Sportrechtsblog

Deal im Ecclestone-Prozess?

Thema: Formel 1, Strafrecht & Sport, 04.08.2014

Im Ecclestone-Prozess bahnt sich eine Verständigung an, welche mit einer Geldauflage nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) in neue Dimensionen vordringen dürfte. Nach zitierter Norm ist eine Einstellung unter Auflagen und Weisungen möglich, „wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht.“ Im Fall des 83-jährigen Formel-1-Moguls sollen es satte 100 Millionen USD sein; das sind umgerechnet 74.5 Millionen EUR! Laut Medienberichten habe sich die zuständige Staatsanwaltschaft auf eben diesen Betrag mit Ecclestone geeinigt. Sollte die Strafkammer ebenfalls zustimmen, wäre der Prozess gegen Ecclestone beendet.

Sogleich meldeten sich prominente Persönlichkeiten zum bevorstehenden Ereignis. „Ich kann das für die Formel 1, für Mercedes und alle anderen Teams nur begrüßen, weil Bernie sich dann wieder voll auf die Formel 1 konzentrieren und zusammen mit den Teams die bestehenden Probleme lösen kann“, sagte Nikki Lauda, Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, ehemalige Bundesjustizministerin, äußerte hingegen Kritik: „In meinen Augen darf in dieser Dimension nicht mit der Justiz, mit der Gerechtigkeit gehandelt werden.“ Es sei genau das, was man von Justiz nicht erwarte, betonte die FDP-Politikerin.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Verwirklicht Trikotzerreißen § 90a StGB?

Thema: Leichtathletik, Strafrecht & Sport, 04.08.2014

Medienberichten zufolge soll Robert Harting eine Mail erreicht haben, in der ihm mit strafrechtlichen Konsequenzen angedroht werde, sollte er zukünftig sein Sporttrikot zerreißen. Harting, der sein Wettkampfshirt samt aufgesticktem Bundesadler nach internationalen Siegen planmäßig und zeremoniell zweiteilt, bezeichnet die Ankündigung des Unbekannten als „völlige[n] Schwachsinn“. „Da hat jemand Erfolg, einem anderen passt das nicht und dann wird angefangen, Dinge zu suchen und irgendetwas zu konstruieren.“

Ist das Trikotzerreißen tatsächlich strafbar? Ein Blick ins Strafgesetzbuch (StGB) bringt Klarheit:

Nach § 90a StGB ist die Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole strafbewehrt. Nach Abs. 2 „wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt.“

Ein Beschädigen, gar Zerstören liegt zwar nahe. Zudem ist der Bundesadler auf der Brust von Harting auch öffentlich angebracht, denn dadurch ist er für jedermann sichtbar. Allerdings wird das vermeintliche Hoheitszeichen nicht auf Veranlassung einer staatlichen oder kommunalen Behörde auf dem Trikot des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) platziert. Stets entscheidend ist, ob im Einzelfall nach Art, Ort und Zweck der Verwendung die Eigenschaft als Hoheitszeichen erfüllt wird. Unseres Erachtens ist dies beim Trikotadler – ebenso wie bei einem als Festschmuck verwendeten Staatssymbol – nicht der Fall. Insoweit ist die Gelassenheit von Harting berechtigt.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Geht die Dopingjagd zu weit?

Thema: Doping, 30.07.2014

Doping II

Am Fall Kraus zeichnet sich derzeit ein Exempel, welches die Dopingkontrollmaßnahmen der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) beleuchtet. Nicht die Verwendung unerlaubter Substanzen, sondern Meldepflicht- und Kontrollversäumnisse wurden dem Handballprofi zum Verhängnis und führten zu einer vorläufigen Suspendierung. Athleten haben fortwährend Angaben über Aufenthaltsort und Erreichbarkeit in das Anti-Doping Administrations und Management System (ADAMS) einzutragen. Dadurch sollen etwaige Dopingvergehen außerhalb von Wettkämpfen verhindert werden. Ein Blick auf die Details des Meldesystems macht deutlich, dass umfassende Informationen eingeholt werden. So sollen betroffene Sportler mitunter den Erstwohnsitz und gewöhnlichen Aufenthaltsort, die E-Mail-Adresse, Festnetz- und Mobilfunknummer, Ort und Zeit des Trainings und der Trainingslager übermitteln. Regelmäßige Tätigkeiten unterliegen einer Quartalsmeldung.

Diese Pflichten, denen die Athleten gerecht werden müssen, lassen die Frage aufkommen, ob die Maßnahmen der NADA notwendig oder ungerechtfertigt sind. Geht die NADA zu weit oder sind solch strenge Vorgaben unumgänglich, um einen dopingfreien Sport gewährleisten zu können?

Jedenfalls stößt das Anti-Doping-Programm auf Kritik, nicht nur bei Athleten, die sich in ihren Grundrechten verletzt sehen. Tatsächlich erscheint ein Grundrechtseingriff nicht abwegig. Entscheidend ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.

Die NADA weicht der Kritik unter Verweis auf die gültigen Regeln der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) aus. „Ein effektives und qualitativ auf hohem Niveau stehendes Kontrollsystem braucht unangekündigte, unberechenbare Kontrollen“, so die Stellungnahme: „Sie sind auch für die Athleten die einzige Chance, um dem oft geäußerten Generalverdacht zu begegnen und nachzuweisen, dass sie sauber ihren Sport betreiben.“

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Die Causa Rehm

Thema: Leichtathletik, 29.07.2014

Leichtathletik III

Die Sportwelt ist derzeit in Erwartung einer Grundsatzentscheidung. Grund hierfür ist Markus Rehm, unterschenkelamputierter Weitspringer, der bei der diesjährigen deutschen Meisterschaft nicht nur den ersten Platz belegte, sondern obendrein die vorgegebene Norm für die Nominierung zur Europameisterschaft erfüllte. Er sprang bei geforderten 8.05 Meter satte 8.24 Meter. Nunmehr ist der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) gefordert, den 25-jährigen Goldmedaillengewinner der Paralympischen Spiele von London zu nominieren. Entscheidend ist, ob Rehms Prothese zu den natürlichen Gegebenheiten der übrigen Sportler (ohne Handicap) vergleichbar ist oder ggf. einen Vorteil verschafft, der einen Start fragwürdig erscheinen lassen würde.

Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, hat der DLV eine biomechanische Analyse der Sprünge von Markus Rehm angefordert. Geklärt werden soll, ob Rehms Karbonprothese ein unerlaubtes Hilfsmittel darstellt. Am Mittwoch soll das Team für die Europameisterschaft in Zürich vom 12. bis 17. August bekanntgegeben werden. In jedem Fall möchte Rehm auf juristische Schritte verzichten. „Ich habe keine große Lust, die EM-Teilnahme einzuklagen“, sagte der gebürtige Göppinger.

Für Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) Karl Quade ist die Sache klar: „Ich sehe keinen Grund, warum er es nicht tun sollte. Er hat ihn springen lassen, ihn gewertet und als Deutschen Meister ausgezeichnet.“ In der Tat wirft die Vorgehensweise des DLV Fragen auf. Warum ließ er Rehm überhaupt starten? Was hat der DLV im Vorfeld versäumt? „Die Wettkampfregel 144 besagt, dass ein Sportler nur dann vom Wettkampf ausgeschlossen werden kann, wenn er einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil erlangt, zum Beispiel durch eine Prothese“, so Thomas Kurschilgen, DLV-Sportdirektor: „Das haben die Schiedsrichter in Ulm nicht eindeutig bewerten können, deshalb durfte er unter Vorbehalt starten.“

Scheint so, als hätte der DLV eine grundsätzliche Entscheidung aufgeschoben. Nun, da Rehm eine außerordentliche Leistung ablieferte, muss der DLV in einer größeren Dimension entscheiden – nicht nur vor deutschem, sondern vor internationalem Publikum.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask

Real vs. DFB

Thema: Fußball, 25.07.2014

Die Supermarktkette Real hat die Löschung des Adler-Logos des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) als Marke beantragt. Der DFB hatte zuvor eine einstweilige Verfügung gegen Real auf Untersagung des Verkaufs von Artikeln mit dem nunmehr im Mittelpunkt stehenden Adler-Logo beantragt. Eine diesbezügliche Entscheidung des Landgerichts München I soll am 7. August verkündet werden.

Staatswappen und andere staatliche Hoheitssymbole der Bundesrepublik Deutschland sind ein absolutes Schutzhindernis. Sollte der Adler, der die deutschen Fußballtrikots ziert, als ein solches eingestuft werden, könnte der Markenschutz aufgehoben werden. Exklusive Vermarktungsrechte würden erlöschen. Der DFB argumentiert hingegen, es handele sich nicht um staatliche Symbole, sondern um das Verbandswappen, welches seit den 1920er Jahren bestünde.

Womöglich könnte das europäische Markenrecht, wonach die Nutzung eines Hoheitszeichens mittels Ausnahmegenehmigung möglich ist, als Schutzschild dienen. „Da die Bundesrepublik gehalten ist, sich richtlinienkonform zu verhalten, müsste dies auch in Deutschland akzeptiert werden, vorausgesetzt, die Bundesrepublik hat eine Genehmigung erteilt oder holt dies noch nach“, so Prof. Dr. Peter Krebs.

Bleibt abzuwarten, wie sich der Markenrechtsstreit entwickelt. Im Falle eines Real-Obsiegens dürften wohl niedrigere Trikotpreise in Aussicht stehen.

Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask