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Weihnachtsgeschenke an Geschäftspartner: Welche Compliance-Regeln gelten
04.12.2024Einen Geschäftspartner in ein teures Restaurant einladen oder einen Gutschein für ein Wellness-Hotel für die Auftraggeberin eines Projekts – ist das erlaubt? Welche Regeln für Weihnachtsgeschenke an Geschäftspartner gelten und was Unternehmer dabei beachten müssen, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Christian Zuleger in Passau.
Welche Compliance-Regeln gibt es?
Weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene gibt es klar definierte Compliance-Regelungen, was das Schenken oder Annehmen von Zuwendungen zwischen Geschäftspartnern angeht. Im Umkehrschluss bedeutet das: Unternehmen legen diese Regeln selbst fest. „Diese können je nach Betrieb stark variieren“, weiß Christian Zuleger „vom kompletten Verbot über einen bestimmten maximalen Geldbetrag bis hin zu individuellen Höchstgrenzen je nach Geschäftspartner ist alles möglich“.
Eine Ausnahme gibt es aber doch: Geschenke an Beschäftigte des öffentlichen Diensts. Denn laut Bundesbeamtengesetz gibt es für Behördenmitarbeitende strikte Anzeige- und Genehmigungspflichten von Geschenken. Aus Angst vor einem Disziplinarverfahren nehmen viele Beamten Geschenke daher gar nicht an.
Welche Kriterien für Compliance sollten Unternehmer kennen?
Ob ein Geschenk von oder an einen Geschäftspartner gegen die Compliance-Richtlinien verstößt, ist immer im Einzelfall zu prüfen. Dabei gibt es grundsätzlich drei Kriterien:
- Zeitpunkt: Steht eine Projektvergabe kurz bevor, sollten Unternehmer oder Mitarbeitende sich bei Geschenken zurückhalten. Ein Geschenk darf Geschäfte nicht beeinflussen.
- Häufigkeit: Wer zu oft schenkt oder Geschenke bekommt, erregt Aufmerksamkeit. Auch hier ist wichtig, ob demnächst ein Projektabschluss oder ein Vertrag mit einem anderen Unternehmen ansteht.
- Angemessenheit: Hier ist zu prüfen, ob die Zuwendung sozial üblich ist. Eine Einladung in ein Wirtshaus ist meist kein Problem, anders sieht es allerdings mit einem Fünf-Sterne-Restaurant aus. Auch ist zwischen Mitarbeitenden und Geschäftsführung zu unterscheiden, da für letztere höhere Zuwendungen angemessen sind.
„Wer auf Nummer sicher gehen will: Ein kleines Werbegeschenk oder eine Tasse Kaffee gehen immer“, weiß Rechtsanwalt Zuleger.
Was sollten Unternehmer bei unangemessenen Geschenken tun?
„Wer denkt, dass ein Geschenk gegen die Compliance-Richtlinien verstößt, sollte den Fall ganz genau mit dem Compliance-Verantwortlichen seines Unternehmens überprüfen“, rät Christian Zuleger. Lehnen Geschäftspartner ein Geschenk ab und wollen es zurückgeben, kann sich dies negativ auf die zukünftigen Geschäftsbeziehungen auswirken. Wer das Geschenk behält, kann es oder seinen Wert alternativ an eine wohltätige Organisation spenden oder mit seinen Kollegen teilen.
In jedem Fall sollten Unternehmer Geschenke von oder an Geschäftsfreunde immer genau dokumentieren. „Übrigens: Auch Geschenke an die Privatadresse unterliegen der Compliance-Richtlinie“, weiß Rechtsanwalt Zuleger.
Doppelbesteuerungsabkommen: Was bei der Aufteilung des Arbeitslohns ab 2025 gilt
04.12.2024Ab 1. Januar 2025 treten neue Regelungen zur steuerlichen Behandlung von Arbeitslohn in Kraft. Mit ihnen setzt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen rechtlichen Rahmen für die Ermittlung von steuerfreien und steuerpflichtigen Einkünften im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sowie des Auslandstätigkeitserlasses. Was international tätige Arbeitnehmer beachten sollten, weiß Andreas Islinger, Steuerberater und Rentenberater bei Ecovis in München.
Die 183-Tage-Regelung
- Der Arbeitnehmer hält sich nicht länger als 183 Tage im Steuerjahr beziehungsweise Kalenderjahr im Tätigkeitsstaat auf.
- Der Arbeitgeber, der den Arbeitslohn zahlt, ist nicht im Tätigkeitsstaat ansässig.
- Den Arbeitslohn trägt nicht eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat.
Sind diese Bedingungen erfüllt, bleibt das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat und der Arbeitgeber kann eine Aufteilung des Arbeitslohns zwischen Tätigkeits- und Wohnsitzstaat vermeiden.
Sollte die 183-Tage-Regelung nicht anwendbar sein, dann ist der Arbeitslohn gemäß den tatsächlichen Arbeitstagen zwischen den Staaten aufzuteilen. Dabei gilt: Arbeitstage im Tätigkeitsstaat werden im Wohnsitzstaat steuerfrei gestellt, während Arbeitstage im Wohnsitzstaat steuerpflichtig bleiben.
Neue Berechnungsmethoden für Arbeitslohnaufteilungen
In seinem Schreiben vom 8. Oktober 2024 differenziert das BMF detailliert zwischen steuerfreien und steuerpflichtigen Anteilen. Arbeitgeber müssen den Arbeitslohn zunächst in direkt zuordenbarem und nicht direkt zuordenbarem Arbeitslohn unterteilt. Direkt zuordenbar sind beispielsweise Reisekosten, Zuschläge oder projektbezogene Sonderzahlungen. Den verbleibenden Arbeitslohn müssen Arbeitgeber auf Basis tatsächlicher oder pauschal angesetzter Arbeitstage zwischen Inland und Ausland aufteilen.
Das BMF erlaubt hierbei mehrere Berechnungsmethoden:
- Aufteilung nach tatsächlichen Arbeitstagen pro Jahr oder Monat
- Pauschale Aufteilung nach angesetzten Tagen pro Jahr und Monat
- Aufteilung der vertraglich vereinbarten Arbeitstage
Arbeitgeber müssen dabei jedoch innerhalb eines Kalenderjahres eine Berechnungsmethode beibehalten, um die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Außerdem sind sie verpflichtet, die vorgenommenen Aufteilungen am Jahresende zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Über- oder Unterzahlungen der Lohnsteuer müssen sie entsprechend korrigieren.
Die Aufteilung von Arbeitslohn in der Praxis
Ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer erhält bei seinem österreichischen Arbeitgeber ein Jahresbruttogehalt von 120.000 Euro. Er arbeitet an 145 Tagen in Österreich und an 95 Tagen in Deutschland. Da er seinen Arbeitslohn von einem in Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber erhält, ist die 183-Tage-Regelung nicht anwendbar. Nach der tatsächlichen Aufteilung der Arbeitstage muss er 72.500 Euro (145 Tage) in Österreich und 47.500 Euro (95 Tage) in Deutschland versteuern.
Was sollten international Tätige jetzt beachten?
Arbeitgeber müssen nicht nur die 183-Tage-Regelung beachten, sondern auch die spezifischen Anforderungen an die Dokumentation und Aufteilung des Arbeitslohns umsetzen. Die neuen Regelungen stellen Arbeitgeber vor die Herausforderung, präzise Daten über die Arbeitszeiten und Einsatzorte ihrer Mitarbeiter zu führen.
„Die Regelungen unterscheiden sich je nach Land erheblich“, sagt Ecovis-Steuerberater Andreas Islinger. Für Grenzgänger in der Schweiz, Österreich und Frankreich gelten beispielsweise spezielle Vereinfachungen, die von den allgemeinen Vorgaben abweichen können. „Um Steuerfallen zu vermeiden, sollten Unternehmen mit international tätigen Mitarbeitern frühzeitig Rücksprache mit ihrem Steuerberater halten“, rät der Experte. „Eine fundierte Beratung ermöglicht es, die landesspezifischen Regelungen korrekt anzuwenden und so alle steuerrechtlichen Anforderungen zu erfüllen.“
EU-Produkthaftungsrichtlinie: Künftig auch Software und KI betroffen
03.12.2024Die EU hat ihre Produkthaftungsrichtlinie (Product Liability Directive, “PLD”) grundlegend überarbeitet. Die Richtlinie ist Teil eines Maßnahmenpakets zur Harmonisierung der Haftungsregeln für künstliche Intelligenz (KI). Künftig erstreckt sich die Produkthaftung nicht nur auf Hardware, sondern auch auf digitale Produkte wie digitale Konstruktionsunterlagen und Software, einschließlich KI-Systemen.
Steuerliche Entlastung für Alleinerziehende im „paritätischen Wechselmodell“
03.12.2024Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich über die steuerliche Entlastung alleinerziehender Eltern im paritätischen Wechselmodell entschieden. Die Details kennt Ecovis-Steuerberaterin Teresa Geisler in Hof.
Was ist das paritätische Wechselmodell?
Beim paritätischen Wechselmodell teilen sich die getrenntlebenden Eltern die Betreuung ihres gemeinsamen Kindes mit gleichen Betreuungsanteilen. Die Mehrbelastung im paritätischen Wechselmodell, beispielsweise wegen der jeweils einzelnen Haushaltsführung, tragen beide Elternteile zu gleichen Teilen.
Der Fall: Betreuungskosten in der Steuererklärung des Vaters
Im vorliegenden Fall kümmerten sich beide Elternteile wochenweise abwechselnd um die Betreuung ihres Kindes. Der Vater beantragte in seiner Einkommensteuererklärung den Abzug
- des einfachen Kinderfreibetrags,
- des hälftigen Entlastungsbetrags für Alleinerziehende
- den Abzug der Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben.
Das zuständige Finanzamt berücksichtigte keine der genannten Positionen. Dagegen reichte der Vater Klage ein. Der Fall landete vor dem BFH. Dieser lehnte die Revision ab (Urteil vom 10. Juli 2024 (III R 1/22)).
Die Begründung des Finanzamts
Grundsätzlich steht jedem Elternteil der einfache Kinderfreibetrag zu, wenn das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Unter bestimmten Voraussetzungen gewährt der Gesetzgeber den Kinderfreibetrag sogar auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres. Leben die Eltern getrennt, dann steht folglich jedem Elternteil sein eigener Freibetrag zu.
Bei der Günstigerprüfung berechnet das Finanzamt, ob die Gewährung des Kinderfreibetrags oder die Auszahlung des Kindergeldes günstiger für den Steuerpflichtigen ist. Beides gleichzeitig ist nicht möglich. Die Günstigerprüfung führt es dabei für jeden Elternteil einzeln durch, unabhängig davon, wer das Kindergeld ausgezahlt bekommt.
Im vorliegenden Urteil war für den Kläger laut Günstigerprüfung das Kindergeld besser. Daher verwehrte das Finanzamt ihm den Kinderfreibetrag. Das gilt auch, obwohl die Mutter das Kindergeld bekommen hat und nicht der Vater.
Erfüllen beide Elternteile die Voraussetzungen des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (Paragraph 24b EstG), dann ist es die Entscheidung der Eltern, wem dieser zusteht (Paragraph 64 Abs. 2 EstG). Können die Eltern sich nicht einigen, bekommt derjenige den Entlastungsbetrag, der auch das Kindergeld bezieht. Eine Aufteilung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende ist nicht möglich.
Die Ablehnung des Sonderausgabenabzugs für Kinderbetreuungskosten begründete das Finanzamt dadurch, dass nicht der Vater, sondern die Mutter die Kinderbetreuungskosten getragen hatte.
Wann sind Kinderbetreuungskosten abzugsfähig?
Nur der Elternteil, der Aufwendungen für die Kinderbetreuung getragen hat und zu dessen Haushalt das Kind gehört, kann Betreuungskosten in der Steuererklärung angeben. Das betrifft nicht verheiratete, dauerhaft getrenntlebende oder geschiedene Eltern. Je Kind kann das berechtigte Elternteil dabei zwei Drittel der Kosten, höchstens jedoch 4.000 Euro geltend machen.
Tragen bei doppelter Haushaltszugehörigkeit beide Elternteile die Aufwendungen, dann ziehen beide jeweils zwei Drittel ihrer Aufwendungen ab, höchstens jedoch 2.000 Euro. Die Elternteile können gemeinsam einen Antrag stellen, wenn sie den Höchstbetrag abweichend aufteilen möchten.
Ist das Familienrecht noch zeitgemäß?
„Mithilfe einer Modernisierung des Familienrechts will die Politik die Gesetze an die sich wandelnden Lebensrealitäten anpassen“, sagt Steuerberaterin Teresa Geisler aus Hof. „Die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes sind in den meisten Fällen des Wechselmodells nicht mehr zeitgemäß. Es ist daher fraglich, ob und inwieweit die steuerliche Abzugsfähigkeit bestimmter Beträge in Hinblick auf die heutigen Lebensverhältnisse gerecht ausgestaltet sind“, kritisiert die Expertin.
Erhaltungsrücklage: Wann dürfen Eigentümer Rücklagen zur Instandhaltung als Werbungskosten geltend machen?
02.12.2024Wer als Eigentümer in Rücklagen zur Instandhaltung des Wohneigentums einzahlt, kann dafür diese als Werbungskosten geltend machen. „Immer wieder sind sich Immobilienbesitzer aber unsicher, wann diese Kosten abzugsfähig sind“, erklärt Dirk Nötzel, Steuerberater bei Ecovis in Halle. Ein Verfahren beim Bundesfinanzhof könnte hier jetzt für Änderungen sorgen.
Was ist die Erhaltungsrücklage?
Wer eine Wohnung besitzt, zahlt für Betriebskosten und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums monatlich Hausgeld an die Hausverwaltung. Darin sind in der Regel auch Beiträge in die Erhaltungsrücklage (früher: Instandhaltungsrücklage) enthalten. „Die Erhaltungsrücklage stellt also eine wirtschaftliche Absicherung für den Fall dar, dass unvorhergesehene Maßnahmen zur Instandhaltung oder Reparaturen am Gemeinschaftseigentum anstehen“, erklärt Nötzel.
Wie können Eigentümerinnen und Eigentümer die Rücklage steuerlich geltend machen?
Zwar lässt sich die Erhaltungsrücklage nicht auf die Mietenden einer Eigentumswohnung umlegen, aber Eigentümerinnen und Eigentümer können die Beiträge als Werbungskosten von der Steuer absetzen. „Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sie die Wohnung vermieten und nicht selbst bewohnen“, erklärt Ecovis-Steuerberater Dirk Nötzel.
Wann kann die Erhaltungsrücklage geltend gemacht werden?
Die eingezahlte Erhaltungsrücklage darf erst dann als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn das Geld tatsächlich für den Zweck der Erhaltung eingesetzt wurde. „Es ist also nicht der Zeitpunkt der Einzahlung relevant, sondern der Zeitpunkt, zu dem Rechnungen mit der Erhaltungsrücklage beglichen wurden“, erläutert Nötzel.
Was ist jetzt neu?
2020 wurde die vollständige Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeführt. Das hat die rechtliche Fragestellung aufgeworfen, ob damit bereits Zahlungen in die Erhaltungsrücklage als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften berücksichtigt werden können. Dazu ist derzeit ein Prozess beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. „Wie der BFH entscheiden wird, bleibt abzuwarten“, sagt Dirk Nötzel. „Bis dahin müssen Eigentümer und Eigentümerinnen weiterhin den Zeitpunkt der Maßnahmen im Blick behalten.“
Tipp: Was sollten Sie jetzt tun?
- Achten Sie darauf, wann Sie die Erhaltungsrücklagen geltend machen können.
- Prüfen Sie außerdem regelmäßig die Absetzbarkeit weiterer Kosten im Zusammenhang mit der Wohnungsvermietung.
- Behalten Sie die weitere Rechtsprechung im Blick.
Berliner Testament und Erbschaftsteuer: Was die Jastrowsche Klausel bedeutet
02.12.2024Das Berliner Testament ist eine gängige Form des gemeinschaftlichen Testaments zwischen Ehegatten. Oft integrieren Ehegatten dabei eine Strafklausel. Wie das Vermächtnis dabei zu versteuern ist, das war bislang nicht eindeutig. Mit einem Urteil sorgt der Bundesfinanzhof nun für mehr Klarheit. Die Details kennt Ecovis-Rechtsanwalt und – Steuerberater Florian Regenfelder.
In einem Berliner Testament setzen sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben des Erstversterbenden ein. Erst nach dem Tod des zuletzt Verstorbenen fällt der Nachlass an einen Dritten, zum Beispiel an die gemeinsamen Kinder. Trotzdem können die Kinder schon im ersten Erbfall einen Pflichtteilsanspruch geltend machen.
Die Jastrowsche Klausel ist eine Ergänzung der Pflichtteilstrafklausel des gemeinschaftlichen Testaments, mit dem die Partner die Zahlung der Pflichtteilsansprüche vermeiden können. In diesem Fall wird das Kind, das trotzdem seinen Pflichtteil bereits nach dem ersten Erbfall geltend macht, beim Tod des länger lebenden Partners von der Erbfolge ausgeschlossen. So erhalten im Fall des zweiten Erbfalls nur diejenigen Erben ein „betagtes Geldvermächtnis“ in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils aus dem Nachlass des Erstverstorbenen, die ihren Pflichtteil zuvor nicht geltend gemacht haben. Dabei reduziert sich der Pflichtteilsanspruch der enterbten Erben.
Beispiel: Die Jastrowsche Klausel im Berliner Testament
Ein Ehepaar setzte zu Lebzeiten ein gemeinschaftliches Testament, ein Berliner Testament, auf. Verstirbt etwa der Ehemann, ist die Ehefrau laut Testament die Alleinerbin.
Der Ehemann hatte zum Todeszeitpunkt ein Vermögen von zwei Millionen Euro. Beide Kinder erhalten ein Vermächtnis von jeweils 400.000 Euro, sollten sie nach dem Tod des Vaters keinen Pflichtteil geltend machen. Auf diesen Anteil des Vermächtnisses erhalten die Kinder jedoch erst im Zeitpunkt des Todes der Mutter Zugriff.
Hintergrund der Jastrowschen Klausel
Eine anzuerkennende Jastrowsche Klausel kann erbende Kinder Steuervorteilen bringen. Dazu gehören Steuerfreibeträge oder günstigere Steuersätze.
Der Fall vor dem Bundesfinanzhof
Der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigte sich kürzlich mit einem Fall, bei dem es um die steuerliche Behandlung eines Berliner Testaments mit Jastrowscher Klausel ging (Urteil vom 11. Oktober 2023, II R 34/20). Dabei prüfte er, wie der Nachlass nach dem Tod des Vaters und später der Mutter steuerlich zu behandeln ist. Der BFH entschied, dass der überlebende Ehegatte als Alleinerbe des erstversterbenden Ehegatten die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen kann. Als Grund dafür nannte der BFH, dass das Vermächtnis zu dem Zeitpunkt noch nicht fällig sei. Zudem müsse das Kind den Erwerb des Vermächtnisses beim Tod des zweiten Ehegatten als von letzteren stammend versteuern. Ist das Kind zugleich Erbe des zuletzt verstorbenen Ehegatten, kann es das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen.
Im vorliegenden Beispiel bedeutet dies, dass die Mutter zwei Millionen Euro versteuern muss. Das Vermächtnis von 400.000 Euro pro Kind ist nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Tod der Mutter erhalten die Kinder zwei Erbschaften: einmal das Vermächtnis in Höhe von 400.000 Euro sowie das restliche Erbe abzüglich des Vermächtnisses.
Was sollten Ehegatten beim Erstellen des Testaments beachten?
„Im Ergebnis des verhandelten Falles vor dem BFH können die Erben den Freibetrag nach dem Tod des Vaters nicht ausnutzen. Für die Betroffenen ist das eine massive finanzielle Belastung“, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt und -Steuerberater Florian Regenfelder in Forstenried. Auch wenn es häufig nicht der Wunsch der Beteiligten ist, wäre es sinnvoll, die testamentarische Gestaltung anzupassen, sodass das Vermächtnis früher fällig wird. Der überlebende Ehegatte muss dann zwar in Kauf nehmen, dass Liquidität abfließt. „Damit das planbar ist, könnten die Partner zum Beispiel im gemeinsamen Testament vermerken, dass das Vermächtnis ,in den nächsten drei bis fünf Jahren‘ zu zahlen ist“, weiß der Ecovis-Experte.
Wer haftet bei Schäden wegen einer Dachlawine bei fehlendem Schneefanggitter?
29.11.2024Haften Grundstückseigentümer bei Dachlawinen, wenn kein Schneefanggitter angebracht ist? Laut einem aktuellen Urteil gilt das nur in besonderen Fällen. Auf was Grundstückseigentümer achten sollten, erklärt Ecovis-Rechtsanwältin Julia Gerhardter in München.
Hintergrund: Schadensersatzklage wegen Dachlawine
Eine KfZ-Halterin hatte die Eigentümerin eines Grundstücks auf Schadensersatz verklagt, weil eine Dachlawine ihr in der Nähe eines Hauses geparktes Fahrzeug beschädigte. Die Dachlawine löste sich wegen des starken Schneefalls und der angeblichen Neigung des Daches von über 45 Grad. Die Klägerin war der Meinung, dass die Eigentümerin ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sei, da weder ein Schneefanggitter montiert noch Warnschilder angebracht waren.
Urteil: Keine Verkehrssicherungspflicht verletzt
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm stellte fest, dass die Grundstückseigentümerin keine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und verneinte folglich einen Anspruch auf Schadensersatz. Nach Ansicht der Richter gebe es im Allgemeinen keine Pflicht zur Montage von Schneefanggittern, insbesondere nicht in schneearmen Gebieten. Eine Verpflichtung zur Montage von Schneefanggittern bestehe nur bei außergewöhnlichen Umständen oder Gefährdungssituationen, die hier nicht vorlägen.
Auch die Forderung nach einer Warnbeschilderung hat das OLG abgelehnt. Die Eigentümerin sei nicht verpflichtet gewesen, vor der potenziellen Gefahr einer Dachlawine zu warnen, da die Gefahrenlage durch die starke Dachneigung und die extremen Schneefälle für die Fahrzeughalterin erkennbar gewesen sei (Urteil vom 29.02.2024 – 7 U 72/22).
Im Übrigen bestehe auch keine Verpflichtung zur Anbringung eines Schneefanggitters aufgrund Rechtsverordnung oder behördlicher Satzung.
Welche Regeln gelten in schneereichen Gegenden?
In schneereichen Gegenden oder bei Gebäuden mit besonders steilen Dächern (Neigungen über 45 Grad) kann dagegen eine Verkehrssicherungspflicht zur Anbringung von Schneefanggittern bestehen. Hier müssen Grundstückseigentümer unter Umständen zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um Dritte vor Schäden durch Dachlawinen zu schützen. Beispielsweise hat das Landgericht Ulm eine Verkehrssicherungspflicht für Dächer mit einer Neigung von 60 Grad in einer „nicht schneearmen“ Gegend bejaht (Urteil vom 31.5.2006, 1 S 16/06).
Praxishinweis für Grundstückseigentümer
„Grundstückseigentümer sollten prüfen, ob sie aufgrund örtlicher Vorschriften oder regionaler Gegebenheiten Schneefanggitter anbringen müssen“, rät Ecovis-Rechtsanwältin Julia Gerhardter in München, „in einigen Bundesländern sehen außerdem die Bauordnungen spezifische Anforderungen vor.“
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Wie wirkt sich Zuwendungsnießbrauch auf die kostenlose Familienversicherung aus?
29.11.2024Voraussetzung für eine Familienversicherung ist, dass das regelmäßige Gesamteinkommen des Angehörigen die festgelegte Einkommensgrenze nicht überschreitet. Das kann zum Beispiel durch Nießbrauch an einem bebauten Grundstück passieren, wie ein aktueller Fall vor dem Bundesfinanzhof zeigt. Die Details kennt Ecovis-Steuerberaterin Theresa Günther in München.
In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist eine beitragsfreie Familienversicherung für Ehegatten und Kinder bis zu einer bestimmten Altersgrenze möglich. Für die gemeinsame Versicherung aber gilt: Wer in der Familienversicherung sein möchte, darf ein bestimmtes Gesamteinkommen nicht überschreiten.
Was ist ein Gesamteinkommen?
Das Gesamteinkommen ist die Summe aller Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts. Zu den Einkünften gehören etwa Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Zinsen oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Von diesen Einnahmen lassen sich Betriebskosten wie Geldbeschaffungskosten, Versicherungsbeiträge oder der Erhaltungsaufwand für Gebäude abziehen. Der verbleibende Überschuss ist das Gesamteinkommen.
Nießbrauch an einem bebauten Grundstück
Eigentümer eines bebauten Grundstücks können ihren Kindern die Nutzung an einem Grundstück überlassen, zum Beispiel um ihre Unterhaltspflicht zu erfüllen. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 20. Juni 2023 (IX R 8/22). Durch diesen eingeräumten Nießbrauch, also dem Nutzungsrecht, kann das Kind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung daraus erzielen.
Auswirkungen auf die kostenlose Familienversicherung
Versicherte müssen ihrer Krankenkasse Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mitteilen. Übersteigt das Gesamteinkommen dadurch die Einkommensgrenze von derzeit 505 Euro, können die Kinder nicht mehr beitragsfrei in der Familienversicherung mitversichert bleiben. Eine eigene Versicherung, zum Beispiel als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse oder ein Wechsel in die private Krankenversicherung ist beitragspflichtig.
Was müssen Versicherte jetzt beachten?
„Durch einen Zuwendungsnießbrauch können Eltern Steuern sparen, denn meistens unterliegen sie mit ihren Einkünften einem höheren Steuersatz als die Kinder“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Theresa Günther. „Allerdings sollten sie bei diesem Modell das Gesamteinkommen vorab prüfen, damit die kostenlose Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse nicht gefährdet ist“, rät sie.
Ist Weihnachtgeld sozialversicherungspflichtig?
28.11.2024Die Weihnachtszeit steht vor der Tür und damit für viele auch die Auszahlung des Weihnachtsgelds. Doch inwieweit unterliegen Weihnachtsgeld und andere Sonderzahlungen der Sozialversicherungspflicht? Und was gibt es bei der Auszahlung zu beachten? Wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden rechtssicher entlohnen, erklärt Steuer- und Rentenberater Andreas Islinger bei Ecovis in München.
Wann sind Sonderzahlungen sozialversicherungspflichtig?
Das Sozialversicherungsrecht folgt bei Einmalzahlungen dem Steuerrecht. Genau wie das laufende Arbeitsentgelt sind laut Sozialgesetzbuch (SGB) steuerpflichtige Einmalzahlungen auch sozialversicherungspflichtig.
Das laufende Arbeitsentgelt ist dabei der regelmäßig zufließende Arbeitslohn. Unter Einmalzahlungen fallen Zuwendungen, die der Arbeitgeber nicht ausschließlich für die Arbeit in einem bestimmten Monat leistet. Weihnachtsgeld, das das Unternehmen im Dezember auszahlt, gilt aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht nicht ausschließlich als Entlohnung für die Arbeitsleistung im Dezember.
Wie berechnen sich die Sozialversicherungsbeiträge für Weihnachtsgeld?
Die Beitragsberechnung der Sonderzahlung kann sich von der der laufendenden Arbeitslohnzahlung unterscheiden. Die Sozialversicherungsbeiträge berechnen sich nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenzen (BBG).
- Die BBG der Kranken- und Pflegeversicherung beträgt im Jahr 2024 monatlich 5.175 Euro. Ab 2025 steigt die Grenze auf 5.512,50 Euro.
- In der Renten- und Arbeitslosenversicherung beträgt die monatliche BBG 2024 7.550 Euro in den alten Bundesländern und 7.450 Euro in den neuen Bundesländern. 2025 wird die BBG erstmalig für ganz Deutschland einheitlich bei 8.050 Euro liegen.
Sind das monatliche Entgelt und Weihnachtsgeld zusammengerechnet geringer als die monatlichen BBG, müssen Unternehmer Beiträge aus dem Weihnachtsgeld wie aus dem laufenden Arbeitsentgelt berechnen. Das Weihnachtsgeld ist in diesem Fall voll beitragspflichtig.
Überschreiten das Weihnachtsgeld und das laufende Entgelt die monatliche BBG, muss der Arbeitgeber die anteilige jährliche BBG bis zum Zuordnungsmonat ermitteln. Nur so kann er feststellen, ob und in welchem Umfang die Einmalzahlung beitragspflichtig ist.
Wann fällt der Sozialversicherungsbeitrag an?
Einmalzahlungen sind in der Regel dem jeweiligen Abrechnungsmonat hinzuzurechnen, in dem Unternehmer sie ausbezahlen. Wann genau im Monat, ist unerheblich. Eine Ausnahme ist die Märzklausel: Sonderzahlung in den Monaten Januar bis März sind dem Vorjahr zuzuordnen, wenn sie im gezahlten Monat nicht voll beitragspflichtig sind und das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis bereits im Vorjahr bestanden hat.
Auswirkungen der Sonderzahlungen auf die Rente
Sind die Sonderzahlungen beitragspflichtig, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch Beiträge zur Rentenversicherung zahlen. Diese Beiträge werden in Entgeltpunkte umgerechnet, aus deren Summe sich später die Rente ergibt. Dabei gilt: Je höher die Beitragszahlung, desto höher die Entgeltpunkte. Sonderzahlungen können somit also eine Rentensteigerung bewirken.
Was sollten Arbeitgeber bei der Auszahlung des Weihnachtsgelds beachten?
„Unternehmen, die beispielsweise Minijobber oder Beziehende von Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrenten beschäftigen, sollten unbedingt auf die jeweiligen Verdienst- und Hinzuverdienstgrenzen achten. Denn die Höhe des Rentenanspruchs kann sich bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze vermindern“, weiß Rentenberater Andreas Islinger. Und auch bei Minijobs gilt Vorsicht: Überschreiten Minijobber die Geringfügigkeitsgrenze, können sie sozialversicherungspflichtig werden.