrenzverhältnis zwischen § 275 I und § 313 BGB so auszulegen sei, dass eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB nicht in Betracht komme, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die Unmöglichkeit der Leistung, die Folge der Vertragsstörung bestimme. § 313 BGB findet demnach nur bei Nichtvorliegen einer Unmöglichkeit Anwendung.
Ein weiterer Grund weshalb § 313 BGB keine Anwendung findet, ist, dass der Gesetzgeber mit dem Art. 240 § 5 EGBGB eine Reglung zur Verteilung des Risikos bei Geschäftsgrundlagenstörung geschaffen hat.
Hier entschied der Gesetzgeber, um das wirtschaftliche Risiko für Unternehmen einzugrenzen, dass eine sog. „Gutscheinlösung“ geschaffen wird, bei der die Verbraucher für den Ausfall von Freizeitveranstaltungen einen entsprechenden Wertgutschein für neue Veranstaltungen erhalten sollten. Zumindest dies sei hier ebenso für Fitnessstudioverträge anwendbar.
Für die Fitnessstudios ergibt sich hier durchaus eine Gefahr, dass nun eine Welle von Rückzahlungsforderungen auf sie zukommt.
Die Argumentation und Lösung des BGH ist überzeugend. Gerade die angesprochene „Gutscheinlösung“ erscheint auch hier für beide Seiten ein gerechter Ausgleich zu sein.
Severin Lask / Steffen Lask