Interprofessionelle Zusammenarbeit: Wie Ärzte mit Therapeuten kooperieren können
Fachlich ist die Kooperation von Ärzten mit anderen Therapeuten oft sinnvoll. Das Berufs- und das Vertragsarztrecht setzen einer zu engen Zusammenarbeit aber Grenzen. Wer die rechtlichen Rahmenbedingungen kennt, kann von einer interprofessionellen Zusammenarbeit jedoch profitieren.
Als die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) vor 20 Jahren eingeführt wurden, lästerten Kritiker gern, dass nun jeder orthopädische Schuhmacher Ärzte anstellen und so gesetzlich versicherte Patienten behandeln könne. Und tatsächlich waren damals neben Vertrags(zahn)ärzten auch Apothekerinnen, Physiotherapeuten, Ergotherapeutinnen sowie Heil- und Hilfsmittelerbringer als MVZ-Gründer zugelassen. Diese Möglichkeit besteht heute nicht mehr. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Therapeuten ist aber nach wie vor machbar.
In einer Praxisgemeinschaft kooperieren
Eine Kooperation zwischen Ärzten und Therapeuten ist zum Beispiel in einer Praxisgemeinschaft möglich, einer Gesellschaft also, die sich ausschließlich Kosten teilt, aber keine eigenen Behandlungsleistungen anbietet. Sie kann Räume und Personal bereitstellen, Material einkaufen und Ver träge mit Dienstleistern schließen. Die Kosten teilen die Gesellschafter dann je nach Inanspruchnahme unter sich auf. Nach außen treten alle Behandler weiterhin unter eigenem Namen auf, mit eigenem Praxisschild und Briefkopf. Die Behandlungsverträge schließen die Patienten separat mit jedem Behandler. „Das macht die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und der ärztlichen Schweigepflicht am gemeinsamen Empfang zu einer Herausforderung“, sagt Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München. Gibt ein Behandler Patienten daten an einen anderen weiter, muss der Patient vorher zustimmen. „Beachten müssen Ärztinnen und Ärzte zwingend auch, dass eine Zuweisung des Patienten an den Leistungserbringer berufs- und strafrechtlich untersagt ist“, weiß Müller. Trotzdem besteht in dieser Konstellation natürlich eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Patienten sich von Arzt und Therapeut der Praxisgemeinschaft behandeln lassen.
Die medizinische Kooperationsgemeinschaft
Die Musterberufsordnung für Ärzte sieht in Paragraph 23b die medizinische Kooperationsgemeinschaft zwischen Ärzten und Angehörigen anderer Fachberufe vor. Hier gelten von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regeln. In Bayern ist beispielsweise die Kooperation mit Heilpraktikern unzulässig. Voraussetzung für die Zusammenarbeit ist ein gleichgerichteter oder integrierender diagnostischer oder therapeutischer Zweck bei der Heilbehandlung. Dieser kann auch auf dem Gebiet der Prävention und Rehabilitation liegen. „Die ärztliche Unabhängigkeit muss in einer solchen Kooperationsgemeinschaft gewahrt sein, die Verantwortungsbereiche der Partner gegenüber den Patientinnen und Patien ten bleiben getrennt“, sagt Müller.
Interessantes Modell für Privatpatienten
Das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat dieses Konstrukt allerdings nicht aufgenommen. Außer im Rahmen der „Besonderen Versorgung“ (früher: integrierte Versorgung) ist eine solche Kooperation nicht vorgesehen, und die Krankenkassen schließen – soweit ersichtlich – auch keine Leistungserbringungsverträge nach Paragraph 125 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit medizinischen Kooperationsgemeinschaften. Für Privatpatienten kann das aber durchaus ein interessantes Modell sein.
Therapeuten in der Arztpraxis: So geht die Anstellung
Berufsrechtlich ist es grundsätzlich zulässig, einen Therapeuten in der eigenen Arzt-praxis anzustellen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Ärztinnen und Ärzte Fähigkeiten und Kenntnisse besitzen, um den angestellten Therapeuten anzuleiten und zu beaufsichtigen. Die jeweilige Therapieform muss also Bestandteil der Weiterbildung des ärztlichen Fachgebiets sein, um dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung gerecht zu werden. Letztlich delegiert der Arzt hier nur seine eigene, persönliche Leistung an einen Angestellten, der entsprechend anzuleiten und zu überwachen ist.
Daraus folgt, dass der Arzt die grundlegenden Entscheidungen über physikalisch-medizinische Eingriffe und Therapien selbst treffen muss. Bei physikalisch-medizinischen Leistungen ist für die Abrechenbarkeit der Leistung allerdings nicht erforderlich, dass der Arzt die Durchführung der physikalischen Maßnahmen durchgängig und lückenlos überwacht. Er muss also nicht während der gesamten Dauer der Durchführung anwesend sein. Es reicht jedoch nicht aus, dass der Arzt wie bei der Verordnung nur die Therapieart und -dauer festlegt und die Durchführung der Therapie seinem Angestellten überlässt. Ob die Anstellung eines Therapeuten in der Arztpraxis angesichts der erzielbaren Gebühren nach der Gebührenordnung für Ärzte und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab sinnvoll ist, sollten Medizinerinnen und Mediziner genau prüfen.