Die ärztliche Praxis zu Hause ist steuerlich problematisch
Praktisch ist es schon, die Praxis in der auch privat bewohnten Immobilie einzurichten. Doch was passiert, wenn der Verkauf oder die Aufgabe der Praxis bevorsteht oder der Arzt eine Berufsausübungsgemeinschaft gründen will? Bereits im Vorfeld sind hier viele steuerliche und rechtliche Details zu bedenken.
Wollen Ärzte ihre ärztliche Praxis zu Hause in der auch privat genutzten Immobilie einrichten, sollten sie vor dieser Grundsatzentscheidung an verschiedene Konstellationen denken, die im Laufe des Berufslebens eintreten können.
- Ist die Praxis für einen potenziellen Nachfolger nutzbar?
- Wie sieht es mit der Privatsphäre im eigengenutzten Teil der Immobilie aus?
- Welche steuerlichen Fallstricke gibt es?
Vorzüge der steuerlichen Absetzbarkeit
Betreibt eine Ärztin oder ein Arzt die Praxis in der ansonsten privat genutzten Immobilie, dann gehört der Gebäudeteil, in dem sich die Praxis befindet, anteilig zum notwendigen Betriebsvermögen. Alle Betriebskosten und -ausgaben für den Erwerb, Unterhalt und die Ausstattung des Gebäudeteils kann der Praxisinhaber steuerlich absetzen. Das betrifft beispielsweise auch Abschreibungen bis zu drei Prozent pro Jahr (je nach Baujahr) auf
- Anschaffungs- sowie Herstellungs-kosten,
- Renovierungsarbeiten oder
- Instandsetzungsarbeiten.
So weit die Vorteile. Der Nachteil der Praxis zu Hause: Der für die Praxis genutzte Gebäudeteil ist steuerlich verstrickt. „Will der Arzt irgendwann aufgeben oder verkaufen, muss er die in diesem Gebäudeteil schlummernden stillen Reserven versteuern“, erklärt Ecovis-Steuerberaterin Annette Bettker in Rostock. Der Gewinn aus der zwischenzeitlichen Wertsteigerung des Gebäudeteils gehört zu den steuerpflichtigen Einnahmen. Bei einem freiberuflich tätigen Arzt führt das zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit.
Die Praxisräume zu Hause sind oft nicht Teil des Kaufpreises. Dennoch müssen Verkäufer einen fiktiven Entnahmegewinn versteuern, wenn sie die Praxis aus dem Betriebs- in das Privatvermögen überführen. Dadurch steigt die Steuerlast.
Steuerfalle bei Verkauf oder Aufgabe
Verkaufen Ärzte altersbedingt die Praxis und behalten die Räume in der privaten Immobilie zurück, greifen die günstigen Steuerkonditionen für den realisierten Entnahmegewinn nur bedingt. Für die Steuerbegünstigung ist es nicht schädlich, wenn der Arzt einen Teil seiner früheren Patienten im Rahmen einer Bagatellgrenze weiterbehandelt. In jedem Fall schädlich ist es jedoch, wenn er das in den alten Praxisräumen macht. Da der Arzt diese zwangsläufig für die Behandlung der zurückbehaltenen Patienten nutzt, gelten sie als nicht gleichzeitig und vollständig in das Privatvermögen überführt. Dann unterstellt die Finanzverwaltung, dass die Räume als wesentliche Betriebsgrundlage nie aus dem Betriebsvermögen der verkauften Praxis entnommen wurden. „Das Finanzamt versagt die Steuerermäßigung aus dem Verkauf der gesamten Praxis rückwirkend“, sagt Bettker.
Stolperfalle bei Gründung einer BAG
Will ein Arzt mit einem Kollegen eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) mit zwei Standorten gründen, kann das auf Antrag beim Finanzamt steuerbegünstigt erfolgen. Bringt ein Arzt eine Einzelpraxis in eine BAG ein und gewährt Gesellschaftsrechte, ist das aus ertragsteuerlicher Sicht ein tauschähnlicher Vorgang im Sinne eines Betriebsverkaufs. Dann muss er die stillen Reserven nicht zwingend aufdecken. Ein fiktiver Verkaufsgewinn ist nicht zu versteuern. Die Immobilie bleibt im Sonderbetriebsvermögen, also im Eigentum, des einbringenden Arztes, der sie der BAG zur Nutzung überlässt. „Diese Vorgehensweise ist noch umstritten. Für eine rechtssichere Gestaltung sollten Ärzte beim Finanzamt einen Antrag auf verbindliche Auskunft stellen“, empfiehlt Bettker.
Vorsicht bei MVZ-GmbH-Gründung
Verkauft ein Arzt seine Praxis an eine MVZ-GmbH und ist er deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer, kann das dazu führen, dass er keine Steuerermäßigung für die aufgedeckten stillen Reserven bekommt. Das gilt dann, wenn die Immobilie vom Verkauf ausgenommen und der MVZ-GmbH zur Miete überlassen wird. „Die Finanzverwaltung sieht darin eine gewerbliche Betriebsaufspaltung, bei der die Praxisräume vom Betriebsvermögen der Praxis in das einer gewerblichen Vermietung an die GmbH rutschen“, erklärt Bettker. Da die Praxisräume dann nicht ins Privatvermögen übergehen, werden auch keine stillen Reserven aufgedeckt und der steuerlich begünstigte Praxisverkauf an die MVZ-GmbH wird versagt. In diesem Fall gibt es jedoch die Möglichkeit, die Praxis nicht an die MVZ-GmbH zu verkaufen, sondern sie zu Buchwerten in die MVZ-GmbH einzubringen. Dann wird kein Verkaufsgewinn ermittelt und es resultiert keine Steuerlast aus dem Übertragungsvorgang. Allerdings ist die Immobilie insgesamt in das MVZ einzubringen, um die Übertragung zu Buchwerten – und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven – zu bekommen.
Lesetipp: Steuervorteile beim Praxisverkauf
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https://www.ecovis.com/medizin/praxisaufgabe-mit-richtiger-planung-steuern-sparen/