Sportrecht vs. Zivilrecht
(23.04.2014)
Seit nunmehr sieben Jahren kämpft der SV Wilhelmshaven, Tabellenfünfzehnter der Regionalliga Nord, gegen den Weltfußballverband Fifa. Bislang wurde der Kampf ausschließlich vor den Sportgerichten ausgetragen. Die Fifa führt demnach immer noch. Allerdings könnte sich das Blatt bald wenden. Der SV wechselt den Spielort, sodass jetzt das Landgericht Bremen entscheidet. Verhandelt wird am Freitag, den 25.April 2014. Auslöser für den Streit war eine Rechnung in Höhe von 157.500 Euro gemäß Fifa-Statuten. So soll sich der SV Wilhelmshaven an den Ausbildungskosten für Sergio Sagarzazus beteiligen. Der Spieler wurde 2007 zum SV geholt. Erst als er den Verein längst wieder verlassen hatte, forderten River Plate und Atlético Excursionistas das Geld ein.
Die sogenannte Ausbildungsentschädigung entspricht zwar den Vorschriften der Fifa, jedoch gelten vor den Zivilgerichten andere Gesetze, welches auch schon der Fall „Pechstein“ beispielhaft zeigte. So garantiert die Verfassung mit Artikel 12 des Grundgesetzes die Berufsfreiheit. Viele Juristen sehen durch eine Ausbildungsentschädigung diese Grundfreiheit gefährdet. Bereits in einem Verfahren von 2005 urteile das Oberlandesgericht Oldenburg in einem vergleichbaren Fall: „Die Regel verletzt das Recht der Fußballer, ihren Beruf frei zu wählen.“ Auch der Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass allenfalls tatsächliche Kosten bei einer Ausbildungsentschädigung berücksichtigt werden dürfen.
Die Fifa ist der Meinung, dass die Regeln des Verbandes für alle gelten müssten, da ein internationaler Verband nicht die Gesetze von zweihundert Ländern berücksichtigen könnte. Seitens des DFB heißt es: „Internationale Rechtsbeziehungen im Sport können nur funktionieren, wenn sich alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Regelwerk bekennen und sich nicht nur dann daran gebunden fühlen, wenn sie sich einen Vorteil davon versprechen.“ Der Anwalt des SV Wilhelmshaven, Harald Naraschewski, argumentiert hierauf: „Wenn die Fifa die Idee aus dem Iran übernehmen würde, Spieler nach Niederlagen auszupeitschen – müssten wir das dann auch?“ Zudem stellt er zutreffend fest: „Stellen Sie sich mal vor ein Betrieb will einen Maurerlehrling übernehmen und soll einem anderen Betrieb 50.000 Euro für dessen Ausbildung zahlen!“ Dies wäre ein großer Nachteil für den Maurer und würde dessen berufliche Laufbahn und Jobsuche stark beeinflussen. „Warum soll das im Fußball anders sein?“
Darüber hinaus macht Naraschewski darauf aufmerksam, dass dem SV aufgrund des langen Prozesses bereits ein Schaden entstanden sei. Durch die Strafe des wiederholten Punktabzuges ist die Begeisterung für den Verein gesunken und Zuschauer blieben zu Hause. Auch wären Verhandlungen mit Sponsoren erschwert worden. Er sieht die Existenz des Vereins bedroht und erwägt mittlerweile sogar eine Schadensersatzklage. Es bleibt demnach abzuwarten, wie die ordentlichen Gerichte die Sachlage beurteilen.
Prof. Dr. Steffen Lask
Autor:
Steffen Lask
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