Betriebsprüfung: Richtsatzschätzung vor dem Aus?
Betriebsprüfer stufen anhand von Vergleichswerten aus der Branche den Umsatz eines Unternehmens oft höher ein, als er tatsächlich ist. Dann fallen auch mehr Steuern an. Der Bundesfinanzhof prüft jetzt, ob die Richtsatzschätzung weiter anzuwenden ist.
Was müssen Unternehmen dazu wissen? Den vermeintlich richtigen Gewinn ermitteln Prüfer bei einer Betriebsprüfung mitunter per Schätzung. Vor allem bei Fehlern in der Buchführung in sogenannten „bargeldintensiven“ Branchen kommt dies häufig vor. In diesen Fällen greifen Prüfer auf eine amtliche Richtsatzsammlung zurück. Diese gibt es für ca. 74 verschiedene Branchen, die bundesweit gelten. Richtsätze sind dabei etwa der Wareneinsatz und der Rohgewinnaufschlagsatz, der typisch für die jeweilige Branche ist. Die Prüfer rechnen dann auf Basis der mit der Gewinnermittlung ausgewiesenen Kosten der eingekauften Waren und dem durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz den vermeintlichen Umsatz des Unternehmens aus. Sehr oft liegt der so ermittelte Umsatz über dem ursprünglich erklärten Umsatz. Folge: Es fallen mehr Umsatz- und Ertragsteuern an. Der Bundesfinanzhof (BFH) ist sich aktuell nicht mehr sicher, ob die angewandte Richtsatzschätzung noch als Schätzungsmethode tauglich ist. Unklar ist für die Richter zum Beispiel, wie die Betriebsprüfer die berücksichtigten Zahlen ermitteln. Der Bundesfinanzhof hat daher einen umfassenden Fragenkatalog verfasst, den das Bundesfinanzministerium nun beantworten muss. So will man auch die Frage klären, wie der Steuerpflichtige die Ergebnisse einer solchen Schätzung nachvollziehen und überprüfen kann. In der Tat ist das aktuell fast unmöglich. Im Ergebnis könnte die Schätzungsmethode daher in der Zukunft keine Anwendung mehr finden. Wenn in laufenden Betriebsprüfungen Richtsatzschätzungen erfolgen, könnten sie rechtswidrig sein. Der Ausgang des Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof ist offen.
Betroffene Unternehmer können sich gegebenenfalls auf das anhängige Musterverfahren vor dem Bundesfinanzhof berufen und Einspruch einlegen. Die Güstrower Steuerberater Anja Lamm und Ulf Knorr von Ecovis kennen die Materie gut und beraten hier gern.