Bundesfinanzhof erleichtert Unternehmensnachfolge für leitende Mitarbeitende
12.03.2025
Gute Nachrichten für den Mittelstand: Wer überlegt, den Betrieb an leitende Mitarbeitende zu übergeben, erhöht dadurch nicht in jedem Fall den Arbeitslohn, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat. Welche großen Vorteile das für Unternehmer hat, weiß Ecovis-Steuerberater Dominik Hertreiter in München.
Problem: Geeignete Nachfolger finden
Die Nachfolge in mittelständischen Unternehmen ist meist schwierig. Häufig fehlen geeignete Erben oder diese haben nicht die notwendige unternehmerische Expertise. Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, greifen Unternehmer daher vermehrt auf erfahrene leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück. Diese erhalten Unternehmensanteile häufig unentgeltlich oder zu einem reduzierten Kaufpreis. Finanzbehörden bewerten dies oftmals als geldwerten Vorteil und unterwerfen die begünstigten Mitarbeiter der Lohnsteuerpflicht.
Sachverhalt: Gesellschaftsanteile auf leitende Mitarbeiter übertragen
Die Inhaber eines mittelständischen Unternehmens übertrugen ihre Gesellschaftsanteile teilweise auf leitende Mitarbeitende, um die Unternehmensnachfolge zu sichern. Die Übertragung erfolgte unentgeltlich und war weder an Bedingungen noch an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft. Beide Parteien vereinbarten eine Rückfallklausel, falls erbschaftsteuerliche Verschonungsregelungen nicht greifen sollten.
Das Finanzamt wertete die Anteilsübertragung als Arbeitslohn, da die Nachfolger zum einen der Sohn des Gesellschafterpaares und zum anderen Angestellte des Unternehmens waren. Dementsprechend erhöhte die Übertragung die Einkünfte der Mitarbeiter aus nichtselbstständiger Arbeit. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt gab der Klage eines begünstigten Mitarbeiters statt. Das unterlegene Finanzamt legte daraufhin Revision ein, die der BFH jedoch als unbegründet zurückwies.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte, dass der verbilligte Erwerb von Unternehmensanteilen grundsätzlich als Arbeitslohn gelten kann. Allerdings muss der Vorteil für eine Beschäftigung gewährt worden sein, das heißt, er muss durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sein. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall nicht das Arbeitsverhältnis, sondern die Unternehmensnachfolge im Vordergrund stand (Urteil vom 20. November 2024, VI R 21/22).
Wesentliche Entscheidungsfaktoren waren:
Die Unternehmensfortführung war das Motiv für die Übertragung, dokumentiert durch eine Gesellschafterversammlung.
Die Anteile wurden nicht verbilligt, sondern unentgeltlich übertragen.
Die Übertragung war nicht an bestehende oder zukünftige Arbeitsverhältnisse gekoppelt.
Die Anteile hatten einen erheblichen wirtschaftlichen Wert, der über eine übliche Vergütung für geleistete Arbeit hinausging.
Warum das Urteil für Unternehmensnachfolgen so wichtig ist
„Das Urteil schafft eine wichtige Grundlage für steuerliche Rechtssicherheit bei Unternehmensnachfolgen an leitende Mitarbeitende. Unternehmer können ihr Unternehmen so strategisch übergeben, ohne dass die Begünstigten regelmäßig einer hohen steuerlichen Belastung durch die Einstufung als Arbeitslohn unterliegen“, weiß Steuerberater Dominik Hertreiter bei Ecovis in München.
Für die Praxis bedeutet dies:
Unternehmensnachfolgen sollten frühzeitig geplant und sorgfältig dokumentiert werden.
Die steuerliche Gestaltung muss eng an den Vorgaben des BFH ausgerichtet sein.
Die Übertragung an Arbeitnehmer sollte unabhängig vom Arbeitsverhältnis erfolgen, um eine Einstufung als Arbeitslohn zu vermeiden.
Fazit
Unternehmen können auf interne Nachfolger setzen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen. „Steuerliche Beratung bleibt dennoch entscheidend, um die Vorgaben optimal und rechtssicher umzusetzen“, sagt Dominik Hertreiter.
Grunderwerbsteuer in der Landwirtschaft: Achtung vor doppelter Besteuerung
11.03.2025
Die Grunderwerbsteuer entwickelt sich immer mehr zur Anzeigesteuer. Wer das nicht weiß, muss mit Verspätungszuschlägen und im schlimmsten Fall mit einer Verdoppelung der Grunderwerbsteuerschuld rechnen. Aber das lässt sich umgehen.
Eigentlich ist die Grunderwerbsteuer einfach zu handhaben: Sie fällt an, wenn Grundstücke den Eigentümer wechseln. Umgehen lässt sie sich, indem Eigentümer nicht mehr das Grundstück als solches verkaufen, sondern Anteile an Gesellschaften übertragen, denen die begehrten Grundstücke gehören – also Share Deals.
Zur Bekämpfung dieser Steuersparmodelle besteuert der Fiskus bei Grundstücksgesellschaften fiktive Ersatztatbestände. Neben einer Anteilsvereinigung ist auch bei wesentlichen Gesellschafterwechseln Grunderwerbsteuer zu zahlen. Wird ein Gesellschafter durch den Erwerb aller Anteile zum Alleineigentümer, fingiert das Gesetz bei einer Anteilsvereinigung einen Verkauf der Grundstücke von der Gesellschaft auf den Gesellschafter. Auch die Weitergabe aller Anteile gilt als unterstellter Verkauf des Grundbesitzes. Für die Anteilsvereinigung wurde die Beteiligungsgrenze von bisher 95 auf 90 Prozent abgesenkt. „Ist die Grenze erreicht, löst dies Grunderwerbsteuer auf den gesamten Grundbesitz aus“, sagt Vladimira Heissel, Steuerberaterin bei Ecovis in Augsburg.
Share Deal kann Grunderwerbsteuer kosten
Ein weiterer Steuertatbestand ist der wesentliche Gesellschafterwechsel bei einer Grundstücksgesellschaft. Werden innerhalb von zehn Jahren mehr als 90 Prozent der Anteile auf neue Gesellschafter übertragen, gilt dies ebenso als Grunderwerbsteuerauslöser. Auch wegen der Zeitspanne von zehn Jahren sind bei Verkauf und Schenkung von Anteilen diese Regelungen zu beachten.
Verschärfend kann hinzukommen, dass bei diesen fiktiven Steuertatbeständen eine Doppelbesteuerung droht. Die Grunderwerbsteuer kann sowohl beim Abschluss der Kaufverträge (Signing) als auch bei der späteren tatsächlichen Übereignung der Gesellschaftsanteile (Closing) anfallen. Die erste Grunderwerbsteuer lässt sich dabei wieder erstatten. Das gilt jedoch nur dann, wenn nicht nur der Notar, sondern auch die beteiligten Personen dem Finanzamt beide Erwerbsvorgänge vollständig und zeitnah anzeigen. Die Anzeigen sind von der Gesellschaft oder den Gesellschaftern innerhalb von 14 Tagen nach der Beurkundung des Vertrags einzureichen. Kommt die Anzeige zu spät, sind Verspätungszuschläge zu bezahlen: pro Monat 0,25 Prozent der angefallenen Grunderwerbsteuer, mindestens aber 25 Euro.
„Wer Grundbesitzanteile an Gesellschaften übereignen möchte, sollte sich beraten lassen, um nicht in die Grunderwerbsteuerfallen zu geraten. Das gilt auch für Übertragungen im Familienkreis. Auch sie sind möglicherweise mit Grunderwerbsteuer belastet und daher anzeigepflichtig“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Heissel.
Nachhaltigkeitsberichterstattung: EU plant massive Erleichterungen
10.03.2025
Die EU-Kommission hat am 26. Februar 2025 Vorschläge für eine „Omnibus-Verordnung“ veröffentlicht. Sie sieht umfangreiche Änderungen an den bestehenden Nachhaltigkeitsberichtspflichten und Sorgfaltspflichten vor. Ziel ist es, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen zu reduzieren und mehrere Gesetze zu vereinheitlichen.
Der Druck aus Wirtschaft und Politik, die aus dem Green Deal seit 2019 gewachsenen verschiedenen und umfangreichen Berichts- und Sorgfaltspflichten aufrechtzuerhalten, war groß. Daher ruderte die EU-Kommission im Februar 2025 zurück. Sie schlägt per „Omnibus-Verordnung“ im Rahmen des Clean Industrial Deal vor, mehrere Gesetze und Verordnungen zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.
Die Vorschläge der EU-Kommission würden den Anwendungsbereich der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erheblich reduzieren. Bisher galt die EU-Richtlinie für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, zukünftig soll sie erst ab 1.000 Mitarbeiter greifen – 85 Prozent der mittelständigen Unternehmen könnten somit aus der Berichtspflicht fallen. „Den für 2025 und 2026 Berichtspflichtigen soll ein Aufschub für ihren erstmaligen Nachhaltigkeitsbericht für den Jahresabschluss 2027 in 2028 eingeräumt werden“, weiß Andreas Strech, ESG-Auditor und Leitung Bereich Nachhaltigkeit bei Ecovis in Dresden. „Die zweijährige Aussetzung wollen EU-Parlament und -Rat zügig und vom weiteren Gesetzgebungsprozess herausgelöst beschließen.“
Weitere Erleichterungen
Für alle anderen Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten sollen – sofern von Banken, großen Lieferanten oder Kunden gefordert – ein Standard, basierend auf dem VSME (Voluntary SME-Standard), entwickelt werden. Die Kommission möchte auch den ESRS-Berichtsstandard (European Sustainability Reporting Standards) drastisch vereinfachen: Geplant ist, die Anzahl der zu berichtenden Datenpunkte zu verringern sowie auf einige lediglich qualitativen Angaben und auf die sektorspezifischen Standards (ESRS Set 2) zu verzichten. Für die Testierung ist dauerhaft nur begrenzte Prüfungssicherheit angestrebt, ein Prüfungsstandard dafür will die EU-Kommission entwickeln. Auch die Angaben zu Artikel 8 EU-Taxonomie werden abgeschwächt. Berichten müssen Unternehmen erst ab einem Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro, darunter nur freiwillig.
Geplante Änderungen an anderen Vorschriften
Über die CSRD und EU-Taxonomie-Verordnung hinaus wurden Vorschläge zur Änderung des CO2-Grenzausgleichssystem CBAM, dem InvestEU-Programm und der Sorgfaltspflichtenrichtlinie CSDDD (EU-Lieferkettengesetz) vorgeschlagen, mit teils stark abschwächenden Elementen.
„Der Entwurf der Omnibus-Verordnung wird nun im EU-Parlament und von den Mitgliedsstaaten geprüft. Nach möglichen Anpassungen könnte die Verordnung verabschiedet werden und mehrere bestehende EU-Regelungen gleichzeitig ändern, die dann mit einer Frist von zwölf Monaten in nationales Recht überführt werden müssen“, erklärt Strech.
Gut zu wissen
Sie wollen sich regelmäßig über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung informieren? Schauen Sie hier rein: https://de.ecovis.com/nachhaltigkeitsbericht/
Wie Landwirte mit einer Thesaurierungsbesteuerung Steuern sparen
10.03.2025
Neben höheren Abschreibungen und dem Investitionsabzugsbetrag (IAB) gibt es wenige Alternativen, Steuern zu sparen. Eine Möglichkeit, zu einer deutlichen Steuerminderzahlung zu kommen, ist der ermäßigte Steuersatz für thesaurierte, also einbehaltene Gewinne.
Die Thesaurierungsbesteuerung hat der Gesetzgeber 2008 eingeführt, um die Besteuerung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften an die Körperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften anzupassen.
Eine GmbH zahlt nur 15 Prozent Körperschaftsteuer und etwa ebenso viel Gewerbesteuer. Sie wird daher oft als steuersparende Rechtsform angepriesen, aber so einfach ist das nicht. Werden jedoch Gewinne ausgeschüttet, kommt bei GmbHs und AGs noch die Dividendenbesteuerung hinzu. Dann addiert sich die Gesamtbelastung auf rund 45 Prozent. „Allerdings lässt sich die Gewinnverwendung gezielt steuern. Je später die Ausschüttungen fließen, umso größer sind die Zinsvorteile aus den zunächst gestundeten Steuern“, erklärt Ecovis-Steuerberater Alexander Kimmerle bei Ecovis in Kempten.
Um die Nachteile der Sofortbesteuerung der Gewinne bei der Einkommensteuer zu reduzieren, erlaubt es der Gesetzgeber, dass auch Nicht-Kapitalgesellschaften die niedrige Thesaurierungssteuer bekommen. Für im Unternehmen verbleibende Gewinne beträgt die Steuer 28,25 Prozent. Da in der Land- und Forstwirtschaft daneben keine Gewerbesteuer anfällt, kann sich so gegenüber dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent ein Steuervorteil von etwa 14 Prozent ergeben. Wer 45 Prozent Reichensteuer zahlt, profitiert noch mehr. Wie bei Kapitalgesellschaften gibt es aber analog zur Dividendenbesteuerung auch eine Nachsteuer. Werden thesauriert besteuernde Unternehmensgewinne später entnommen, fallen zusätzliche 25 Prozent Steuern an.
Selbst über die Steuerzahlung entscheiden
Betriebsinhaber haben die Möglichkeit, ihre Gewinnverwendung zu steuern. Wenn sie die einbehaltenen Einnahmen nicht oder erst sehr viel später privat verwenden, bleibt durch die gestundete Einkommensteuer letztlich ein erheblicher Steuervorteil erhalten. Grund: Die Nachversteuerung erfolgt erst zu dem Zeitpunkt, zu dem in einem Wirtschaftsjahr die Entnahmen die Gewinne und Einlagen überschreiten.
Bei einer unveränderten guten Gewinnsituation lässt sich daher die Nachversteuerung auf die lange Bank schieben, wenn der Unternehmer seine Entnahmen im Rahmen hält. „Ein weiterer großer Vorteil der Thesaurierungsbesteuerung ist, dass der Betriebsinhaber für jedes Jahr neu entscheidet, ob er bei seinem Hof überhaupt thesauriert und wenn ja, welchen Betrag er dafür verwenden möchte“, weiß Kimmerle. Landwirte mit mehreren Betrieben oder Beteiligungen können die Thesaurierung bei jedem Engagement unterschiedlich handhaben.
Zusätzlich erlaubt das Gesetz, den Antrag auf Thesaurierung mit der Steuererklärung des nächsten Jahres wieder ganz oder teilweise zurückzunehmen. „Eine Rücknahme ist dann sinnvoll, wenn man feststellt, dass sich die Gewinn- und Finanzsituation nicht wie geplant entwickelt“, sagt Kimmerle. „Läuft aber alles unverändert gut und kann der Betriebsinhaber längerfristig mit dem verdienten Geld arbeiten, bringt die Thesaurierungsbesteuerung erhebliche Vorteile.“
Das Schattendasein verlassen
Um die Thesaurierungsbesteuerung für die Unternehmer attraktiver zu machen, hat der Gesetzgeber 2024 den Katalog der nachsteuerpflichtigen Tatbestände verringert. So darf ein Landwirt jetzt beispielsweise die auf die thesaurierten Gewinne anfallende Einkommensteuer ohne Nachversteuerung aus dem Betrieb entnehmen.
Unabhängig davon besteht die Möglichkeit, auch ohne Entnahmen auf Antrag die Nachbesteuerung auszulösen. „Das kann einerseits im Hinblick auf die Hofübergabe zur Ablösung der damit verbundenen latenten Steuerbelastungen sinnvoll sein. Andererseits lässt sich der nachversteuerungspflichtige Betrag von den Übernehmern fortführen und sich so der Zinsvorteil zusätzlich steigern“, sagt Kimmerle.
Erbschaftsausschlagung: Anfechtung bei Irrtum über den Nachlasswert ist nicht möglich
04.03.2025
Schlägt eine erbberechtigte Person ein Erbe aus, ist das unwiderruflich. Es besteht allerdings die Möglichkeit, die Erklärung anzufechten. Dem sind jedoch enge Grenzen gesetzt. Eine Erbschaftsausschlagung lässt sich nur anfechten, wenn ein beachtlicher Erklärungs-, Inhalts- oder Eigenschaftsirrtum vorliegt. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken bestätigt diese Rechtslage im Hinblick auf den Irrtum über den Nachlasswert. Die Details erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Thomas Skora in Weiden.
Sachverhalt: Enkelin schlägt Erbe wegen Verdacht auf Überschuldung aus
Die 106-jährige Erblasserin verstarb im Jahr 2021 ohne eine erbrechtliche Verfügung. Als gesetzlich erbberechtigte Angehörige hinterließ sie mehrere Enkel und Urenkel. Die Antragstellerin, eine Enkelin, hatte die Erbschaft fristgerecht ausgeschlagen und sich darauf berufen, dass der Nachlass nach ihrer Kenntnis überschuldet sei. Die Erblasserin wohnte bis zu ihrem Tod in einem Pflegeheim und bezog Sozialleistungen. Diese wurden ihr aufgrund eines Miteigentumsanteils an einer Immobilie lediglich als Darlehen gewährt.
Beim Verkauf der Immobilie ergab sich ein die Verbindlichkeiten übersteigender Nachlass. Daher focht die Antragstellerin ihre Ausschlagungserklärung wegen Irrtums an und beantragte einen abweichenden Erbschein. Sie gab an, dass sie nach der Erbausschlagung durch Gespräche mit der Nachlasspflegerin im Jahr 2022 erfahren habe, dass sich im Nachlass der Erblasserin ein die Nachlassverbindlichkeiten übersteigender Grundbesitzanteil und ein ihr bislang unbekanntes Bankkonto mit einem vierstelligen Geldbetrag befinde, sodass eine Überschuldung des Nachlasses doch nicht gegeben sei.
Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken
Nachdem das zuständige Nachlassgericht dem Antrag noch stattgegeben hatte, wies das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken – auf die Beschwerde eines Miterben hin – den Antrag zurück (Beschluss vom 14. August 2024, 8 W 102/23).
Ein beachtlicher Eigenschaftsirrtum kann vorliegen, wenn sich die anfechtende Person über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses irrt. Dies kann grundsätzlich auch vorliegen, wenn die anfechtende Person irrtümlich von der Überschuldung des Nachlasses ausgeht. Ein solcher Irrtum ist aber nur dann beachtlich, wenn der Anfechtende über die Zusammensetzung des Nachlasses irrt. Ein Irrtum über den bloßen Wert des Nachlasses oder der einzelnen Nachlassgegenstände bei Kenntnis der Zusammensetzung dagegen ist ein unbeachtlicher Motivirrtum.
Im vorliegenden Fall hatte die Antragstellerin keine Kenntnis vom Bankkonto des Nachlasses, sodass ein beachtlicher Eigenschaftsirrtum in Betracht käme. Für den Fall der im Nachlass befindlichen Immobilie liegt dagegen ein unbeachtlicher Motivirrtum vor, denn der Antragstellerin war der Miteigentumsanteil an der Immobilie bekannt. Sie hatte sich lediglich über den konkreten Wert dieses Gegenstands geirrt.
Im Ergebnis konnte die Antragstellerin aufgrund des Irrtums in Bezug auf das unbekannte Bankkonto die Ausschlagung dennoch nicht wirksam anfechten, da dieser Irrtum nicht kausal für ihre Ausschlagungserklärung war. Nach ihren eigenen Ausführungen war die Antragstellerin ursprünglich von einer Überschuldung des Nachlasses in Höhe von etwa 40.000 Euro ausgegangen. Danach hätte aber die Kenntnis über das Bankkonto nach den Vorstellungen der Antragstellerin an der Überschuldung des Nachlasses nichts geändert, sodass sie die Ausschlagung trotzdem erklärt hätte.
Nach Ansicht des OLG Zweibrücken liegt insgesamt keine wirksame Anfechtung der Ausschlagungserklärung vor. Damit stellt das OLG die wesentlichen Grundsätze der Abgrenzung des Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft und eines Motivirrtums im Falle des Irrtums über den Nachlasswert heraus und reiht sich damit nahtlos in die jüngere Rechtsprechung zu diesem Thema ein.
Praxistipp
„Betroffene sollten vor der Erklärung der Ausschlagung immer den Nachlassbestand prüfen und den vermeintlichen Wert der bekannten Nachlassgegenstände genauestens betrachten“, sagt Thomas Skora, Rechtsanwalt bei Ecovis in Weiden. Dabei sollten sie sich von der knapp bemessenen Ausschlagungsfrist von sechs Wochen nicht unnötig unter Druck gesetzt fühlen. „Denn das Gesetz sieht auch im Fall der Annahme einer überschuldeten Erbschaft Instrumente zur Haftungsbegrenzung vor“, weiß Skora.
Grunderwerbsteuer: Wie lässt sich beim Immobilienkauf die Bemessungsgrundlage grunderwerbsteuerlich optimieren?
03.03.2025
Die Grunderwerbsteuer ist ein wesentlicher Kostenfaktor beim Kauf von Immobilien. „Aber nicht alle Bestandteile des Kaufobjekts müssen zwangsweise in die Bemessungsgrundlage einfließen“, erklärt Alexander Kimmerle, Steuerberaterin bei Ecovis in Kempten. Wer den Kaufvertrag clever aufsetzt, kann so die Bemessungsgrundlage optimieren und Steuern sparen.
Was ist die Grunderwerbsteuer?
Wer ein Grundstück, ein Gebäude oder eine Eigentumswohnung kauft, muss Grunderwerbsteuer zahlen. Sie unterscheidet sich in der Höhe je nach Bundesland. „In Bayern ist sie mit 3,5 Prozent besonders niedrig, in den anderen Bundesländern liegt sie zwischen fünf Prozent und 6,5 Prozent“, ergänzt Alexander Kimmerle.
Was ist die Bemessungsgrundlage?
Die Steuer wird anhand des Kaufpreises des Grund und Bodens ermittelt – je höher der Preis, desto höher die Steuerzahlung. Dabei ist zu beachten, dass neben dem Grundstückspreis auch alle wesentlichen Bestandteile, insbesondere das Gebäude, mit in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Nicht eingerechnet werden allerdings bewegliche Sachen. Dazu gehört etwa das Inventar wie beispielsweise eine Küche.
Was lässt sich gewerbesteuerlich optimieren?
Wer Einrichtungsgegenstände wie Möbel oder eine Küchenausstattung im Kaufvertrag einzeln aufführt, kann den Wert des Inventars von der grunderwerbsteuerpflichtigen Leistung abziehen. „Mit gesondert aufgeführten Preisen für die unterschiedlichen Bestandteile, lässt sich so die Höhe der Grunderwerbsteuer reduzieren“, erklärt Steuerberater Kimmerle. „Wichtig ist dabei, dass ein realistisch geschätzter Betrag angesetzt wird.“
Was ist sonst noch zu beachten?
Nicht zu berücksichtigen ist der Anteil an einer Erhaltungsrücklage (früher: Instandhaltungsrücklage). „Der Kaufpreis als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer kann nicht um die anteilige Erhaltungsrücklage gemindert werden“, erläutert Kimmerle.
Tipp: Was sollten Sie jetzt tun?
Stellen Sie sicher, dass im Kaufpreis enthaltenes Inventar im Vertrag einzeln aufgelistet wird.
Vereinbaren Sie angemessene Preise für das Inventar.
Sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater über die Optimierungsmöglichkeiten.
Rente aus mehreren EU-Ländern: Wer hat Anspruch und wo wird sie beantragt?
03.03.2025
Arbeiten im Ausland – für viele Beschäftigte ist das mittlerweile normal. Der Grund dafür ist die verbesserte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Aber wie wird die Rente berechnet und wo ausgezahlt, wenn Arbeitnehmer in mehreren EU-Ländern beschäftigt waren? Andreas Islinger, Rentenberater bei Ecovis in München erklärt, welche Regeln gelten.
Die Grundvoraussetzung, um einen Rentenanspruch zu erhalten, ist die Erfüllung einer bestimmten Mindestversicherungszeit. Europäische Verordnungen stellen sicher, dass sich Versicherungszeiten, die Arbeitnehmer in verschiedenen Mitgliedstaaten angesammelt haben, zur Erfüllung der Mindestversicherungszeit zusammenrechnen lassen.
Eine Zusammenrechnung der Rentenbeträge erfolgt allerdings nicht – jeder Staat berechnet aus den dort zurückgelegten Versicherungszeiten und anhand der national geltenden Regelungen den dort erworbenen Anspruch. Es sind also Rentenzahlungen aus mehreren Ländern möglich.
Unterschiedliche Rentenansprüche in EU-Ländern
Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch richten sich nach den nationalen Vorschriften. Sie sind in jedem europäischen Land unterschiedlich. So kann es durchaus sein, dass Arbeitnehmer in einem Land bereits mit 63 Jahren eine Rente beziehen können, wohingegen in einem anderen EU-Land erst mit 67 ein Rentenanspruch besteht. „Es ist daher wichtig, sich frühzeitig in den Beschäftigungsländern zum Thema Rente zu erkundigen, um eine ausreichende Absicherung im Alter sicherzustellen“, rät Andreas Islinger.
Wo müssen Arbeitnehmer die Rente beantragen?
Für die Beantragung der Renten genügt es, den Rentenantrag bei einem einzigen Rentenversicherungsträger zu stellen. Zuständig ist der Träger des Landes, in dem der Antragsteller wohnt oder zuletzt gearbeitet hat. Er leitet nach Eingang des Antrags sowohl das inländische Verfahren als auch das Verfahren bei den beteiligten ausländischen Trägern ein. Wichtig ist, dass Arbeitnehmer auf dem Antrag die ausländischen Rentenversicherungszeiten angeben.
Die Rentenanträge bearbeiten anschließend die Träger der jeweiligen Länder. Besteht Anspruch auf mehrere Renten, zahlt jeder Staat eine eigene Rente. „Es gibt also keine Gesamtrente“, erklärt Islinger.
Darauf sollten Arbeitnehmer achten
Bei Renten mit Auslandsbezug gilt es vorab zu klären
wie die Renten zu besteuern sind (Doppelbesteuerungsabkommen) und
welche Auswirkungen es auf die Kranken- und Pflegeversicherung gibt.
„Gleiches gilt übrigens auch für Rentner, die ihren Wohnsitz dauerhaft ins EU-Ausland verlegen möchten“, weiß Andreas Islinger, „den Umzug müssen Rentner der Rentenversicherung unbedingt mitteilen.“
Altersversorgung für Unternehmer: Nießbrauch oder dauernde Last?
27.02.2025
Wer sein Vermögen übergibt, klärt am besten auch die eigene weitere Versorgung. Welche Möglichkeiten gibt es? Welche Vor- und Nachteile bringen sie für den Übergebenden und die Nachfolgerinnen oder Nachfolger?
Die Nachfolge für ein Vermögen zu planen, ist eine komplexe Angelegenheit. Auch die Versorgung des Übergebers oder der Übergeberin ist meist Teil der vorausgehenden Verhandlungen. Häufig räumen Nachfolger dabei den Übergebenden ein Nießbrauchsrecht ein. Aber ebenso kann die Zahlung einer Versorgungsrente (dauernde Last) eine gute Option sein. „Dabei sollten die Beteiligten nicht nur die steuerlichen Folgen im Blick behalten, sondern sich auch über die erheblichen zivilrechtlichen Unterschiede im Klaren sein“, sagt Harald Schleicher, Rechtsanwalt bei Ecovis in Berlin.
Nießbrauch – worum geht es?
„Beim Vorbehaltsnießbrauch wird zwar das Eigentum auf den Nachfolger übertragen, das Nutzungsrecht aber bleibt ganz oder teilweise beim Übertragenden“, erklärt Teresa Geisler, Steuerberaterin bei Ecovis in Hof. Diese Vorgehensweise ist vor allem bei der Übertragung von Immobilien im Privatvermögen beliebt: „So können beispielsweise Eltern ihren Kindern das Elternhaus übertragen, ohne ausziehen zu müssen. Gleichzeitig lassen sich so Freibeträge optimal ausschöpfen.“
Da beim Nießbrauch das Recht, die Immobilie wirtschaftlich zu nutzen, beim bisherigen Eigentümer bleibt, reduziert dies den Wert der übertragenen Immobilie. So profitieren Nachfolger durch den niedrigeren Wert bei der Schenkungsteuer. Die Übergebenden behalten dabei die volle wirtschaftliche Kontrolle über die Immobilie. „Sie können also auch – um beim Beispiel zu bleiben – die Immobilie vermieten und von den Mieteinnahmen eine andere, altersgerechte Wohnform finanzieren“, erklärt Schleicher. Im Gegenzug sind sie allerdings für alle laufenden Kosten verantwortlich. Nur größere Sanierungsmaßnahmen, die langfristig dem Erhalt des Stammwerts dienen, müssen die Nachfolger zahlen.
Versorgungsrente als Alternative zum Nießbrauch
Eine andere Möglichkeit, um die Versorgung der Übergeber sicherzustellen, ist die Versorgungsrente beziehungsweise dauernde Last. Dabei überträgt der Übergebende das Eigentum gemeinsam mit dem vollen Zugriff auf die Nutzung. „Vermögen und Nutzung bleiben in diesem Fall also zusammen“, erklärt Steuerberaterin Geisler. „Das ist eine gängige Form bei Unternehmensübergaben, wenn der Übertragende sich ganz aus dem Geschäft zurückziehen möchte“, weiß Schleicher aus Erfahrung.
Als Gegenleistung können die Beteiligten dann eine Versorgungsleistung vereinbaren. Und diese muss nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten geregelt sein. Das bedeutet: Als dauernde Last können sie auch eine Rentenzahlung vereinbaren, die den Bedürfnissen des Übertragenden entgegenkommt und unabhängig vom Unternehmen mehr der Leistungsfähigkeit des Nachfolgers entspricht. „Gleichzeitig lässt sich die dauernde Last als Sonderausgabe steuerlich geltend machen“, erklärt Geisler. Die Versteuerung der Versorgungsrente und der gleichzeitige Abzug der dauernden Last als Sonderausgabe sind nur bei unternehmerischen Vermögen möglich.
Eine Anpassung der Versorgungsleistung an die Entwicklung des Unternehmenswerts oder an die Inflation ist ebenso möglich, erklärt Rechtsanwalt Schleicher: „Es kommt also sehr auf die individuelle Situation der Beteiligten, ihre eigenen Bedürfnisse nach Absicherung und Loslassen und nicht zuletzt auf eine gute vertragliche Gestaltung an.“ Und Steuerberaterin Geisler ergänzt: „Bei der steuerlichen Beratung werfen wir natürlich zudem einen Blick auf die jeweiligen Steuerklassen und alle steuerlichen Konsequenzen rund um Erbschaft- und Schenkungsteuer, die im Fall von Unternehmensübertragungen natürlich höchst relevant sind.“
Grundbucheintrag nicht vergessen
Die Sicherung der Versorgungsleistung gegenüber dem Verpflichteten kann über die Eintragung einer Reallast im Grundbuch zum übertragenden Grundstück erfolgen. Zwar sind rein rechtlich bei der Eintragung der vereinbarten Lasten im Grundbuch Unterschiede zu beachten, die Übertragenden können sich aber ihre Ansprüche dadurch noch besser sichern. „Das schützt bei einer Insolvenz vor den Ansprüchen anderer Gläubiger“, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Schleicher.
Grundstücksverpachtung für erneuerbare Energien: Das sollten Landwirte wissen
20.02.2025
Betreiber von Windenergie- oder Photovoltaikanlagen benötigen geeignete Grundstücke, um die Anlagen dort zu errichten. Für Grundstückseigentümer bieten sich dadurch Chancen, eine zusätzliche Einkommensquelle zu generieren. Aber das ist mit Risiken verbunden.
Frau Holme, welches Entgelt kann der Grundstückseigentümer für die Nutzungsüberlassung erhalten?
Im ersten Schritt gibt es ein Grundentgelt. Dieses zahlen Betreiber ab der Inbetriebnahme der Windenergie- oder Photovoltaikanlagen (WEA/PVA). Es kann als festes jährliches oder als ertragsabhängiges Entgelt gestaltet sein – je nach Leistung oder je nach Hektar der überlassenen Flächen. Möglich ist auch eine Kombination aus beidem. Zusätzlich ist ein Bereitstellungs- oder ein Bauentgelt verhandelbar. Eigentümer sollten darauf achten, ob der Betreiber das vereinbarte Entgelt für das gesamte Grundstück zahlt oder nur für die tatsächlich in Anspruch genommene Fläche. Bei Freiflächen-PVA kann das einen erheblichen finanziellen Unterschied machen.
Welche Bestandteile müssen zugunsten des Eigentümers immer im Vertrag enthalten sein?
Vertraglich muss geregelt sein, dass die WEA/PVA nur zu einem vorübergehenden Überprüfung, ob die Höhe noch werthaltig ist. Und: Der Betreiber muss dem Eigentümer eine Haftpflichtversicherung in ausreichender Höhe einschließlich Nachweise der Zahlung der Versicherungsprämie vorlegen.
Welche Folgen kann die Nutzungsüberlassung für die landwirtschaftliche Fläche selbst haben?
Durch den Bau der WEA/PVA kann der Betreiber im Bebauungsplan oder in der Genehmigung verpflichtet sein, einen Ausgleich für den Eingriff in die Natur zu schaffen. Für Freiflächen-PVA sind ökologische Mindestanforderungen festgelegt, die biodiversitätsfördernde Pflegekonzepte, Biotopelemente und Bodenschutz umfassen. Entsteht beispielsweise eine Hecke, muss dem Eigentümer klar sein, dass er das nicht mehr rückgängig machen kann. Damit verliert er den Ackerstatus.
Hat der Grundstückseigentümer Mitwirkungspflichten?
Betreiber sind meist daran interessiert, dass Eigentümer am Vertrag mitwirken, wenn sie die Baugenehmigung bekommen und die finanzierende Bank eintritt. Die Eintragung einer Baulast für übernommene Abstandsflächen bei WEA oder einer Grunddienstbarkeit in das Grundbuch sind typische Mitwirkungshandlungen. Dabei muss der Eigentümer beachten, dass er dem Betreiber oder der finanzierenden Bank den ersten Rang im Grundbuch tatsächlich einräumen kann. Zudem muss er sich verpflichten, keine baulichen Änderungen oder Pflanzungen vorzunehmen, die sich auf den Ertrag der WEA/PVA auswirken.
Was gilt es bei Beendigung des Vertrags zu beachten?
Zugunsten des Eigentümers ist auf einen Zugunsten des Eigentümers ist auf einen vollständigen Rückbau der WEA/PVA und Rekultivierung sowie die Löschung der Grunddienstbarkeit und der Baulast unter Festlegung bestimmter Fristen zu achten. Wir empfehlen Grundstückseigentümern immer, anwaltlichen Rat bei der Vertragsgestaltung einzuholen.