Praxisaufgabe: Mit richtiger Planung Steuern sparen
Geben Ärzte ihre Praxis auf, bekommen sie eine Steuerbegünstigung. Dafür mussten sie bisher aber vollständig aufhören. Jetzt dürfen sie danach doch noch neue Patienten behandeln.
Wollen Ärztinnen und Ärzte ihre Praxis aufgeben oder verkaufen, müssen sie sich mit der steuerlichen Rechtslage auseinandersetzen und sich mit Experten beraten. Denn das kann richtig viel Geld sparen.
Steuerliche Privilegien beim Praxisverkauf nutzen
Die steuerliche Gleichstellung von Praxisverkauf und -aufgabe führt dazu, dass Verkäufer zunächst einen steuerlich nicht begünstigten Übergangsgewinn ermitteln müssen. Erst für den im Anschluss durch den Verkauf erzielten Verkaufsgewinn oder den bei Stilllegung realisierten Aufgabegewinn kann er Steuerprivilegien in Anspruch nehmen. „Es lohnt sich, diese Privilegien zu nutzen. Freiberufliche Praxen haben meist einen erheblichen Wert. Den sieht man erst durch die Auflösung stiller Reserven beim Verkauf oder bei der Aufgabe“, erklärt Johannes Pakendorf, Steuerberater bei Ecovis in Rostock.
Das liegt daran, dass sich oft Immobilien im Praxisvermögen befinden und Mediziner Praxiszulassungen als immaterielle Wirtschaftsgüter indirekt mitverkaufen. Das treibt den Preis in die Höhe. „Umso mehr fallen steuerliche Erleichterungen ins Gewicht“, weiß Pakendorf. Der Gewinn lässt sich dann entweder im Rahmen der „außerordentlichen Einkünfte“ nach der „Fünftel-Regelung“ – dabei wird ein einmaliges hohes Einkommen fiktiv steuerlich auf fünf Jahre verteilt – oder mit einem ermäßigten Steuersatz besteuern. Gegebenenfalls gewährt der Fiskus auch einen Freibetrag, wenn der Arzt das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist.
Die Praxis als eine Einheit sehen und verkaufen
In jedem Fall muss die Praxis bei Verkauf als selbstständiger Organismus und in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber gegen Entgelt übergehen. Das wirtschaftliche Eigentum an allen wesentlichen Grundlagen der Praxis, etwa die Praxisräume, muss der Verkäufer an den Erwerber übertragen. Das gilt auch für den Fall der Stilllegung: Alle wesentlichen Grundlagen sind in einem einheitlichen Vorgang innerhalb eines kurzen Zeitraums (rund 36 Monate)
- in das Privatvermögen zu überführen,
- an verschiedene Erwerber zu verkaufen oder
- teilweise zu verkaufen und teilweise in das Privatvermögen zu überführen.
Ob ein Arzt die Praxis aufgibt oder verkauft: In beiden Fällen muss er die in der Praxis bisher entfaltete freiberufliche Tätigkeit am bisherigen Ort wenigstens für eine gewisse Zeit zwingend einstellen. Oft wollen die Ärzte das aber nicht. „Häufig wünschen sie sich einen gleitenden Übergang in die Rentenphase“, sagt Ecovis-Steuerberater Mathias Parbs in Rostock, „ein paar alte Patienten wollen sie bisweilen weiter behandeln, Gutachten schreiben und Aufsätze veröffentlichen.“ Auch Vortrags- oder Dozententätigkeiten sollen weiterlaufen.
Die Vorteile der neuen Regelung
Bisher konnten Ärztinnen und Ärzte nur in ganz engen Grenzen weiterarbeiten, ohne die erhaltene Steuerbegünstigung zu gefährden. Was bereits immer möglich war, ist, dass der Heilberufler als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers weiterhin tätig sein durfte. Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit auf selbstständiger Basis war unschädlich. Das war etwa der Fall, wenn der Verkäufer einzelne Patienten weiterbetreut, auf die in den vergangenen drei Jahren weniger als zehn Prozent (Zehn-Prozent- Grenze) der gesamten Einnahmen entfielen. Gewann der Arzt neue Patientinnen und Patienten innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Verkauf oder der Aufgabe hinzu, verlor er grundsätzlich die Steuerbegünstigung, auch ohne dass er die Zehn-Prozent- Grenze überschritt.
„Häufig beachteten Ärzte diese Regelung nicht. Das wurde nachträglich oft sehr teuer“, sagt Parbs. Die Finanzämter versagten dann die Steuerermäßigung rückwirkend. Das zog hohe Steuernachforderungen nach sich. Jetzt dürfen Ärztinnen und Ärzte im Rahmen der Zehn-Prozent-Grenze neue Patienten dazugewinnen. Sie verlieren damit nicht ihre steuerliche Begünstigung aus dem Praxisverkauf. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) am 11. Februar 2020 entschieden (VIII B 131/19).
Das Urteil des BFH ist für alle Mediziner interessant, die einer freiberuflichen Nebentätigkeit nachgehen wollen, auch wenn sie ihre Praxis verkauft oder aufgegeben haben. „Wir empfehlen Ärzten, mit ihrem Steuerberater zu sprechen, wenn sie nach der steuerlich begünstigten Praxisaufgabe oder dem Praxisverkauf weiterarbeiten wollen. Er kennt die Details und kann beurteilen, in welchen Fällen und mit welchen Tätigkeiten sie nicht Gefahr laufen, am Ende doch noch die Steuerbegünstigung zu verlieren“, sagt Ecovis-Experte Parbs.
Berechnung des steuerlichen Gewinns
Sie wollen wissen, wie sich der steuerlich begünstigte Gewinn bei einer Praxisaufgabe berechnet? Das erfahren Sie hier in einer Beispielrechnung: https://www.ecovis.com/medizin/praxisaufgabe-was-vertraglich-steuerlich-und-rechtlich-auf-sie-zukommt/
Johannes Pakendorf, Steuerberater bei Ecovis in Rostock
Mathias Parbs, Steuerberater bei Ecovis in Rostock