Bundesfinanzhof erleichtert Unternehmensnachfolge für leitende Mitarbeitende
12.03.2025
Gute Nachrichten für den Mittelstand: Wer überlegt, den Betrieb an leitende Mitarbeitende zu übergeben, erhöht dadurch nicht in jedem Fall den Arbeitslohn, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden hat. Welche großen Vorteile das für Unternehmer hat, weiß Ecovis-Steuerberater Dominik Hertreiter in München.
Problem: Geeignete Nachfolger finden
Die Nachfolge in mittelständischen Unternehmen ist meist schwierig. Häufig fehlen geeignete Erben oder diese haben nicht die notwendige unternehmerische Expertise. Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, greifen Unternehmer daher vermehrt auf erfahrene leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück. Diese erhalten Unternehmensanteile häufig unentgeltlich oder zu einem reduzierten Kaufpreis. Finanzbehörden bewerten dies oftmals als geldwerten Vorteil und unterwerfen die begünstigten Mitarbeiter der Lohnsteuerpflicht.
Sachverhalt: Gesellschaftsanteile auf leitende Mitarbeiter übertragen
Die Inhaber eines mittelständischen Unternehmens übertrugen ihre Gesellschaftsanteile teilweise auf leitende Mitarbeitende, um die Unternehmensnachfolge zu sichern. Die Übertragung erfolgte unentgeltlich und war weder an Bedingungen noch an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft. Beide Parteien vereinbarten eine Rückfallklausel, falls erbschaftsteuerliche Verschonungsregelungen nicht greifen sollten.
Das Finanzamt wertete die Anteilsübertragung als Arbeitslohn, da die Nachfolger zum einen der Sohn des Gesellschafterpaares und zum anderen Angestellte des Unternehmens waren. Dementsprechend erhöhte die Übertragung die Einkünfte der Mitarbeiter aus nichtselbstständiger Arbeit. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt gab der Klage eines begünstigten Mitarbeiters statt. Das unterlegene Finanzamt legte daraufhin Revision ein, die der BFH jedoch als unbegründet zurückwies.
Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte, dass der verbilligte Erwerb von Unternehmensanteilen grundsätzlich als Arbeitslohn gelten kann. Allerdings muss der Vorteil für eine Beschäftigung gewährt worden sein, das heißt, er muss durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sein. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall nicht das Arbeitsverhältnis, sondern die Unternehmensnachfolge im Vordergrund stand (Urteil vom 20. November 2024, VI R 21/22).
Wesentliche Entscheidungsfaktoren waren:
Die Unternehmensfortführung war das Motiv für die Übertragung, dokumentiert durch eine Gesellschafterversammlung.
Die Anteile wurden nicht verbilligt, sondern unentgeltlich übertragen.
Die Übertragung war nicht an bestehende oder zukünftige Arbeitsverhältnisse gekoppelt.
Die Anteile hatten einen erheblichen wirtschaftlichen Wert, der über eine übliche Vergütung für geleistete Arbeit hinausging.
Warum das Urteil für Unternehmensnachfolgen so wichtig ist
„Das Urteil schafft eine wichtige Grundlage für steuerliche Rechtssicherheit bei Unternehmensnachfolgen an leitende Mitarbeitende. Unternehmer können ihr Unternehmen so strategisch übergeben, ohne dass die Begünstigten regelmäßig einer hohen steuerlichen Belastung durch die Einstufung als Arbeitslohn unterliegen“, weiß Steuerberater Dominik Hertreiter bei Ecovis in München.
Für die Praxis bedeutet dies:
Unternehmensnachfolgen sollten frühzeitig geplant und sorgfältig dokumentiert werden.
Die steuerliche Gestaltung muss eng an den Vorgaben des BFH ausgerichtet sein.
Die Übertragung an Arbeitnehmer sollte unabhängig vom Arbeitsverhältnis erfolgen, um eine Einstufung als Arbeitslohn zu vermeiden.
Fazit
Unternehmen können auf interne Nachfolger setzen, ohne steuerliche Nachteile befürchten zu müssen. „Steuerliche Beratung bleibt dennoch entscheidend, um die Vorgaben optimal und rechtssicher umzusetzen“, sagt Dominik Hertreiter.
Grunderwerbsteuer in der Landwirtschaft: Achtung vor doppelter Besteuerung
11.03.2025
Die Grunderwerbsteuer entwickelt sich immer mehr zur Anzeigesteuer. Wer das nicht weiß, muss mit Verspätungszuschlägen und im schlimmsten Fall mit einer Verdoppelung der Grunderwerbsteuerschuld rechnen. Aber das lässt sich umgehen.
Eigentlich ist die Grunderwerbsteuer einfach zu handhaben: Sie fällt an, wenn Grundstücke den Eigentümer wechseln. Umgehen lässt sie sich, indem Eigentümer nicht mehr das Grundstück als solches verkaufen, sondern Anteile an Gesellschaften übertragen, denen die begehrten Grundstücke gehören – also Share Deals.
Zur Bekämpfung dieser Steuersparmodelle besteuert der Fiskus bei Grundstücksgesellschaften fiktive Ersatztatbestände. Neben einer Anteilsvereinigung ist auch bei wesentlichen Gesellschafterwechseln Grunderwerbsteuer zu zahlen. Wird ein Gesellschafter durch den Erwerb aller Anteile zum Alleineigentümer, fingiert das Gesetz bei einer Anteilsvereinigung einen Verkauf der Grundstücke von der Gesellschaft auf den Gesellschafter. Auch die Weitergabe aller Anteile gilt als unterstellter Verkauf des Grundbesitzes. Für die Anteilsvereinigung wurde die Beteiligungsgrenze von bisher 95 auf 90 Prozent abgesenkt. „Ist die Grenze erreicht, löst dies Grunderwerbsteuer auf den gesamten Grundbesitz aus“, sagt Vladimira Heissel, Steuerberaterin bei Ecovis in Augsburg.
Share Deal kann Grunderwerbsteuer kosten
Ein weiterer Steuertatbestand ist der wesentliche Gesellschafterwechsel bei einer Grundstücksgesellschaft. Werden innerhalb von zehn Jahren mehr als 90 Prozent der Anteile auf neue Gesellschafter übertragen, gilt dies ebenso als Grunderwerbsteuerauslöser. Auch wegen der Zeitspanne von zehn Jahren sind bei Verkauf und Schenkung von Anteilen diese Regelungen zu beachten.
Verschärfend kann hinzukommen, dass bei diesen fiktiven Steuertatbeständen eine Doppelbesteuerung droht. Die Grunderwerbsteuer kann sowohl beim Abschluss der Kaufverträge (Signing) als auch bei der späteren tatsächlichen Übereignung der Gesellschaftsanteile (Closing) anfallen. Die erste Grunderwerbsteuer lässt sich dabei wieder erstatten. Das gilt jedoch nur dann, wenn nicht nur der Notar, sondern auch die beteiligten Personen dem Finanzamt beide Erwerbsvorgänge vollständig und zeitnah anzeigen. Die Anzeigen sind von der Gesellschaft oder den Gesellschaftern innerhalb von 14 Tagen nach der Beurkundung des Vertrags einzureichen. Kommt die Anzeige zu spät, sind Verspätungszuschläge zu bezahlen: pro Monat 0,25 Prozent der angefallenen Grunderwerbsteuer, mindestens aber 25 Euro.
„Wer Grundbesitzanteile an Gesellschaften übereignen möchte, sollte sich beraten lassen, um nicht in die Grunderwerbsteuerfallen zu geraten. Das gilt auch für Übertragungen im Familienkreis. Auch sie sind möglicherweise mit Grunderwerbsteuer belastet und daher anzeigepflichtig“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Heissel.
Nachhaltigkeitsberichterstattung: EU plant massive Erleichterungen
10.03.2025
Die EU-Kommission hat am 26. Februar 2025 Vorschläge für eine „Omnibus-Verordnung“ veröffentlicht. Sie sieht umfangreiche Änderungen an den bestehenden Nachhaltigkeitsberichtspflichten und Sorgfaltspflichten vor. Ziel ist es, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen zu reduzieren und mehrere Gesetze zu vereinheitlichen.
Der Druck aus Wirtschaft und Politik, die aus dem Green Deal seit 2019 gewachsenen verschiedenen und umfangreichen Berichts- und Sorgfaltspflichten aufrechtzuerhalten, war groß. Daher ruderte die EU-Kommission im Februar 2025 zurück. Sie schlägt per „Omnibus-Verordnung“ im Rahmen des Clean Industrial Deal vor, mehrere Gesetze und Verordnungen zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.
Die Vorschläge der EU-Kommission würden den Anwendungsbereich der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erheblich reduzieren. Bisher galt die EU-Richtlinie für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, zukünftig soll sie erst ab 1.000 Mitarbeiter greifen – 85 Prozent der mittelständigen Unternehmen könnten somit aus der Berichtspflicht fallen. „Den für 2025 und 2026 Berichtspflichtigen soll ein Aufschub für ihren erstmaligen Nachhaltigkeitsbericht für den Jahresabschluss 2027 in 2028 eingeräumt werden“, weiß Andreas Strech, ESG-Auditor und Leitung Bereich Nachhaltigkeit bei Ecovis in Dresden. „Die zweijährige Aussetzung wollen EU-Parlament und -Rat zügig und vom weiteren Gesetzgebungsprozess herausgelöst beschließen.“
Weitere Erleichterungen
Für alle anderen Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten sollen – sofern von Banken, großen Lieferanten oder Kunden gefordert – ein Standard, basierend auf dem VSME (Voluntary SME-Standard), entwickelt werden. Die Kommission möchte auch den ESRS-Berichtsstandard (European Sustainability Reporting Standards) drastisch vereinfachen: Geplant ist, die Anzahl der zu berichtenden Datenpunkte zu verringern sowie auf einige lediglich qualitativen Angaben und auf die sektorspezifischen Standards (ESRS Set 2) zu verzichten. Für die Testierung ist dauerhaft nur begrenzte Prüfungssicherheit angestrebt, ein Prüfungsstandard dafür will die EU-Kommission entwickeln. Auch die Angaben zu Artikel 8 EU-Taxonomie werden abgeschwächt. Berichten müssen Unternehmen erst ab einem Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro, darunter nur freiwillig.
Geplante Änderungen an anderen Vorschriften
Über die CSRD und EU-Taxonomie-Verordnung hinaus wurden Vorschläge zur Änderung des CO2-Grenzausgleichssystem CBAM, dem InvestEU-Programm und der Sorgfaltspflichtenrichtlinie CSDDD (EU-Lieferkettengesetz) vorgeschlagen, mit teils stark abschwächenden Elementen.
„Der Entwurf der Omnibus-Verordnung wird nun im EU-Parlament und von den Mitgliedsstaaten geprüft. Nach möglichen Anpassungen könnte die Verordnung verabschiedet werden und mehrere bestehende EU-Regelungen gleichzeitig ändern, die dann mit einer Frist von zwölf Monaten in nationales Recht überführt werden müssen“, erklärt Strech.
Gut zu wissen
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