Vertragsarztsitzvergabe: Zulassungsausschuss darf MVZ-Investoren nicht benachteiligen
Zulassungsausschüsse müssen die Bewerbung für ein MVZ von Investoren gleichrangig mit Bewerbungen von Ärztinnen oder Ärzten behandeln, so die Entscheidung des Bundessozialgerichts. Das gilt immer dann, wenn es sich um eine Vergabe im gesperrten Gebiet handelt. Was gilt, erklärt Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München.
Bei einer Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes darf ein Zulassungsausschuss ein MVZ, dessen Mehrheit an Geschäftsanteilen und Stimmrechten nicht bei den Ärzten liegt, nachrangig gegenüber anderen Bewerbern behandeln. Geht es allerdings um einen entsperrten Vertragsarztsitz, gilt diese Regel nicht. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) am 25. Oktober 2023 entschieden (6 KA 26/22 R).
Der Fall
Ein MVZ, das wegen seiner Gesellschafterstruktur von der Nachrangregelung betroffen war, wollte eine Internistin auf einen Vertragsarztsitz mit einem halben Versorgungsauftrag einstellen. Der Zulassungsausschuss lehnte ab und erteilte die Zulassung dem Mitbewerber, einem Arzt. Den Widerspruch des MVZ wies der Berufungsausschuss ab. Der Grund: die Nachrangregelung des § 103 Absatz 4c Satz 3 SGB V. Der Fall ging durch die Instanzen bis zum BSG.
Die Bedeutung der Entscheidung für Ärzte und MVZ-Betreiber
Das BSG bestätigte die Entscheidung des Landessozialgerichts in München und verpflichtete den Berufungsausschuss dazu, einen neuen Bescheid zu erlassen. Die Entscheidungsgründe waren unter anderem:
- Die Nachrangregelung gilt nur für die Auswahl eines Praxisnachfolgers im Nachbesetzungsverfahren.
- Die Nachrangregelung gilt nicht, wenn es um das Auswahlverfahren bei partieller Entsperrung eines Planungsbereichs.
„Im verhandelten Fall ist der Zulassungsausschuss deutlich über das gesetzgeberische Ziel hinausgeschossen. Die Nachrangvorschrift ist eine Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung von MVZ und Vertragsärzten und als solche eng auszulegen“, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Tim Müller. Für eine Ausdehnung auf andere Sachverhalte sieht das BSG keinen Raum. „Damit dürfte auch die Rechtsprechung, nach der investorengetragene MVZ bei Sonderbedarfszulassungen nachrangig zu behandeln sind, nicht aufrechtzuerhalten sein“, sagt Müller.