Patienten können Kosten für künstliche Befruchtung absetzen
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Patienten können Kosten für künstliche Befruchtung absetzen

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Eine unverheiratete und gesunde Frau kann die Kosten für eine Präimplantationsdiagnostik (PID) und anschließend für eine künstliche Befruchtung trotzdem von der Steuer absetzen. Diese Ausgaben gelten als außergewöhnliche Belastungen.

Was sind außergewöhnliche Belastungen?

Außergewöhnliche Belastungen in der Einkommensteuer sind Kosten, die jemandem unvermeidbar entstehen und die über die sonst normalen Lebenserhaltungskosten hinausgehen. Die Einkommensteuer wird ermäßigt, wenn jemand solche besonderen Ausgaben hat und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz, EStG).

Typische Beispiele für außergewöhnliche Belastungen sind:

  • Krankheitskosten
  • Pflegekosten
  • Beerdigungskosten
  • Schadensersatzleistungen
  • Scheidungskosten

Der Fall: Frau setzt Kosten für künstliche Befruchtung in der Steuererklärung ab

Der Partner der Klägerin hatte eine chromosomale Translokation. Das bedeutet, dass ein natürlich gezeugtes Kind wahrscheinlich schwer behindert oder nicht lebensfähig wäre. Deshalb suchten sie Hilfe in einem Kinderwunschzentrum. Die Klägerin wollte in ihrer Steuererklärung knapp 23.000 Euro für die künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung absetzen (im Sinne von § 33 Abs. 1 EStG). Diese Kosten setzten sich aus Rechnungen und Rezepten zusammen, die teils von ihr, teils von ihrem Partner bezahlt wurden. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Behandlungskosten jedoch generell ab, weil sie selbst nicht krank sei.

Bundesfinanzhof: Diese Kosten lassen sich absetzen

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Klägerin die Kosten für ihre künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen absetzen darf (§ 33 EstG). Das betrifft aber nur die Kosten, die sie selbst getragen hat (Urteil vom 29.02.2024, VI R 2/22).

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) und die künstliche Befruchtung waren notwendig, um die Krankheit des Partners auszugleichen und ihre negativen Folgen zu vermeiden. Da die Maßnahmen darauf abzielten, eine durch die Krankheit des Partners beeinträchtigte körperliche Funktion auszugleichen, waren auch die bei der gesunden Klägerin durchgeführten Behandlungsschritte zwangsläufig notwendig. Es spielt dabei keine Rolle, dass die Klägerin und ihr Partner nicht verheiratet waren.

Patientinnen und Patienten einer Kinderwunschpraxis können Kosten für die Behandlung von der Steuer absetzen, auch wenn sie selbst gesund sind. Voraussetzung ist nur, dass die Person, die die Kosten absetzen möchte, diese auch selbst bezahlt hat. Das gilt auch dann, wenn die Partner nicht verheiratet sind.

Fruchtbarkeitsbehandlungen: Das gilt für die Umsatzsteuer

„Die Einkommensteuer steht damit im Einklang mit der Umsatzsteuer“, erklärt Ecovis-Steuerberaterin Jasmin Roder in München. Fruchtbarkeitsbehandlungen sind umsatzsteuerfrei, wenn sie zur Überwindung von Unfruchtbarkeit oder verminderter Fruchtbarkeit durchgeführt werden und durch eine ärztliche Diagnose bestätigt sind. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Frau oder der Mann in einer heterosexuellen Beziehung betroffen ist.

Sonstige Leistungen eines Arztes im Zusammenhang mit Fruchtbarkeitsbehandlungen, wie das Einfrieren (Kryokonservierung) und Lagern von Eizellen oder Spermien, sind umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen. Dies gilt auch für die weitere Lagerung der vom Arzt im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung eingefrorenen Eizellen oder Spermien, wenn damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird. Das wäre zum Beispiel eine weitere Schwangerschaft bei einer andauernden organisch bedingten Sterilität.

„Aber Achtung: Die künstliche Befruchtung und die Lagerung von Eizellen oder Spermien ohne medizinischen Anlass, also Social Freezing, ist weiterhin nicht steuerfrei“, sagt Roder. Social Freezing ist das vorsorgliche Einfrieren von unbefruchteten Eizellen ohne medizinischen Grund, um Frauen größere Chancen auf eine spätere Schwangerschaft zu ermöglichen.

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