Aktuelle Themen
Aktuelles aus Steuern und Recht
EU-Produkthaftungsrichtlinie: Künftig auch Software und KI betroffen
17.12.2024Die EU hat ihre Produkthaftungsrichtlinie (Product Liability Directive, “PLD”) grundlegend überarbeitet. Die Richtlinie ist Teil eines Maßnahmenpakets zur Harmonisierung der Haftungsregeln für künstliche Intelligenz (KI). Künftig erstreckt sich die Produkthaftung nicht nur auf Hardware, sondern auch auf digitale Produkte wie digitale Konstruktionsunterlagen und Software, einschließlich KI-Systemen.
Was gilt beim Freibetrag für das Kind eines zivilrechtlich als verstorben geltenden Elternteils
17.12.2024In seinem Urteil vom 31. Juli 2024 entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass ein im Zivilrecht als verstorben geltender Elternteil nicht automatisch auch im Erbschaftsteuerrecht als verstorben gilt. Die Details kennt Ecovis-Steuerberater Peter Knop in München.
Ein Freibetrag im Steuerrecht ist ein Betrag, der die Steuerbemessungsgrundlage mindert. Im Gegensatz zur Freigrenze sind bei einer Überschreitung des Betrags nicht die gesamten Einkünfte steuerpflichtig, sondern nur der Teil, der den Freibetrag übersteigt.
Die Freibeträge in der Erbschaftssteuer fallen je nach verwandtschaftlicher Nähe zum Verstorbenen unterschiedlich hoch aus. Kindern und Kindern von verstorbenen Kindern, also Enkeln, deren Elternteil verstorben ist, steht ein Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro zu. Wenn die Eltern aber noch leben, dann erhält der Enkel laut Gesetz nur einen Freibetrag von 200.000 Euro.
Der Fall:
Der Kläger erbte ein Viertel des Nachlasses seines Großvaters. Zuvor hatte der Vater des Klägers auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet. In der Erbschaftsteuererklärung beantragte der Kläger daher einen Freibetrag von 400.000 Euro (Paragraf 16 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 Erbschaftsteuergesetz, ErbStG). Er berief sich dabei auf die Vorversterbensfiktion (Paragraf 2346 Abs. 1, S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Nach dieser behandelt der Gesetzgeber einen im Testament genannten Erbe so, als wäre er schon vor dem Erblasser tot gewesen. Der Kläger sah sich somit als Kind eines verstorbenen Kindes.
Das zuständige Finanzamt gewährte dem Kläger jedoch nur einen Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro. Es sah den Kläger nur als das Enkelkind des Erblassers an. Der Vater des Klägers beziehungsweise der Sohn des Großvaters, lebte zum Zeitpunkt des Erbfalls noch. Dass der Vater zuvor bereits förmlich gegenüber dem Großvater des Klägers auf sein Erbe aus der vorweggenommenen Erbfolge verzichtet hatte, hatte für das Finanzamt keine Relevanz. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Revision ein.
Das Urteil des BFH
In seinem Urteil gab der BFH der Entscheidung des Finanzamts recht und unterschied in seiner Begründung klar zwischen der zivilrechtlichen und erbschaftsteuerlichen Sicht (Urteil vom 31. Juli 2024, II R 13/22).
Zivilrechtliche Sicht:
Das BGB kennt eine Vorversterbensfiktion. Verwandte oder Ehegatten des Erblassers können demnach durch einen Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist dann von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen und wird zum Zeitpunkt des Erbfalls so behandelt, als würde er nicht mehr leben. Aus zivilrechtlicher Sicht galt der Vater des Klägers, der auf sein Erbe verzichtet hat, im vorliegenden Fall als verstorben, obwohl er in Wirklichkeit noch lebte.
Erbschaftsteuerrechtliche Sicht:
Der BFH hat in seinem Urteil klargestellt, dass die zivilrechtliche Fiktion nicht bewirkt, dass das Kind – hier der Vater des Klägers –, das auf das Erbe verzichtet, auch im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes als verstorben gilt. Folglich kann der Kläger, also der Enkel des Erblassers, nicht den Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro erhalten, da sein Vater laut Erbschaftsteuergesetz noch lebt.
In der Konsequenz gewährte das Finanzamt dem Kläger einen Freibetrag von 200.000 Euro (Paragraf 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) und setzte entsprechend mit Bescheid die Erbschaftsteuer fest.
Unser Tipp: Nachlass richtig planen
„Das aktuelle Urteil des BFH verdeutlicht, wie wichtig die Unterscheidung zwischen Erbschaftsteuerrecht und Zivilrecht im Rahmen der Nachlassplanung ist“, sagt Ecovis-Steuerberater Knop. „Während das Zivilrechteinen Elternteil als fiktiv tot ansehen kann, folgt das Erbschaftsteuerrecht bei der Bestimmung der Freibeträge dieser Fiktion nicht“, erklärt der Ecovis-Experte.
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Überstunden bei Teilzeit: Auch Teilzeitkräfte bekommen Zuschläge gezahlt
16.12.2024Arbeitgeber dürfen Teilzeitbeschäftigte nicht benachteiligen. Arbeiten diese mehr als vertraglich vereinbart, müssen Arbeitgeber auch ihnen Überstundenzuschläge zahlen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts erklärt Ecovis-Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Gunnar Roloff in Rostock.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass eine Regelung diskriminierend ist, wonach Überstundenzuschläge erst dann zu zahlen sind, wenn die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wird. „Eine solche Vereinbarung diskriminiert Teilzeitbeschäftigte, weil diese für Zeiten, die sie über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeiten, solange keine Zuschläge erhalten, bis sie die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten erreichen“, erklärt Roloff.
Der Fall: Arbeitnehmerin in Teilzeit verlangt Überstundenzuschläge
Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die in Teilzeit im Umfang von 40 Prozent eines Vollzeitbeschäftigten tätig war. Der auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag sah einen Überstundenzuschlag von 30 Prozent für Überstunden vor, die die Teilzeitbeschäftigte über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus leistet. Die Klägerin hat von ihrem Arbeitgeber verlangt, dass dieser auch ihr die Überstundenzuschläge gewährt. Zugleich hatte sie die Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines Vierteljahresverdienstes verlangt. Sie berief sich dabei auf eine unzulässige Diskriminierung im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten. Sie machte geltend, dass sie wegen ihres Geschlechts mittelbar benachteiligt sei, weil ihr Arbeitgeber überwiegend Frauen in Teilzeit beschäftigen würde.
Unterschiedliche Entscheidungen der Gerichte
Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin immerhin die Überstundenzuschläge zuerkannt, die Klageabweisung hinsichtlich der von der Beschäftigten geforderten Entschädigung jedoch bestätigt. Mit Beschluss vom 28. Oktober 2021 hatte das BAG das Revisionsverfahren ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen. Mit Urteil vom 29. Juli 2024 (C 184/22 und C 185/22) hat der EuGH die Fragen des Bundesarbeitsgerichts beantwortet.
BAG-Entscheidung: Arbeitgeber dürfen Teilzeitkräfte nicht diskriminieren
Das BAG hat daraufhin der Klägerin die Überstundenzuschläge – wie schon das Landesarbeitsgericht – zugesprochen. Darüber hinaus hat ihr das BAG eine Entschädigung von 250 Euro zuerkannt. Die Begründung: Teilzeitbeschäftigte sind benachteiligt, weil der Überstundenzuschlag nicht schon für Zeiten gezahlt werde, die über die vertraglich vorgesehene Arbeitszeit hinausgehen. Zudem sei ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung nicht erkennbar. Die Regelung zur Gewährung von Überstundenzuschlägen ist wegen des Verstoßes gegen das Verbot von Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam. Das führt zu einem Anspruch der Klägerin auf die eingeklagte weitere Zeitgutschrift (Entscheidung vom 5. Dezember 2024 (8 AZR 370/20).
Damit hat das BAG der Klägerin eine Entschädigung nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zuerkannt. Sie habe durch die Anwendung der Überstundenregelung eine mittelbare Benachteiligung wegen ihres Geschlechts erfahren. Beim Arbeitgeber seien mehr als 90 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen. Die Entschädigung hat das BAG auf 250 Euro festgesetzt. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass dieser Betrag ausreichend sei, um den der Klägerin durch die mittelbare Geschlechtsbenachteiligung entstandenen immateriellen Schaden auszugleichen. „Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht betont, dass die Entschädigungshöhe erforderlich sei, um die gebotene abschreckende Wirkung zu entfalten“, schildert Roloff.
Was Arbeitgeber beachten sollten
Arbeitgeber sollten dringend ihre Vergütungsgrundsätze prüfen. „Nach der neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts besteht bei unwirksamen Regelungen zur Überstundenvergütung nicht nur ein Anspruch der Teilzeitkräfte auf diejenigen Vergünstigungen, auf die sich auch die Vollzeitbeschäftigten berufen können“, sagt Gunnar Roloff. Beschäftigte können zudem Ansprüche in der Vergangenheit geltend machen. „Für den Arbeitgeber wäre es in diesem Zusammenhang hilfreich, wenn er sich auf eine wirksame Ausschlussklausel berufen könnte“, erklärt Roloff. Anderenfalls können Arbeitnehmer Ansprüche so lange geltend machen, bis sie verjährt sind. Und die Verjährung beträgt immerhin drei Jahre.
„Teuer kann es für Unternehmer werden, wenn sie sich Entschädigungsansprüchen der teilzeitbeschäftigten Belegschaft ausgesetzt sehen“, weiß Roloff. Zwar ist der im Einzelfall zugesprochene Entschädigungsbetrag von 250 Euro überschaubar. Bei Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Teilzeitbeschäftigten kann das in der Summe jedoch eine finanzielle Belastung bedeuten.
Schenkung: Vorsicht bei niedrig verzinslichem oder zinslosem Darlehen!
12.12.2024Die Vereinbarung von Darlehensverträgen mit einem darin ausgewiesenen besonders niedrigen Zinssatz kann eine steuerpflichtige Schenkung auslösen. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem aktuellen Urteil. Worauf Darlehensgeber und -nehmer besonders achten sollten, erklärt Sven Blechschmidt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in Dresden.
Hintergrund: Freigebige Zuwendungen
In der Praxis kommt es häufig zu einem unterschätzten steuerlichen Problem: Verwandte oder Freunde helfen sich kurzfristig finanziell aus, indem sie sich Darlehen für längere Zeit, sowohl für private als auch gewerbliche Zwecke, zinslos oder niedrig verzinst gewähren.
Bei einem zinslosen Darlehen liegt eine (unentgeltliche) freigebige Zuwendung vor. Ist das Darlehen niedrig verzinst, handelt es sich um eine gemischt-freigebige Zuwendung, oder auch gemischte Schenkung.
Der Fall: Welcher Zinssatz ist bei einem Darlehen heranzuziehen?
In einem aktuellen Streitfall vor dem BFH erhielt der Kläger von seiner Schwester ein Darlehen über 1.875.768,05 Euro mit einem Zinssatz von einem Prozent, rückwirkend zum 1. Januar 2016.
Problematisch war hierbei die Frage, welcher Zinssatz bei einem nicht marktüblich verzinsten Darlehen zur Ermittlung der Differenz zum tatsächlich vereinbarten Darlehen heranzuziehen ist:
- der pauschale Zinssatz von 5,5 Prozent (§ 15 Abs. 1 Bewertungsgesetz, BewG) oder
- der Effektivzinssatz gemäß Statistik der Deutschen Bundesbank unter Berücksichtigung des Datums des Vertragsschlusses und der Kündigungsmöglichkeit.
Laut Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern sei bei der Bewertung der Zuwendung der gesetzlich typisierte Zinssatz von 5,5 Prozent anzuwenden (§ 15 Abs. 1 BewG), da kein niedriger Zinssatz feststehe beziehungsweise vom Kläger nachgewiesen worden sei (Urteil vom 27. April 2022, 3 K 273/20).
Entscheidung des BFH: Es kommt nicht grundsätzlich auf den pauschalen Zinssatz an
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Grundsätzlich sei von dem gemeinen Wert der Nutzung in Höhe von 5,5 Prozent auszugehen, „wenn kein anderer Wert feststeht“ (§ 15 Abs. 1 BewG).
Das FG hatte aber ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger im konkreten Fall durch die Angaben der Deutschen Bundesbank ein aus vergleichbaren Darlehen abgeleiteten marktüblichen Zinssatz von 2,81 Prozent für 2016 hätte zahlen müssen. Außerdem konnte das FG diesen Zinssatz auf die persönliche Situation des Steuerpflichtigen als wirtschaftlich selbständige Person und die im Einzelfall vereinbarten Darlehenskonditionen, also der Laufzeit und Kündigungsmöglichkeit, beziehen. Damit stand ein anderer Wert fest, der auch herangezogen werden muss.
Laut BFH müsse der Steuerpflichtige keinen anderen Wert nachweisen. Die Vorschrift sei im Passiv formuliert und fordere somit lediglich das Feststehen eines anderen Werts (Urteil vom 31. Juli 2024, II R 20/22).
In der Praxis ist ein niedrig verzinstes Darlehen zwischen Eltern und Kindern aufgrund des persönlichen Freibetrags von 400.000 Euro unproblematisch, wenn nicht – wie im vorliegenden Fall – Millionenbeträge überlassen werden.
Gestaltung von Darlehensvereinbarungen: Das müssen Sie berücksichtigen
Folgende Punkte sollten Sie bei Darlehensvereinbarungen beachten:
- Vor Beginn des Darlehensverhältnisses, Vergleichsangebote von Banken einholen und vorhalten, um Diskussionen mit der Finanzverwaltung hinsichtlich der Fremdüblichkeit der Verzinsung zu vermeiden.
- Nachweis eines niedrigeren, marktüblichen Zinssatzes beschaffen.
- Verbindliche und nicht freibleibende Angebote von Banken mit vergleichbaren Darlehenskonditionen, also ähnlicher Laufzeit, Tilgung und Kündigungsfrist, einholen. Hierbei muss es sich allerdings um einen Kreditzins für ein ungesichertes Darlehens zu vergleichbaren Konditionen, das heißt ähnliche Laufzeit, Tilgung, Sicherheiten, Kündigungsrechte sowie festen oder variablen Zinssatz, handeln.
Praxishinweis: Vergleichsangebote einholen
„Sollten Sie im Vorfeld der Darlehensvereinbarung keine Vergleichsangebote eingeholt haben, können Sie durch das aktuelle BFH-Urteil auf die Statistiken der Deutschen Bundesbank zurückgreifen“, sagt Ecovis-Steuerberater und -Wirtschaftsprüfer Sven Blechschmidt. „Aber auch hier sollten Sie darauf achten, unter Berücksichtigung des Datums des Vertragsabschlusses und der Kündigungsmöglichkeit vergleichbare Darlehenskonditionen zu Grunde zu legen“, weiß der Experte. „Das gilt sowohl bei Darlehen für private als auch gewerbliche Zwecke.“
Verdeckte Gewinnausschüttung: Welche steuerrechtlichen Konsequenzen drohen
12.12.2024Wer sich als Gesellschafter selbst etwas Gutes tun will, muss aufpassen, nicht in die Falle „verdeckte Gewinnausschüttung“ zu geraten. Denn das kann reichlich Ärger und finanzielle Verluste bringen.
Ein kleiner Extra-Bonus zu Weihnachten, ein besonders hohes Geschäftsführergehalt oder ein günstiger Kredit – all das sind Beispiele für verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA). Als solche werden alle Vermögensminderungen oder verhinderten Vermögensmehrungen auf Gesellschaftsebene bezeichnet, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Im Klartext heißt das: Es handelt sich um Ausgaben, die dem Gesellschafter ohne entsprechende Gegenleistung und ohne einen entsprechenden Ausschüttungsbeschluss zufließen.
Die Steuersysteme voneinander abgrenzen
„Das Problem bei der vGA ist die unterschiedliche Besteuerung“, erklärt Jacqueline Brandhorst, Steuerberaterin bei Ecovis in Greifswald. Denn während die Gesellschaft der Körperschaftsteuer unterliegt, muss der Gesellschafter selbst Einkommensteuer zahlen. Dabei handelt es sich um verschiedene Steuersätze. „Eine gute Idee, um Steuern zu sparen, ist das aber nicht“, sagt Brandhorst. Denn diese Rechnung geht meist nicht auf. Wenn das Finanzamt etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung eine solche vGA entdeckt, muss das Ganze umqualifiziert werden. Und das bedeutet, dass Unternehmer nicht nur die zu Unrecht „ersparte“ Körperschaft- und Gewerbesteuer nachzahlen, es kann noch Umsatzsteuer hinzukommen. Auch beim Gesellschafter bleibt die vGA nicht ohne Folge, sie unterliegt noch der Abgeltungsteuer. „Die vGA ist kein Steuersparmodell und keinen Cent günstiger als eine reguläre Ausschüttung aus erwirtschafteten Gewinnen.“
Wie erkennt man eine verdeckte Gewinnausschüttung?
Grundsätzlich ist es ganz einfach, sagt Brandhorst: „Immer dann, wenn ich etwas bekomme, das ein fremder Dritter nicht zu diesen Konditionen bekommen würde, handelt es sich um eine vGA.“ In der Praxis ist es dann doch etwas komplizierter. Denn wer bestimmt die Höhe eines angemessenen Geschäftsführergehalts? „Hier gibt es Vergleichswerte, die auch die Finanzämter bei ihrer Beurteilung heranziehen“, sagt Brandhorst. Das können also etwa branchenübliche Gehälter sein, Zinsentwicklungen auf Bankdarlehen oder auch marktübliche Handypreise. Es gilt also immer der fremdübliche Vergleich.
„Gesellschafter sollten sich also stets im Vorhinein die Frage stellen: Würde ich diese Konditionen auch einem fremden Dritten anbieten? Kommen dann Zweifel auf, lohnt ein genauerer Blick“, sagt Steuerberaterin Brandhorst. Daniel Kabey, Rechtsanwalt bei Ecovis in Nürnberg, ergänzt: „In komplizierteren Fällen kann es sich auch lohnen, einen entsprechenden Gutachter mit einer Prüfung zu beauftragen.“ Solche Gutachten können Unternehmen im Falle einer Betriebsprüfung dem Finanzamt vorlegen. Unternehmer sollten das Thema regelmäßig neu anpacken. Das ist dann wichtig, wenn sie beispielsweise mit Verrechnungskonten arbeiten. „Auch hier müssen die Zinssätze den Entwicklungen im Fremdvergleich standhalten“, sagt Brandhorst. Ihr Tipp: „Einmal im Jahr sollten Unternehmerinnen und Unternehmer dafür sorgen, dass die Zinssätze in bestehenden Konten angepasst werden.“ Wer haftet bei Verstößen? Und dann sind da noch die Haftungsfragen. Was, wenn eine Betriebsprüfung eine vGA entdeckt? Meist sind die geschädigten Gesellschafter diejenigen, die auch die Gewinnausschüttung erhalten haben und somit den Vorteil hatten. „Dadurch stellt sich in diesem Fall die Frage nach einer Inanspruchnahme oftmals nicht“, erläutert Daniel Kabey.
Meist kommt es zu Haftungsfragen bei Insolvenzfällen, wenn nicht ausreichende Gewinne für Gewinnausschüttungen vorhanden waren und eben „verdeckt“ Gewinne ausgeschüttet und damit die Gläubiger der Gesellschaft geschädigt wurden. Wenn in der Satzung explizit geregelt ist, dass verdeckte Gewinnausschüttungen an die Gesellschaft zurückzuzahlen sind, muss die Rückzahlung fließen, unabhängig davon, ob tatsächlich eine Rückzahlungsverpflichtung besteht.
„Eine gesetzliche Grundlage für Rückzahlungsverpflichtungen gibt es darüber hinaus auch nur im Aktiengesetz“, sagt Kabey. „Und hier kommen verdeckte Gewinnausschüttungen höchst selten vor, da die Kontrollmechanismen in der Regel gut funktionieren.“ Bei Kapitalgesellschaften dagegen, wie etwa der GmbH, könnten lediglich Satzungen die Grundlage für Ansprüche darstellen. Doch Kabey winkt auch hier ab: „Die wirklichen praxisrelevanten Konsequenzen drohen auf steuerrechtlicher Ebene“, resümiert der Rechtsanwalt.
Ein-Prozent-Regelung: Was gilt für zusätzliche Kosten bei Privatfahrten?
11.12.2024Welche Kosten die Ein-Prozent-Regelung berücksichtigt, wirft regelmäßig Fragen auf. Was gilt beispielsweise, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusätzliche Kosten für private Fahrten tragen? Können diese den geldwerten Vorteil mindern? Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun klargestellt.
Dienstwagen und Ein-Prozent-Regelung: Was mindert den geldwerten Vorteil?
Die Pauschalierung nach der Ein-Prozent-Regelung berücksichtigt alle typischen Kosten, die mit der Bereitstellung eines Fahrzeugs durch den Arbeitgeber einhergehen. Dazu gehören beispielsweise Fixkosten wie die Abschreibung des Fahrzeugs, Versicherungen, Kraftfahrzeugsteuer und regelmäßige betriebliche Aufwendungen wie Treibstoff oder Wartung.
In dem verhandelten Fall machte ein Arbeitnehmer geltend, dass selbst getragene Kosten – wie Maut-, Fähr- und Parkgebühren sowie die Absetzung für Abnutzung (AfA) für einen privat erworbenen Fahrradträger – den geldwerten Vorteil mindern sollten. Diese Kosten entstanden ausschließlich im Rahmen privater Fahrten und Urlaubsreisen.
Urteil: Welche Kosten in die Ein-Prozent-Regelung einfließen
Der BFH lehnte diese Auffassung ab. Solche Aufwendungen könnten den geldwerten Vorteil nur dann mindern, wenn sie bei einer hypothetischen Übernahme durch den Arbeitgeber ebenfalls unter die Abgeltungswirkung der Ein-Prozent-Regelung fielen (Urteil vom 18. Juni 2024, VIII R 32/20). Als Gründe für die Entscheidung nannten die Richter:
- Die Ein-Prozent-Regelung berücksichtigt typisierend nur die allgemeinen Fahrzeugkosten, die unabhängig von der konkreten Nutzung anfallen, wie Treibstoff oder Versicherungen.
- Kosten wie Mautgebühren, Parkkosten oder die AfA für einen Fahrradträger sind nicht integraler Bestandteil der Fahrzeugüberlassung, sondern sind eigenständige geldwerte Vorteile, die nicht pauschal abgegolten sind.
- Solche Ausgaben mindern weder den Vorteil aus der Fahrzeugüberlassung noch sind sie Werbungskosten, da sie rein privat veranlasst sind.
Auswirkungen auf die Praxis
Das Urteil des BFH verdeutlicht die strikte Anwendung der gesetzlichen Grundlagen zur Ein-Prozent-Regelung. Es unterstreicht die Absicht des Gesetzgebers, mit dieser Pauschalierung eine klare und einfache Berechnungsgrundlage zu schaffen.
Tipp von Ecovis-Steuerberater Martin Fries in Aschaffenburg: „Prüfen Sie genau, welche Kosten tatsächlich in die Ein-Prozent-Regelung einfließen. Private Zusatzaufwendungen mindern den geldwerten Vorteil nicht – hier bleibt der Gesetzgeber konsequent.“
Elternunterhalt in der Sozialhilfe: Welche Rechte Kinder fordern dürfen
10.12.2024Erwachsene Kinder müssen nicht umfassend Auskunft über ihr Einkommen und Vermögen geben, wenn der Sozialhilfeträger die Pflicht auf Elternunterhalt prüft. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) in einem aktuellen Urteil. Die Details kennt Ecovis-Rechtsanwalt Thorsten Walther in Nürnberg.
Unterhaltspflicht: Wer muss für die Pflege der Eltern zahlen?
Seit 2020 gilt im Rahmen des Angehörigen-Entlastungsgesetzes, dass erwachsene Kinder nur noch dann zum Elternunterhalt verpflichtet sind, wenn sie abzüglich ihrer Werbungskosten ein Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro haben. Bei einem geringeren Verdienst kommen die Sozialhilfeträger für die Pflegekosten auf.
Das Urteil: Kinder sind nur beschränkt auskunftspflichtig
In einem aktuellen Urteil entschied das BSG, dass Sozialhilfeträger nur bei hinreichenden Anhaltspunkten die potenziell unterhaltspflichtigen Kinder nach der Höhe ihres tatsächlichen Einkommens fragen dürfen (Urteil vom 21. November 2024, B 8 SO 5/23), nicht aber nach dem Vermögen. Ein hinreichender Anhaltspunkt wäre dabei beispielsweise der Beruf des Kindes, zum Beispiel, wenn das Kind Notar oder Vorstandsmitglied einer großen Aktiengesellschaft ist, oder sein Reichtum öffentlich zur Schau stellt. Dabei wird gesetzlich vermutet, dass die Einkommensgrenze nicht überschritten wird.
Erst wenn sicher feststeht, dass ein Kind die 100.000-Euro-Grenze überschreitet, also der Unterhaltsanspruch in Betracht kommt, darf der Sozialhilfeträger tatsächlich Auskunft über das Vermögen des unterhaltspflichtigen Angehörigen verlangen.
Was ist jetzt neu?
Vor dem 1. Januar 2020 durfte das Sozialamt Auskunft über das Einkommen und Vermögen jedes Kindes sowie über das der Ehegatten oder Lebenspartner verlangen. Dies verbietet das Gesetz heute.
„Selbst wenn ein Millionenvermögen auf dem Bankkonto liegt, müssen die Kinder pflegebedürftiger Eltern nun keine Auskunft mehr über ihr Vermögen machen, wenn ihre Einkünfte unter 100.000 Euro im Jahr liegen“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Thorsten Walther in Nürnberg. „Das Bundessozialgericht bestätigt mit seinem aktuellen Urteil, dass sie, sofern sie keinem einkommensstarken Beruf angehören oder im Internet mit ihrem großen Einkommen prahlen, ungefragt bleiben und auch nicht zahlen müssen“, weiß der Experte.
Rentenberatung als Outplacement-Beratung: Welche Steuervorteile es für Unternehmer gibt
09.12.2024Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für die Beratung ausscheidender Mitarbeiter und beauftragt er dafür ein Beratungsunternehmen, kann das unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei sein. Von welchen Steuervorteilen Unternehmen bei der Rentenberatung als Outplacement-Beratung profitieren können, erklärt Andreas Islinger, Steuerberater und Leiter der Rentenberatung bei Ecovis München.
Outplacement bezeichnet eine von Unternehmen finanzierte Dienstleistung für ausscheidende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu gehören beispielsweise eine Berufsberatung durch einen externen Anbieter oder ergänzend dazu eine Rentenberatung. Outplacement ist somit eine Leistung des Arbeitgebers an den ausscheidenden Arbeitnehmer.
Kriterien für die Steuerfreiheit der Outplacement-Beratung
Wann Leistungen des Arbeitgebers in Form einer Outplacement-Beratung steuerfrei sind, hat die Finanzverwaltung genauer definiert. Hintergrund war, dass Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben dürfen. Demnach war die Steuerfreiheit der Outplacement-Beratung nach Paragraph 3 Nr. 19 Einkommensteuergesetz (EStG) in einigen Fällen umstritten.
Die Finanzverwaltung gibt vor, dass auch die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung begünstigt sein kann (Verfügung der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 4. August 2020). Denn die Beratung dient dazu, den Mitarbeitenden einen gesicherten Überblick über ihre berufliche sowie finanzielle Situation zu ermöglichen, wenn sie aus dem Betrieb ausscheiden.
Gerade in Bezug auf den Übergang vom Erwerbsleben in die Rente, gibt es viele Aspekte zu berücksichtigen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Beschäftigte im Rahmen einer Aufhebung des Arbeitsvertrags mit einer Abfindung oder bei betriebsbedingten Kündigungen ausscheiden. Ziel ist es, den betroffenen Arbeitnehmern die größten Unsicherheiten bei Themen wie Abfindung, Arbeitslosengeldbezug, Krankenversicherung oder Hinzuverdienst zu nehmen.
In dieser Entscheidungsphase können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden ergänzend zur Outplacement-Beratung also eine steuer- und sozialversicherungsfreie Beratung anbieten.
Ecovis-Rentenberatung als Outplacement-Beratung
In einem vom Arbeitgeber festgesteckten Rahmen beraten die Ecovis-Rentenberater als Bestandteil der Outplacement-Beratung die Beschäftigten eines Betriebs zu Sozialversicherungsthemen und zur Rente. Ziel der Beratung ist es, alle individuellen Möglichkeiten und rechtlichen Absicherungen aufzuzeigen. „Die Beratung kann sowohl persönlich als auch per Videokonferenz erfolgen. Bei Ecovis bieten wir Unternehmen auch Inhouse-Vorträge für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, beispielsweise zu den Themen berufsständische Versorgungswerke und gesetzliche Rentenversicherung“, sagt Ecovis-Experte Andreas Islinger.
Vorteile für Ihr Unternehmen
Die Rentenberatung als Bestandteil der Outplacement-Beratung bietet Unternehmen zahlreiche Vorteile. Sie unterstützt die Mitarbeitenden in Übergangsphasen, was zu einer höheren Zufriedenheit und Motivation führt und das positive Image des Unternehmens fördert.
Eine fundierte Vorsorgeberatung trägt zudem dazu bei, finanzielle Unsicherheiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu minimieren und letztlich den Umgang mit personellen Veränderungen reibungsloser zu gestalten. Darüber hinaus kann die Kombination von Outplacement- und Rentenberatung dazu beitragen, rechtliche Risiken zu reduzieren, indem das Unternehmen klare Informationen über Altersvorsorge und Rentenansprüche zur Verfügung stellt. „Insgesamt positioniert sich das Unternehmen als verantwortungsbewusster Arbeitgeber, was langfristig die Mitarbeiterbindung und die Arbeitgebermarke stärkt. Aber auch Rentenberatung als Sozialleistung für alle Mitarbeitenden im Unternehmen kann die Zufriedenheit verbessern und ist ein interessanter Benefit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Altersgruppen“, weiß Islinger aus seiner Erfahrung.
Steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie: nur noch bis Ende 2024 möglich
06.12.2024Das Jahresende veranlasst Unternehmen immer wieder, Sonderzahlungen an Beschäftigten zu leisten. Für eine besondere Möglichkeit, die Belegschaft mit einer monetären Zuwendung zu bedenken, wird jetzt aber die Zeit knapp: Nur noch bis Ende 2024 können Arbeitgeber die steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie an Mitarbeiter bezahlen. Was es dabei zu beachten gilt, erläutert Ecovis-Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Gunnar Roloff in Rostock.
Die Inflationsausgleichsprämie können Arbeitgeber steuer- und abgabenfrei nur bis zu einem Höchstbetrag von 3.000 Euro gewähren. „Diese für die Arbeitsvertragsparteien attraktive Möglichkeit entfällt jedoch mit dem Ende dieses Jahres“, erinnert Roloff.
Was Arbeitgeber beachten müssen
Voraussetzung für die abzugsfreie Zahlung ist, dass diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt. Die Zahlung sollten die Arbeitgeber in der Vergütungsabrechnung als Inflationsausgleichsprämie kennzeichnen. Die Zahlung unterliegt dem Gleichbehandlungsgrundsatz. „Für Arbeitgeber besteht allerdings die Möglichkeit, Differenzierungen vorzunehmen“, erläutert Roloff. So können sie die Höhe der Zahlung beispielsweise daran knüpfen, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt besteht.
Darüber hinaus lässt sich die Leistung auch an die Anwesenheit der einzelnen Arbeitnehmer im zurückliegenden Jahr knüpfen. „Willkürlich darf der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer aber nicht benachteiligen oder von der Leistung ganz ausnehmen“, erklärt Roloff. So hatte beispielsweise das Bundesarbeitsgericht kürzlich mit Urteil vom 12. November 2024 (9 AZR 71/24) entschieden, dass bei der Zahlung der Inflationsausgleichsprämie teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit nicht schlechter behandelt werden dürfen als Vollzeitbeschäftigte.
Mit einer gestuften Leistung lässt sich gegebenenfalls auch die künftige Motivation innerhalb der Belegschaft steigern. Bei der konkreten Ausgestaltung der Kriterien zur Leistung der Inflationsausgleichsprämie sollten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber spezialisierte Rechtsanwälte zurate ziehen.