Erneut gibt es schwere Vorwürfe gegen den russischen Sport. Vorwürfe, die vom Tenor her nicht neu sind. Es geht um strukturelles Doping im russischen Wintersport, konkret um Dopingvergehen während der Olympischen Winterspiele in Sotschi. Beschuldigt werden Athleten, Medaillengewinner, Olympiasieger ebenso wie die Sportführung des Landes und zwar durch den früheren Chef des russischen Doping-Kontrolllabors, Grigori Rodschenkow, der sich mittlerweise in die USA abgesetzt und dort sein angebliches Wissen in einem Interview preisgegeben hat. Den Inhalt seiner Beschuldigungen kann man nachlesen, das Interview ist veröffentlicht in der New York Times.
Es sei mit Hilfe der Sportführung Russlands und des Geheimdienstes FSB – man stand in Sotschi aus russischer Sicht unter enormen Erfolgsdruck – bereits im Vorfeld der Olympischen Spiele an regelrechten Doping-Cocktails gearbeitet worden. Es sei ein System der nachträglichen Vertuschung installiert worden, welches Rodschenkow detailliert und sehr substantiiert seinen Interviewpartner schildert. Er belegt seine Anschuldigungen mit angeblichen Mails, die er vom Ministerium für Sport erhalten haben will. Darin seien jeweils die Namen der Athleten mitgeteilt worden, deren Dopingproben ausgetauscht werden müssten, was er schließlich veranlasst habe. Er nennt Namen, u.a. den Bobpiloten Alexander Zubkow und den Olympiasieger im Skilanglauf Alexander Legkow.
Was ist dran an diesen Beschuldigungen? Wer überprüft die Vorwürfe? Mit welchen Konsequenzen? Viele Fragen, auf die es hoffentlich bald ansatzweise Antworten gibt.
Wir bleiben dran.
Steffen Lask
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Am Donnerstag letzter Woche veröffentlichte die WADA den 2014 Anti-Doping Rule Violations (ADRVs) Report. Der Jahresbericht gibt einen Überblick zu den Dopingverstößen im Jahr der Olympischen Winterspiele in Sotschi, der Winter-Paralympics in Sotschi, den Commonwealth Games in Glasgow, der Basketball-Weltmeisterschaft in Spanien, der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien und der Handball-Europameisterschaft in Dänemark. Deutschland schneidet im Ländervergleich gut ab.
Insgesamt sind 1.693 Verstöße dokumentiert. Davon entfallen 148 – und damit die meisten – auf Russland. Im Negativranking folgen Italien (123), Indien (96), Belgien und Frankreich (jeweils 91). Nach Sportarten geordnet ergibt sich folgendes Bild: Leichtathletik (248), Bodybuilding (225) und Radsport (168) führen die Liste wohl kaum überraschend an. Aber auch die im Zusammenhang mit Doping weniger im Fokus der Medien stehenden Fußballspieler (80), Boxer (49) und Rugbyspieler (40) finden sich im Jahresbericht relativ weit oben wieder. Positiv fällt auf, dass die Anzahl der Dopingverstöße im Vergleich zum Vorjahr (2013) regressiv ist. Insgesamt ist ein Rückgang um 13.31 % (1.953 Verstöße im Jahr 2013) festzustellen. Dabei sind 2014 (nur) noch 109 Länder (115 Länder im Jahr 2013) und 83 Sportarten (89 Sportarten im Jahr 2013) vertreten. Deutschland ist mit 20 Verstößen vertreten. Im Einzelnen untergliedern sich diese in 18 Wettkampfverstöße, einen Verstoß außerhalb von Wettkämpfen und einen Non-Analytical-Verstoß. Eine einzelne Sportart sticht nicht hervor.
Weitere Einzelheiten und Schaubilder können über den oben eingebetteten Link eingesehen werden.
Dennis Cukurov / Steffen Lask
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Ein neuer Dopingfall erschüttert die Welt des Sports. Dieses Mal trifft es (erneut) den Fußball und damit eine Sportart, bei der Doping nicht viel bringe, behaupteten jedenfalls in jüngerer Vergangenheit beispielsweise Jürgen Klopp, Mehmet Scholl und Robin Dutt. Diese These will scheinbar auch Darmstadt-Profi Sandro Wagner untermauern. Angesprochen auf den aktuellen Fall des Liverpool-Abwehrspielers Mamadou Sakho erklärte der Bundesliga-Torjäger: „Ich glaube nicht, dass Doping im Fußball ein großes Thema ist. Ich kenne alle meine Kollegen und ich denke nicht, dass Doping im Mannschaftssport viel hilft.“
Eine Gegenansicht vertritt u.a. der Anti-Doping-Experte Prof. Werner Franke: „In der zweiten Halbzeit wirken sich Epo und sogenannte Epo-Mimetika fantastisch aus. Die Spieler sind so gut wie in der ersten Hälfte. Keine Ermüdungserscheinungen mehr“. So oder so ähnlich auch im Fall Sakho? Mamadou Sakho, beinharter Verteidiger und Schütze des zwischenzeitlichen 3:3 gegen Borussia Dortmund im Europa-League-Viertelfinale, wurde positiv auf einen nicht erlaubten Fatburner getestet; und zwar schon nach dem Europa-League-Achtelfinal-Rückspiel gegen Manchester United. Gegen die Schwarz-Gelben kam der 26-Jährige sowohl im Hin- als auch im Rückspiel über die volle Spieldistanz zum Einsatz. Klingt ganz so, als wären genügend Anhaltspunkte gegeben, um Schritte gegen die Spielwertung(en) einzuleiten. Dennoch bleibt der Bundesligist passiv und akzeptiert das Ausscheiden.
Im Rudern etwa oder in der Leichtathletik hingegen wird das Wettkampfergebnis richtigerweise korrigiert. Im Fußball nicht. Einleuchtend ist zwar der Gedanke, dass Fußball ein Mannschaftssport ist und das Fehlverhalten eines Einzelnen vergleichsweise weniger ins Gewicht fällt. Indes zeigt nicht nur der Fall der Potsdamerinnen Stephanie Schiller, Christiane Huth, Jeannine Hennicke und Magdalena Schmude, die 2007 nachträglich mit WM-Bronze im Doppelvierer (Rudern) geehrt wurden, weil das Rennresultat des russischen Bootes aufgrund Dopings einer einzigen Athletin annulliert wurde, dass auch Mannschaftsdisziplinen einer Korrektur unterliegen. Warum dann nicht auch im Fußball?
Es scheint fast so, als würde die Fußballwelt nach den Korruptionsskandalen weitere Negativschlagzeilen vermeiden wollen. Totschweigen kann ein Mittel sein. Indes ist es dann aber auch nicht verwunderlich, wenn der Staat mit Anti-Doping-Gesetzen für die Glaubwürdigkeit des Sports ficht. Der (Fußball-)Sport ist dazu scheinbar nicht bereit.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
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Um Felix Sturm machten kürzlich negative Schlagzeilen die Runde. Der amtierende Box-Superweltmeister im Supermittelgewicht (WBA) soll gedopt haben. Dies legt zumindest eine positive A-Probe nahe. Im Organismus des 37-Jährigen wurde laut Medienberichten die anabole Substanz Hydro-XY-Stanozolol gefunden, und zwar nach dem WM-Rückkampf gegen Fjodor Tschudinow. Sturm streitet die Dopingvorwürfe ab, will im Zuge dessen eine umfassende Auflistung über die zwölf Wochen vor dem besagten Kampf aufgenommenen Substanzen anfertigen lassen. Es wäre „nichts dabei, was den Befund erklären könnte“, so der Athlet.
Felix Sturm ist wie andere Profiboxer Mitglied im Bund Deutscher Berufsboxer (BDB). Damit unterliegt er dessen Regeln, die Dopingkontrollen lediglich nach Titelkämpfen vorsehen. Im Gegensatz zu Sportlern, die den NADA-Testpools zugehörig sind, unterliegen BDB-Mitglieder keinen Trainingskontrollen. Aus finanziellen Gründen, heißt es. Allein dieser Umstand, der die Fairness in Frage stellt, löst Bedenken aus.
Der Sachverhalt hat eine strafrechtliche Komponente. Das Anti-Doping-Gesetz gilt seit dem 18.12.2015. Danach ist das Selbstdoping im Spitzensport unter Strafe gestellt. Es drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren.
Im Fall Sturm bleibt zunächst die B-Probe abzuwarten.
Dennis Cukurov / Prof. Dr. Steffen Lask
Bei der Leichtathletik-WM in Peking stehen Medienberichten zufolge die 400-Meter-Läuferin Joyce Zakary und die Hürdenläuferin Koki Manunga unter Dopingverdacht. Zakary war im Vorlauf in 50,71 Sekunden Landesrekord über 400 m gelaufen. Zum Halbfinale ist sie aber ohne Angabe von Gründen nicht angetreten. Manunga war bereits in der ersten Runde über 400 m Hürden klar ausgeschieden. Beide Athletinnen seien positiv auf ein maskierendes Mittel einer bisher unbekannten Dopingsubstanz getestet worden.
Bereits im Vorfeld der WM war der kenianische Leichtathletikverband Athletics Kenya wiederholt schweren Dopingvorwürfen ausgesetzt. In den vergangenen Jahren sind eine ganze Reihe von Athleten aus Kenia wegen Dopings gesperrt worden. Die neuen Vorfälle könnten die bisher überragenden Leistungen der Kenianer bei der WM überschatten. Nach vier Wettkampftagen führt Kenia im Medaillenspiegel mit insgesamt neun Medaillen deutlich.
Fabian Scharpf / Prof. Dr. Steffen Lask