Niederlassungsoptionen

Niederlassungsoptionen

Am Anfang Ihrer konkreten Niederlassungspläne sollten folgende grundlegende Fragen stehen:

  • Wollen Sie sich in eigener Praxis neu niederlassen, die bestehende Praxis eines Kollegen kaufen, in eine Gemeinschaftspraxis als Gesellschafter einsteigen, in einem MVZ tätig werden, die zahlreichen Möglichkeiten als angestellter Arzt nutzen oder eine der weiteren vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten eingehen?
  • Sind Sie Krankenhausarzt und möchten sich neu niederlassen oder in Form einer Teilniederlassung stationäre und ambulante Leistungen anbieten?
  • An welchem Standort wollen Sie tätig werden und inwieweit bestehen dort Zulassungsbeschränkungen?
  • Welchen Tätigkeitsumfang können Sie leisten?
  • Möchten Sie einen vollen oder einen hälftigen Versorgungsauftrag (50%) erfüllen oder als angestellter Arzt in Voll- oder Teilzeit arbeiten?

Früher stand bei diesen Fragen noch der große Wunsch im Vordergrund, eine eigene Praxis neu aufzubauen und seinen eigenen Weg zu gehen. Das hat sich in der Zwischenzeit gewandelt. Aufgrund der Zulassungsbeschränkungen in vielen Planungsbezirken für nahezu alle Haus- und Fachärzte besteht für die meisten Niederlassungswilligen nur die Möglichkeit der Praxisübernahme bzw. des Einstiegs in eine Gemeinschaftspraxis. Eine zusätzlich in Erwägung zu ziehende Alternative ist die Anstellung.
Aufgrund des gestiegenen wirtschaftlichen Risikos und der unvorhersehbaren politischen Entwicklung im Gesundheitssystem ist die Kooperation – das Teilen von Risiko – ein immer beliebter werdendes Modell. Aus einer Existenzgründungsanalyse für Ärzte für das Jahr 2012 der Deutschen Apotheker- und Ärztebank und des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland geht hervor, dass mindestens jeder zweite niederlassungswillige Arzt in den alten Bundesländern eine Kooperation einging. In den neuen Bundesländern fällt dieser Anteil geringer aus: nur 32,20% entschieden sich für eine Kooperation.
Nachfolgend möchten wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Optionen zur Niederlassung geben und die verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten darstellen, bevor wir Ihnen dann unter Abschnitt III. die Möglichkeiten der Anstellung erläutern.

1. Praxisneugründung

Die Neugründung einer Praxis erfordert zunächst eine langfristige und detaillierte Planung. Sie müssen in diesem Zusammenhang entscheiden, ob Sie lediglich privatärztlich oder auch im System der gesetzlich Krankenversicherten tätig werden wollen. Wichtigste Voraussetzung für einen Zugang zur Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten ist die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Diese kann Ihnen nur dann erteilt werden, wenn das Fachgebiet, in dem Sie tätig werden wollen, für die Zulassung nicht gesperrt ist.
Die betriebswirtschaftliche Planung der Neugründung erfordert die Aufstellung eines Businessplans und die konkrete Finanzierungsplanung. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei einer Neugründung eine lange Anlaufphase entsteht, in der ggf. noch keine kostendeckenden Einnahmen erzielt werden können.

Vorteile Praxisneugründung Nachteile Praxisneugründung
Sie bestimmen den Praxis- standort, Räumlichkeiten und Ausstattungen nach Ihren Vorstellungen. Hohes Investitionsrisiko
Sie wählen Ihr Personal nach Ihren Bedürfnissen und Anforderungen aus. Längere Anlaufphase mit schlecht kalkulierbaren Einnahmen
Sie bestimmen Ihren Patientenstamm und können so von Beginn an Einfluss auf zusätzliche ärztliche Leistungen nehmen (z.B. IGeL). Vollständiger Aufbau von Image und Marketing

2. Praxiskauf

Die Übernahme einer bestehenden Praxis ist insbesondere in Ballungszentren ein signifikanter Startvorteil gegenüber einer Neugründung und in einem gesperrten Planungsbezirk oftmals der einzige Weg, eine Zulassung zur Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten zu erhalten.
Die Praxisübernahme ist auch in einem für Neuzulassungen gesperrten Planungsbezirk möglich, da die vertragsärztliche Zulassung des Praxisübergebers übernommen werden kann.
Die wirtschaftliche Planung der Praxisübernahme und die künftige Praxisführung wird durch die Kenntnis der Einnahmen und Ausgaben der bestehenden Praxis erheblich erleichtert. Es ist davon auszugehen, dass diese wirtschaftlichen Parameter auch für den Übernehmer eine verlässliche Basis in der Zukunft bilden.

Vorteile Praxiskauf Nachteile Praxiskauf
Der bestehende Name und das Image der Praxis können sofort genutzt werden.
Der Patientenstamm wird ebenfalls übernommen.
Der vorgegebene Praxisstandort grenzt den Spielraum für weitere Entwicklungen ggf. ein.
Es gibt nur wenig Zeitverzug bei Arbeitsbeginn, der Käufer kann fast sofort mit der Betreuung der bestehenden Patientenstrukturen beginnen. Meist besteht die Verpflichtung, altes Mobiliar und überholte technische Geräte zu übernehmen.
Die medizinisch-technische Ausstattung kann übernommen werden. Zusatzinvestitionen können abgewartet werden und die Materialausrichtung ist bereits am heutigen Bedarf orientiert. Das Personal muss zu den alten Konditionen, wie z.B. hohe Gehälter für Mitarbeiter, großzügige Arbeitsverträge etc. übernommen werden. Gleiches gilt für vorhandene Dauerschuldverhältnisse (wie z.B. Leasing von Großgeräten, bestehender Praxismietvertrag).
Das Patientenklientel ist durch den Praxisverkäufer geprägt.

3. Ärztliche Kooperationen

Heute bestehen für Ärzte zahlreiche verschiedene Möglichkeiten, ihren Beruf gemeinsam auszuüben. Auch hierüber sollten Sie sich bei der Planung Ihrer Niederlassung Gedanken machen.
Neben den traditionellen Formen der Zusammenarbeit, wie beispielsweise in Gemeinschaftspraxen (Berufsausübungsgemeinschaften) oder Praxisgemeinschaften, können Ärzte u.a. auch in einer Teilberufsausübungsgemeinschaft, in einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft oder auch in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) arbeiten.
Alle diese Lösungen haben gemeinsam, dass Sie sich mit einem geeigneten Kollegen in der ärztlichen Berufsausübung zusammenschließen, sei es an einem Standort oder standortübergreifend.

Vorteile Gemeinschaftspraxis Nachteile Gemeinschaftspraxis
Gemeinsame Berufsausübung mit weitem ärztlichen Leistungsspektrum; auch überörtlich möglich Genehmigungserfordernis durch den Zulassungsausschuss
Einheitlicher Auftritt nach außen und gemeinsame Führung der Patientenkartei Gesamtschuldnerische Haftung
Gemeinsames Investitionsrisiko Keine alleinige Entscheidungsbefugnis
Vorteile Praxisgemeinschaft Nachteile Praxisgemeinschaft
Lediglich anzeigepflichtig Strikte Trennung der Praxen nach außen, d.h. auch Trennung der Patientenkartei, Anmeldung etc.
Gemeinsame Kostenteilung ohne Aufgabe der Eigenständigkeit Gemeinsame Haftung nach außen, wenn die Trennung der Praxen nicht erkennbar ist
Keine Vermischung der Patientenstämme
Vorteile MVZ Nachteile MVZ
Verschiedenste Grundkonstellationen im Bereich der Rechtsformen und vertragsärztlichen Gestaltung denkbar
Arzt kann Gesellschafter eines MVZ sein Zulassungsvoraussetzung ist bisher noch eine fachübergreifende Tätigkeit; entsprechende gesetzliche Regelungen sind zu beachten.
Weitere Leistungserbringer neben Vertragsärzten können einbezogen werden Schwierigkeiten bei der Gründung von Nebenbetriebsstätten

Die verschiedenen Kooperationsformen gehen mit einem unterschiedlichen Grad an Verbindlichkeit und Vergemeinschaftung einher.
Lassen Sie sich von Ecovis vor Ort beraten, welche Kooperationsform am besten zu Ihnen passt.

4. Niederlassung durch Krankenhausärzte

Neben der Gründung einer neuen Praxis bestehen für den Krankenhausarzt seit dem Inkrafttreten des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG) im Januar 2007 flexiblere Möglichkeiten, die stationäre und ambulante Leistungserbringung miteinander zu verbinden und sinnvolle Versorgungsmodelle einzurichten.
(Teil-)Niederlassung von Krankenhausärzten
Krankenhausärzten ist es erlaubt, sich innerhalb oder außerhalb des Krankenhauses mit einer vertragsärztlichen Praxis niederzulassen. Dies muss nicht unbedingt der Chefarzt der Abteilung sein; vielmehr kommt auch jeder nachgeordnete Arzt mit abgeschlossener Weiterbildung in Betracht.
Es besteht damit die Möglichkeit eine Praxis zu errichten, die insbesondere Leistungen vor und nach der stationären Versorgung erbringt.
Gegenüber der Gründung eines MVZ durch das Krankenhaus hat diese Teilniederlassung folgende Vorteile:
Zum einen ist die Eintrittsschwelle in den ambulanten Versorgungsmarkt niedriger, da nicht zeitgleich in zwei Fachgebieten gestartet werden muss. Zum anderen ist der Arzt selbst und nicht der Krankenhausträger Inhaber der vertragsärztlichen Zulassung.
Neben den aufgezeigten Vorteilen ist zu beachten, dass in zeitlicher Hinsicht Restriktionen bestehen. Die vertragsärztliche Versorgung hat dabei grundsätzlich in hauptberuflicher Tätigkeit zu erfolgen. Nach der derzeit geltenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist jedoch eine Nebentätigkeit – wozu auch die Tätigkeit als angestellter Krankenhausarzt zählt – nur im Umfang von bis zu 13 Stunden pro Woche erlaubt. Eine mögliche Teilzulassung eröffnet dem Arzt die Möglichkeit, in größerem Umfang andere Tätigkeiten auszuüben.
Sollte, seitens des Trägers, eine Reduzierung der Krankenhaustätigkeit in dem oben genannten Umfang nicht gewünscht sein, sind auch hier verschiedene Lösungen denkbar: Zum einen können weitere – nachgeordnete – Ärzte in die Praxis durch entsprechende Anstellungs- oder Jobsharing-Verträge einbezogen werden. Zum anderen ist nach dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz nunmehr eine Beschränkung auf die Hälfte des Versorgungsauftrages (Teilzeitpraxis) möglich.

Die Teilgemeinschaftspraxis
Im vertrags- wie im privatärztlichen Bereich ist auch die Bildung von Teilgemeinschaftspraxen erlaubt. Basis bildet eine partiell gemeinsame Berufsausübung, in der sich Ärzte zur gemeinsamen Erbringung nur eines Teils ihrer Leistungen zusammenschließen.
Dieses Modell eröffnet Chefärzten – die nach dem obigen Modell mit einer ganzen oder einer halben Praxis am Krankenhaus niedergelassen sind – die Möglichkeit einer engen Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten.
Die hier skizzierten neuen Modelle werfen eine Reihe von Detailfragen im Bereich des Vertragsarztrechts, des Krankenhausrechts, des Gebührenrechts, des Berufsrechts sowie des Steuerrechts auf. Daher ist eine qualifizierte rechtliche Beratung vor Umsetzung derartiger Modelle zur Wahrung Ihrer Interessen unabdingbar.

5. Verfahren vor dem Zulassungsausschuss

Um an der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten teilzunehmen, benötigt der niederlassungswillige Arzt eine Zulassung, unabhängig davon, in welcher Form er als selbstständiger Arzt tätig werden möchte. Diese erhält er im Verfahren vor dem örtlich zuständigen Zulassungsausschuss.
Bei einer Praxisneugründung in einem offenen Planungsbezirk ist Antrag auf Zulassung beim Zulassungsausschuss einzureichen. Entsprechende Formulare stehen auf den Internetseiten der Kassenärztlichen Vereinigungen zum Download zur Verfügung.
Bei einer Praxisübernahme bzw. dem Eintritt in eine Gemeinschaftspraxis in einem gesperrten Planungsbezirk erwirbt der Niederlassungswillige die Zulassung letztlich vom abgebenden bzw. ausscheidenden Arzt. Auch bei dieser Variante ist das Verfahren vor dem Zulassungsausschuss zwingend. Aufgrund neuer rechtlicher Vorgaben dauert dies erheblich länger als bisher und Sie sollten eine Zeitspanne von ca. einem Jahr in Ihre Planung einbeziehen.
Der Zulassungsausschuss prüft zunächst, ob der abzugebende Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann, ob also die Zulassung an den niederlassungswilligen Arzt übertragbar ist. Wird dies bejaht, erfolgt die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes durch die Kassenärztliche Vereinigung. Die Veröffentlichung der Ausschreibung in den einschlägigen Veröffentlichungsblättern ist an deren Redaktionsschluss gebunden. Anschließend läuft regelmäßig eine 4-wöchige Bewerbungsfrist, in der sich alle Interessenten auf den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz bewerben können. Der Zulassungsausschuss tagt dann in einer Sitzung, die im Rhythmus von vier bis sechs Wochen stattfindet, und entscheidet aufgrund von objektiven Auswahlkriterien, welcher Bewerber die Zulassung erhält. Dieses Verfahren sollten Sie durch einen Rechtsanwalt begleiten lassen.

6. Standortanalyse

Die Festlegung des Ortes der Praxisniederlassung ist eine der ersten langfristigen Entscheidungen, die als Arzt zu treffen ist. Hierbei sollten Sie insbesondere bedenken, dass ein Wechsel des Vertragsarztsitzes nicht ohne weiteres möglich ist. Eine Sitzverlegung ist immer von dem zuständigen Zulassungsausschuss bei der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung zu genehmigen. Auch Mietverträge, die über eine lange Laufzeit geschlossen werden, können faktisch einem Standortwechsel entgegenstehen. Das ist daher auch bei den Verhandlungen mit einem Vermieter zu berücksichtigen.
Eine Ausnahme von der Bindung an den Ort des Vertragsarztsitzes stellt das genehmigungspflichtige Betreiben einer Nebenbetriebsstätte und die genehmigungsfreie Unterhaltung ausgelagerter Praxisräume dar. Über diese Ausnahmeformen besteht für jeden niedergelassenen Arzt heute die Möglichkeit, seine Leistungen auch an anderen Standorten anzubieten.