BGH bestätigt Abberufung von Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH

(23.07.2024)

Nun ist klar, was seit Anfang Juni bereits absehbar war: Die Abberufung von Martin Kind als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH ist rechtmäßig. Dies urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in letzter Instanz am 16.07.2024 (BGH, Urteil vom 16.07.2024 – II ZR 71/23) und beendete damit einen zweijährigen Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Geschäftsführer und dem Verein. Ein weiteres Rechtsmittel hat Kind nicht.

Kind war 1997 zum Präsidenten von Hannover 96 gewählt worden. 1999 gliederte er den Profifußballbereich in die Hannover 96 GmbH & Co. KGaA, zu deren Geschäftsführung ausschließlich die Komplementärin, die Hannover 96 Management GmbH, berechtigt ist, aus. Letztere gehört zu 100% dem Mutterverein Hannover 96 e.V. In diesem Bereich war Kind fortan – mit Ausnahme von 2005 bis 2006 – ununterbrochen Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer, ehe die Führung des Muttervereins Hannover 96 e.V. „Martin Kind […] als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH mit sofortiger Wirkung aus wichtigen Gründen“ abberief, wie der Verein am 27.07.2022 auf seiner Homepage mitteilte.

Hintergrund dieser Abberufungsentscheidung war, dass Kind in der Vergangenheit mehrfach Weisungen des Muttervereins nicht beachtet und damit gegen die sog. 50+1-Regel verstoßen haben soll. Diese besagt, dass der Mutterverein stets die Mehrheit der Stimmrechte an der Kapitalgesellschaft, in welche die Profifußballabteilung ausgegliedert ist, halten muss. Sie soll dazu dienen, die Identität der Fußballvereine zu bewahren und zu verhindern, dass Vereinsfremde die Kontrolle übernehmen und eigene wirtschaftliche Interessen über Vereinsinteressen stellen. Der Mutterverein wirft Kind vor, seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt sowie Informationen und Zahlungen vorenthalten zu haben.

Kind verlangte mit seiner Klage die Feststellung, dass der Beschluss über seine Abberufung nichtig ist. Noch die Vorinstanzen – das LG Hannover sowie das OLG Celle – hatten zugunsten Kinds geurteilt und die Nichtigkeit des Beschlusses festgestellt. Die Nichtigkeit ergebe sich aus § 241 Nr. 3 AktG, da er mit dem Wesen der GmbH nicht vereinbar sei. Der Beschluss sei nicht vom Aufsichtsrat der beklagten Hannover 96 Management GmbH gefasst worden. Hierdurch liege zugleich ein Verstoß gegen die Satzung der Hannover 96 Management GmbH und den Hannover-96-Vertrag vor. Diese regeln, dass der Geschäftsführer nicht vom Alleingesellschafter, dem Mutterverein, sondern nur vom Aufsichtsrat der GmbH bestellt oder abberufen werden darf. Daneben, so die Gerichte weiter, sei der Abberufungsbeschluss auch sittenwidrig und damit analog § 241 Nr. 4 AktG nichtig. Er erweise sich als in besonderem Maße treuwidrig, weil sich der Alleingesellschafter seiner im Hannover-96-Vertrag eingegangenen Bindung bewusst gewesen sei und er die satzungsmäßige Kompetenzverteilung bewusst unterlaufen habe.

Der BGH führte nun aus, es habe bei der Abberufung zwar Verstöße gegen einige interne Regelungen gegeben. Um den Beschluss der Gesellschaftsversammlung für nichtig zu erklären, reiche dies aber nicht aus. Nur eine Verletzung der tragenden Strukturprinzipien des GmbH-Rechts könnten eine Unvereinbarkeit des Beschlusses mit dem Wesen der GmbH begründen. Satzungsbestimmungen, die dem fakultativen Aufsichtsrat der Gesellschaft die Kompetenz der Abberufung der Geschäftsführer zuwiesen, gehörten nicht hierzu, so dass § 241 Nr. 3 AktG nicht einschlägig sei. Gleiches gelte hinsichtlich § 241 Nr. 4 AktG. Der Verstoß gegen eine Satzungsbestimmung mache einen Gesellschafterbeschluss anfechtbar, aber nicht sittenwidrig. Eine Anfechtung des Beschlusses indes sei durch Martin Kind nicht möglich, da er nicht Gesellschafter der GmbH sei, so der Pressesprecher des BGH, Kai Hamdorf.

Trotz des Urteils bleibt Kind bei Hannover 96 tätig. Er wird künftig in den Aufsichtsrat der Hannover 96 GmbH & Co. KGaA wechseln und weiterhin unter anderem als Geschäftsführer der Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co. KG sowie der Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG fungieren.

Direkte Auswirkungen auf die 50+1-Regel im deutschen Profifußball hat die Entscheidung des BGH nicht. Die beteiligten Gerichte stellten stets klar, dass es in dem Verfahren lediglich um die Wirksamkeit der Abberufung an sich und nicht etwa die Wirksamkeit der 50+1-Regelung gehe. Ob und wie die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auf das Urteil reagieren werden, bleibt abzuwarten. Jedenfalls aber ist nun ein entschiedener Gegner der 50+1-Regel nicht mehr in einer geschäftsführenden Position. Eine Klage Kinds gegen die 50+1-Regel dürfte somit zunehmend unwahrscheinlicher werden. Kind hatte jahrelang vergeblich versucht, als langjähriger Förderer von Hannover 96 eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regelung zu erhalten, um die Stimmenmehrheit übernehmen zu können. Dies dürfte sich mit der Bestätigung der Abberufung als Geschäftsführer nun erübrigt haben.

 

Jannik Fritz / Steffen Lask

 

 

 

 



Autor:
Steffen Lask
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