Kostenanstieg in der Landwirtschaft: Notwendige Mehrerlöse zur Kostenkompensation
Die Folgen der vergangenen zwei turbulenten Jahre lassen sich aktuell nicht endgültig abschätzen. Dennoch ist von einer nachhaltigen Kostensteigerung und einem Szenario auszugehen, das ein komplettes Zurück zur alten Situation nahezu ausschließen lässt. Welche Gründe es dafür gibt.
Die allgemeinen Kostensteigerungen wären nicht so schlimm, wenn dazu auch die Erlöse in den landwirtschaftlichen Betrieben passen würden. Außer bei den Getreidepreisen von rund 200 Euro/Tonne und den Rapspreisen von 400 Euro/Tonne ist von der letztjährig zu beobachtenden Euphorie nicht mehr viel übrig geblieben.
Mit dem Wirtschaftsjahr 2023/24 werden die Ackerbaubetriebe nun erstmalig von dem deutlichen Einschnitt der Agrarprämien betroffen sein. Die 100 Euro/Hektar (ha), die Landwirte weniger bekommen, schmerzen und kommen zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Um allein diesen einen Einschnitt zu kompensieren, müssten die Getreideerlöse um rund 1,2 Euro/Dezitonne nachhaltig höher sein.
Kostensteigerung auf vielen Ebenen
Den größten Einfluss im Bereich der Kostensteigerung übt die Veränderung der Zinskosten aus. Zum einen ist erheblich mehr gebundenes Kapital erforderlich, um die gleiche Maschinenausstattung abzurufen, und zum anderen haben sich die Zinskosten verdreifacht. Durch die Inflation beeinflusst, steigen Löhne, Energie-, Verwaltungs- und Reparaturkosten sowie die AfA (Absetzung für Abnutzung) für Maschinen durch die hohen Anschaffungswerte. Bei Pachtverhandlungen kennt das Ergebnis nur eine Richtung – weiter nach oben. Der Wunsch der Verpächter, mindestens einen Inflationsausgleich von zehn Prozent zu erreichen, ist aktuell praktisch die Regel – und durchaus nachvollziehbar.
Ackerbaubetriebe beispielsweise müssen mit rund 115 Prozent höheren Zinskosten für das Wirtschaftsjahr 2023/24 rechnen. Grundsätzlich müssen Ackerbaubetriebe künftig ihre Mehrkosten ausgleichen. Diese Kompensation lässt sich nur über einen Erlösanstieg auf der Vermarktungsseite erreichen. Kosteneinsparungen durch weitere Effizienzmaßnahmen oder gar Naturalertragssteigerungen sind unternehmerisch zwar weiter anzustreben. Allerdings haben die meisten Betriebe bereits viel optimiert. Erhebliche Reserven schlummern kaum noch.
Am Beispiel von Weizen lässt sich die Situation vereinfacht darstellen. Bei einem Ertragsniveau von angenommen 85 Dezitonnen/ Hektar (dt/ha) müsste der Ver Vermarktungserlös um 4,4 Euro/dt steigen, um 371§ Euro/ha zu kompensieren. Der fünfjährige Durchschnittspreis lag bisher bei 18,55§ Euro/dt. Der neue Zielpreis liegt dann bei 22,90 Euro/dt. Bei dieser stark vereinfachten Darstellung würde die Kompensation lediglich dazu führen, dass Landwirte wirtschaftlich die gleichen Ergebnisse erzielen wie in den Wirtschaftsjahren 2017/18 bis 2021/22. Aber: Wirtschaftlich betrachtet waren das nicht die besten Jahre.
Was lässt sich aus der Betrachtung ableiten?
Mit dem aktuellen Erlösniveau ist die Situation für Landwirte alles andere als erfreulich. Bei einem Weizenpreis von derzeitig 20 Euro/dt lässt sich im Mittel der Betriebe keine Vollkostendeckung erreichen. Wer früher mit 18,55 Euro/dt kalkuliert hat, muss nun mit mindestens 23 Euro/dt kalkulieren. Wichtig ist, dass der Markt das auch honoriert. Eine Markteinschätzung dazu ist allerdings aktuell extrem schwierig. Dennoch bedarf es eines kritischen Abwägens, inwieweit ein vorschnelles Vermarkten der diesjährigen Ernte sinnvoll ist. Die Chance auf weiter steigende Preise mag mitunter höher sein als ein weiterer Einbruch der Preise. Ein Absinken des Weizenpreises auf das alte Niveau von 18 Euro/dt wäre desaströs für den Ackerbau, und das für alle Wettbewerbsregionen.
Die Folgen für die Landwirtschaft
Die Wirtschaftsjahre 2021/22 und 2022/23 waren wirtschaftlich sehr gute Jahre für den Ackerbau. Ein Großteil der Betriebe hat es in dieser Zeit geschafft, Rücklagen aufzubauen und überdurchschnittlich hohe Investitionen zu tätigen. Mit der neuen Situation – Wegfall der Agrarförderung und steigende Kosten – heißt es nun für die Betriebe, die Liquidität im Blick zu behalten. Zudem drohen bei einem Teil der Betriebe noch Steuernachzahlungen, die es einzuplanen gilt. Andererseits können durch das Aussetzen von Ersatzinvestitionen Betriebe, die bisher nicht schon von der Substanz gelebt haben, auch mal den Gürtel enger schnallen. Es ist davon auszugehen, dass das auch spürbare Folgen für die Nachfrage nach Landtechnik hat. Hier besteht möglicherweise die Chance, das eine oder andere Maschinengeschäft mit höheren Rabatten zu hinterlegen.
Autor: Albrecht Macke, landwirtschaftlicher Unternehmensberater in der BB Göttingen GmbH macke@bbgoettingen.de
Über BB Göttingen GmbH
Philipp-Rudolf Kühne gründete 1958 das Betriebswirtschaftliche Büro Göttingen. Seit 2010 firmiert das Unternehmen als BB Göttingen GmbH. Elf gleichberechtigte Partner mit zwei Mitarbeiterinnen beraten land- und forstwirtschaftliche Unternehmen in allen Fragen rund um Betriebswirtschaft – und das in den Betrieben teils über mehrere Generationen hinweg.