Videoüberwachung und Datenschutz
Die Videoüberwachung wird in vielen Bereichen unseres Alltags allgegenwärtig – ob in Geschäften, an Bahnhöfen oder auf Firmengeländen, aber auch auf öffentlichen Straßen und Plätzen durch Mobiltelefone oder Drohnen, deren Aufzeichnungen über soziale Netzwerke öffentlich verbreitet und damit auch digital ausgewertet werden können. Damit eröffnen sich für Unternehmen zahlreiche Vorteile – von der Prävention vor Vandalismus bis zur Weiterleitung der Aufnahmen an Polizei und Staatsanwaltschaften zur Aufklärung von Straftaten. Doch mit den Vorteilen kommen auch komplexe Herausforderungen auf die Unternehmen und Betroffenen zu, wie solche Überwachungsmaßnahmen datenschutzrechtlich korrekt umgesetzt werden können und ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann.
1. Rechtliche Grundlage der Videoüberwachung
Der Begriff der Videoüberwachung umfasst sowohl die Videobeobachtung, bei der eine Live-Übertragung der Bilder auf einen Monitor erfolgt, als auch die Videoaufzeichnung, bei der Aufnahmen gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt ausgelesen werden können. Der Anwendungsbereich der DSGVO ist dann eröffnet, wenn einzelne Personen auf den Aufnahmen eindeutig zu erkennen sind und somit eine Verarbeitung personenbezogener Daten stattfindet.
Der Umstand, gefilmt zu werden, greift fast immer in sensible Persönlichkeitsrechte ein – der freie und unbeobachtete Aufenthalt im öffentlichen Raum ist ein eigenständiges Grundrecht, in das nicht ohne Weiteres eingegriffen werden kann.
Vor dem Kauf einer Kamera sind daher zunächst Überlegungen zum beabsichtigten Zweck anzustellen. Legitime Zwecke können der Schutz vor Einbruch, Diebstahl, Vandalismus oder der Schutz Ihres Personals oder Ihrer Kunden vor Übergriffen sein. Ein legitimer Zweck kann sodann als sogenanntes „berechtigtes Interesse“ (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) gelten und stellt die Überwachsung auf eine zulässige Rechtsgrundlage.
Ein berechtigtes Interesse muss ein tatsächlich und gegenwärtig vorliegendes Interesse darstellen. Subjektive Befürchtungen oder ein Gefühl der Unsicherheit sind spekulativer Natur und reichen, ebenso wie eine vermeintlich abschreckende Wirkung von Videoüberwachungen, in der Regel nicht aus. Vielmehr muss sich das berechtigte Interesse anhand konkreter Vorkommnisse wie beispielsweise Beschädigungen oder anderen Ereignissen, die eine Gefahrenlage objektiv begründen, gegenüber der Aufsichtsbehörde nachweisen lassen. Eine Ausnahme gilt bei Situationen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise gefährlich sind (z.B. bei Tankstellen, Spielhallen oder Juwelieren).
Zu hinterfragen ist weiterhin, ob der Zweck auch durch alternative, mildere Maßnahmen wie Sicherheitsschlösser oder Bewachungspersonal ebenso erreicht werden kann.
Wichtig ist hierbei, dass das Interesse gut begründet und dokumentiert wird. Vorkommnisse in der Vergangenheit, die bereits zu Schäden geführt haben, können die Interessen des Verantwortlichen untermauern.
2. Transparenz und Hinweispflichten
Eine weitere wesentliche Anforderung ist die Informationspflicht. Betroffene Personen müssen vor Betreten des überwachten Bereiches eindeutig informiert werden. Dies erfolgt üblicherweise durch Schilder, die auf die Videoüberwachung hinweisen. Diese Hinweise müssen gut sichtbar platziert sein und die wichtigsten Informationen enthalten, wie z.B.:
- Wer ist das verantwortliche Unternehmen?
- Wer ist der Datenschutzbeauftragte
- Zu welchen Zwecken und auf welchen Rechtsgrundlagen erfolgt die Überwachung?
- Wie lange werden die Aufnahmen zu den einzelnen Zwecken gespeichert?
Der Verweis auf ausführlichere Datenschutzhinweise ist bereits zum Zweitpunkt der Erhebung der Daten gesetzlich erforderlich, die beispielsweise über die Unternehmenswebsite abgerufen werden können und dann auch über die Rechte der Betroffenen informieren.
3. Datenminimierung und Speicherbegrenzung
Es dürfen nur soweit Aufnahmen gemacht und gespeichert werden, soweit dies für die Erreichung des festgelegten Zwecks erforderlich ist. In der Praxis bedeutet das, dass beispielsweise Kameras so positioniert werden sollten, dass nur die relevanten Bereiche überwacht werden (z.B. Eingänge statt des gesamten Kundenbereichs). Sofern Einbrüche eher nachts auftraten, ist eine Überwachung ggf. auf die Nachtzeit zu beschränken.
Die Speicherdauer der Aufnahmen ist auf das notwendige Minimum zu beschränken. Sollten keine unerwünschten Ereignisse aufgetreten sein, ist ein umgehendes Löschen / Überschreiben der Aufnahmen anzuraten. Eine allgemeine Empfehlung lautet, dass Videoaufnahmen nach ca. 72 Stunden gelöscht werden sollten. Kam es zu Einbrüchen, Vorfällen oder Sachbeschädigungen, ist für diese Aufnahmen eine längere Speicherung im Sinne der Klärung des Sachverhaltes legitimierbar.
4. Technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs)
Wie bei jeder Datenverarbeitung müssen auch bei der Videoüberwachung angemessene technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden, um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten. Dazu gehören:
- Verschlüsselte Speicherung der Aufnahmen,
- Zugangsbeschränkungen zu den gespeicherten Daten,
- Sicherstellung, dass nur berechtigte Personen Zugriff auf die Aufnahmen haben.
- ggf. Vier-Augen-Prinzip
- Ist ein Dienstleister involviert, ist mit diesem ein Auftragsverarbeitungsvertrag zu schließen.
5. Besondere Vorsicht bei der Überwachung von öffentlichen Bereichen
Die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Bereichen, wie Straßen oder Plätzen, ist besonders kritisch zu betrachten. Hier überwiegen im Allgemeinen die Interessen der betroffenen Personen, da sie sich dieser Überwachung häufig nicht entziehen können. In solchen Fällen ist die Rechtfertigung der Überwachungsmaßnahme besonders genau zu prüfen. Aufnahmen, die über den privaten Bereich hinausreichen und möglicherweise einen öffentlichen Weg umfassen, müssen durch den Verantwortlichen unter Umständen verpixelt werden.
6. Videoüberwachung am Arbeitsplatz
Besonders sensibel ist die Videoüberwachung am Arbeitsplatz. Hier stehen die Persönlichkeitsrechte der MitarbeiterInnen im Vordergrund, weshalb strenge Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Überwachung gestellt werden. Eine Überwachung darf nur in Ausnahmefällen und aus legitimen Gründen erfolgen, z.B. zum Schutz von Eigentum oder zur Verhinderung von Straftaten. Kontrollzwecke, wie die Überwachung von Arbeitsleistungen oder Verhaltenskontrollen, sind in der Regel unzulässig.
Die Betriebsräte müssen in Unternehmen mitbestimmen, wenn eine Videoüberwachung eingeführt wird (gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Zudem ist sicherzustellen, dass die Überwachung auf Bereiche beschränkt ist, die für den genannten Zweck notwendig sind (wie etwa Eingänge oder Lagerbereiche). Keinesfalls dürfen Pausenräume oder Toiletten überwacht werden. Auch hier sind Transparenz, Zweckbindung und Datenminimierung essenziell.
7. Datenschutz-Folgenabschätzung bei systematischer und umfangreicher Überwachung
Bei einer Videoüberwachung muss das persönliche Risiko der natürlichen Personen kritisch hinterfragt werden. Zu systematischen Analyse des Risikos und im Hinblick auf die Rechenschaftspflicht des Unternehmens empfiehlt sich die Durchführung einer Datenschutzfolgeabschätzung.
Darüber hinaus ist die Verarbeitung im Rahmen der „Videoüberwachung“ in Ihrem Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten zu dokumentieren.
Fazit: Datenschutzgerechte Videoüberwachung – ein Balanceakt
Die Videoüberwachung kann Sicherheit gewährleisten und Eigentum schützen, greift jedoch zeitgleich tief in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen ein, so dass ein sorgfältiger Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen des überwachenden Unternehmens und den Grundrechten der Betroffenen erforderlich ist.
Das Thema ist grundsätzlich sehr einzelfallbezogen. Haben Sie Fragen oder benötigen Unterstützung bei der datenschutzrechtlichen Umsetzung einer Videoüberwachung? Wir helfen Ihnen gerne weiter!