Abbau der Leiharbeit in der Pflege: Schlechtere Versorgungsqualität?
Der Bundesrat hat einen Beschluss zur Eindämmung der Leiharbeit in der Pflege gefasst. Die Redaktion von ECOVIS med hat in der Branche nachgefragt, ob Betroffene den Vorschlag für richtig oder falsch halten.
Pro
Die Bayerische Krankenhausgesellschaft begrüßt die Initiative des Bundesrats zur Eindämmung der Leiharbeit. Die zunehmende Leiharbeit in der Pflege ist ein wachsendes Problem für die Krankenhäuser.
Gemeinsam mit ver.di Bayern haben wir im April 2024 erneut festgestellt, dass Leiharbeit die Stammbelegschaft nicht ersetzen darf, sondern nur befristet und in Ausnahmefällen sinnvoll ist. Daher sind klarere Spielregeln für die Leiharbeit zu finden.
Aus unserer Sicht wäre es sinnvoller, wenn dies über eine Vereinbarung mit den Zeitarbeitsunternehmen erfolgen könnte. Andernfalls werden gesetzliche Einschränkungen der Leiharbeit zur Sicherstellung der Versorgung unausweichlich. Leiharbeit wurde früher eingesetzt, um kurzfristige Personalausfälle oder Arbeitsspitzen abzudecken. Heute ist sie ein fester Bestandteil des Arbeitsmarkts.
Leiharbeit spaltet die Belegschaft en in den Kliniken, da Pflegekräfte, die über Leiharbeitsverträge angestellt sind, bevorzugte Schichten erhalten. Dies führt dazu, dass das Stammpersonal unattraktive Arbeitszeiten übernehmen muss. Dieser Trend verstärkt sich, da die höheren Kosten der Leiharbeit nicht im Pflegebudget berücksichtigt werden. Die Krankenhäuser bemühen sich um Verbesserungen, doch der Wettbewerb mit den Leiharbeitsfirmen erschwert dies erheblich.
Unsere Forderungen sind die Deckelung der Kosten für Leiharbeit und Regelungen zur Teilnahme am Schichtdienst sowie die Ausweitung der Refinanzierung von Leiharbeit im Rahmen des Pflegebudgets.
Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft
Contra
Wir verstehen diese Initiative nicht, denn durch den Pflegeschlüssel in den Krankenhäusern besteht die Gefahr, dass Stationen aufgrund von Personalmangel geschlossen oder Patienten abgelehnt werden müssen. Den Kliniken fehlen dann die Einnahmen und somit auch ihre Existenzgrundlage. Außerdem leidet durch Personalmangel auch die Qualität in der Patientenversorgung. Das wirkt sich dann in schlechter Bewertung auf den Krankenhausbetreiber aus und schadet der Versorgung in der Fläche. Der Einsatz von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern verhindert das.
Für Leiharbeit spricht auch ganz klar die Flexibilität, nicht nur bei kurzfristigen Krankheitsausfällen oder längerfristigem Krankheitsersatz, sondern auch bei Beschäftigungsverboten von Schwangeren. Es dauert oft lange, bis ein adäquater Ersatz gefunden wird. Außerdem haben die Pflegeeinrichtungen so die Möglichkeit, geeigneten Mitarbeitern Übernahmeangebote zu machen. Damit kann die Einrichtung die eigene Human-Resource-Abteilung kostengünstig unterstützen. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass das immer öfter passiert.
Auch das Argument, dass die Stammbelegschaft in Krankenhäusern beeinträchtigt oder schlechtergestellt wird, wenn Leiharbeitende mitarbeiten, zieht nicht. Ohne die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter wäre die Arbeitsbelastung der eigenen Angestellten in den Kliniken noch viel höher. Außerdem sind unsere Beschäftigten hochmotiviert und bestens ausgebildet. Sie sind oft in der Lage, besonders die schwierig zu versorgenden Patienten adäquat zu betreuen oder zu behandeln. Das hilft bei der Dienstplangestaltung ungemein.
Markus Webelhaus ,Geschäftsführender Gesellschafter von Die Jobmacher