Werberecht: Mit Rabatten oder Festpreisen Patienten ködern?
Das ärztliche Werberecht wurde in den vergangenen Jahren vor allem durch die Rechtsprechung stark liberalisiert. Daher lassen sich viele Ärzte dazu verleiten, es dem Einzelhandel gleichzutun: Sie werben mit Rabatten, Festpreisen oder Pauschalen. Wie aber sieht das mit den rechtlichen Regelungen aus?
Seit der Lockerung des Werberechts für Ärzte dürfen diese freier und kreativer als früher mit (Werbe-)Aktionen auf sich aufmerksam machen. Der Kreativität sind allerdings Grenzen gesetzt, wir einige Fälle aus der Praxis zeigen:
- Um seine Patienten an sich zu binden, bot ein Zahnarzt seinen Patienten die Möglichkeit an, vier Prophylaxeleistungen im Jahr zu erhalten, aber nur drei Behandlungen zu bezahlen. Bedingung war allerdings, dass die Patienten das Honorar schon am Jahresanfang zahlen.
- Ein anderer Zahnarzt bot für Neupatienten eine kostenlose Zahnreinigung an. • Die Werbeaussage eines Arztes lautete: „Wertgutschein über 499 Euro anrechenbar auf Faltenreduktion an einer Zone nach Wahl für eine Person.“
- Ein Zahnarzt bot die Kombination einer Zahnreinigung und eines Zahnbleachings als Deals über die Internetportale Groupon und DailyDeal für 149 Euro anstatt 530 Euro an. Dabei laufen die jeweiligen Deals über einen Zeitraum von 24 Stunden auf den Portalen. Erwerben die Kunden einen Gutschein, können sie ihn innerhalb von zwölf Monaten einlösen.
- Ein anderer Arzt warb mit einer kostenlosen Venenmessung.
Allen Werbemaßnahmen gemeinsam ist, dass die Grundlage für die privatärztliche Honorarforderung die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist. Nach der GOÄ sind die Gebühren eines Arztes innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der einzelnen Leistungen sowie Umstände bei der Ausführung zu bestimmen. Für die Zahnärzte ist Entsprechendes in der Gebührenordnung für Zahnärzte (hier Paragraph 5 GOZ) geregelt. „Wird eine Behandlung mit einem Pauschalpreis abgerechnet, so verstößt der Arzt gegen die Gebührenordnung und somit gegen das Gesetz zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (UWG), da die Gebührenordnung eine Marktverhaltensregelung ist“, erklärt Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München.
Wann Werbung und Deals rechtlich tabu sind
Im Falle von DailyDeal wurde die Werbung des Beklagten vom Landgericht Köln als reklamehaft betrachtet und als Verstoß gegen die Berufsordnung gewertet. Indem der Arzt derart hohe Rabatte gewährt, wird der Kunde – der eine Zahnreinigung oder ein Bleaching in der Regel selbst bezahlen muss, weil die Krankenkassen das nicht übernehmen – angelockt, einen Deal abzuschließen. Er wird dazu gedrängt, den Vertrag abzuschließen, weil die Laufzeit des Deals zeitlich eng begrenzt ist.
Bei einer Werbung für ein Zahnbleaching ist zu beachten: Da es sich um eine Leistung handelt, die nicht in der GOZ durch eine Gebührenziffer geregelt ist, muss diese schriftliche Vereinbarung in Form eines Heil- und Kostenplans erfolgen. Der Heil- und Kostenplan ist nach der Gesetzessystematik zu erstellen, bevor der Preis festgesetzt wird (Landgericht Köln, Urteil vom 21. Juni 2012, 31 O 25/12).
„Was Ärzte oft nicht bedenken: Die GOÄ ist auch für die Abrechnung medizinisch nicht indizierter kosmetischer Leistungen anwendbar, zum Beispiel bei Schönheitsoperationen“, weiß Groove. Für diese fehlen oft die passenden Ziffern in der Gebührenordnung. Aber auch diese Lücke rechtfertigt keine Pauschalpreise oder Rabatte. Ärztinnen und Ärzte sind vielmehr gehalten, stattdessen eine analoge Bewertung entsprechend vorzunehmen. Das ist in Paragraph 6 Abs. 2 GOÄ so geregelt.
Die Werbung mit einer Gratisleistung ist dem Arzt auch nicht gestattet. Im Falle der Werbung mit einer kostenlosen Venenmessung nahm das Gericht eine verbotene Zuwendung im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes an. Ein kostenloser Venencheck sei ein Mehr an Leistung im Gegensatz zu einer Auskunft oder einem Ratschlag, der auch kostenlos erfolgen dürfe.
Das Oberlandesgericht München urteilte im Falle einer kostenlosen fachärztlichen Beratung bezüglich einer schönheitschirurgischen Maßnahme, dass der Verbraucher von einem solchen Gespräch eine erste Befunderhebung und einen Behandlungsvorschlag erwarte. „Eine solche Beratung ist Teil einer ärztlichen Behandlung, die üblicherweise nur gegen Entgelt erfolgt“, erklärt Groove.
Einen Verstoß gegen die Berufsordnung vermeiden
Eine unzulässige Werbung kann zu einem Verstoß gegen die Berufsordnung führen. Ärztekammern können bei Verstößen auch Rügen aussprechen oder ein Berufsgericht anrufen. Ein Verstoß gegen die Berufsordnung – und auch gegen die Gebührenordnungen – führt aber auch zu einem Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb oder das Heilmittelwerbegesetz, sodass beispielsweise andere Wettbewerber Anspruch auf Unterlassung haben oder Ärzte abgemahnt werden können. „Erzielen Ärzte Einnahmen in einer Praxis, die nicht den geltenden Abrechnungsbestimmungen entsprechen, kann dies beispielsweise auch im Fall eines späteren Praxisverkaufs zu Problemen führen. Denn einem Übernehmer können wir von der Fortführung dieses Vorgehens nur abraten“, sagt Groove.