Widerruf vollständig erbrachter Verträge

Widerruf vollständig erbrachter Verträge

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Wenn online Dienstleistungsverträge geschlossen werden, stellt sich häufig die Frage, ob dem Kunden – obwohl die Leistung bereits vollständig erbracht wurde – ein Widerrufsrecht zusteht.

Rechtliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage für ein solches Widerrufsrecht ergibt sich regelmäßig aus §§ 355, 312g BGB. Danach ist ein Verbraucher berechtigt, einen online abgeschlossenen Vertrag ohne weitere Angabe von Gründen zu widerrufen.

Bei Dienstleistungsverträgen gilt aber zusätzlich die Regelung des § 356 Abs. 4 BGB. Dementsprechend erlischt bei einem Dienstleistungsvertrag das Widerrufsrecht dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Dafür muss der Verbraucher jedoch seine ausdrückliche Zustimmung gegeben haben und bestätigen, dass er vom Erlöschen seines Widerrufsrechts Kenntnis erlangt hat. Die Zustimmung des Verbrauchers muss dabei vom Unternehmer auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden.

Sofern ein Unternehmer diese Voraussetzungen nicht einhält, steht dem Verbraucher ein uneingeschränktes Widerrufsrecht zu. Auch ein Wertersatz (gem. § 357 Abs. 8 BGB) kommt in diesem Fall nicht infrage.

Hat der Unternehmer zwar ordnungsgemäß informiert und die Daten entsprechend gespeichert (und der Verbraucher eine sofortige Ausführung verlangt), so erlischt das Widerrufsrecht ebenfalls nicht, wenn er seine Leistung noch nicht vollständig erbracht hat. In diesem hat der Unternehmer allerdings einen Anspruch auf Wertersatz.

Umgehung durch AGB?

Fraglich ist, ob der Unternehmer mit entsprechenden allgemeinen Geschäftsbedingungen ein anderes Ergebnis erzielen kann. Denn im Hinblick auf den letzten Absatz könnten AGB derart formuliert werden, dass eine vollständige Leistung rechtlich quasi sofort eintritt, um ein Erlöschen des Widerrufsrechts zu bewirken.

Mit dieser Frage beschäftigte sich vor kurzem auch der BGH im Rahmen von Partnervermittlungsverträgen (Az. III ZR 169/20). Dieser kam zu dem Ergebnis, dass allgemeine Geschäftsbedingung – zumindest insgesamt – nicht dazu taugen, den eigentlichen Vertragsgegenstand zu ändern, da dann ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorläge. Vielmehr sei entscheidend, worauf es der einen oder der anderen Partei in hohem Grade ankam, was sie unter allen Umständen erlangen wollten.

Eine Umgehung durch AGB ist deshalb nicht möglich.

Fazit

Unternehmer sollten mithin daran arbeiten, dem Verbraucher (Einwilligung usw. vorausgesetzt) die tatsächlich vereinbarte Leistung möglichst schnell und vollständig zu erbringen. Erst dann erlöscht das Widerrufsrecht. Wo ein solches Vorgehen nicht möglich ist, sollten die werthaltigsten Teilleistungen als erstes erbracht werden, umso zumindest einen möglichst hohen Anspruch auf Wertersatz zu erhalten. Wer aber nun denkt, er könne zumindest den Einzelwert durch AGB festlegen, um den Wertersatz auf diese Weise an den eigentlichen Vertragswert anzunähern, der ist auf das EuGH-Urteil (C-641/19) zu verweisen. Danach ist kommt es für die Bestimmung des Wertes nämlich auf die Gesamtheit der vertragsgegenständlichen Leistungen an, wobei dann die einzelnen (Teil-)Leistungen zeitanteilig bestimmt werden.

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