Kein Testament vorhanden, und jetzt?
Ein Erbe ausschlagen kann unter steuerlichen Gesichtspunkten durchaus sinnvoll sein. Die Entscheidung ist allerdings gut zu überlegen. Außerdem müssen Erbinnen und Erben Fristen einhalten.
Der plötzliche Tod eines Betriebsinhabers ist immer ein Schicksalsschlag. Umso schlimmer, wenn der Verstorbene keine erbrechtlichen Regelungen getroffen hat. Dann sind die Erben und ihre Berater gefordert, alles bestmöglich zu klären.
Gibt es mehrere Erben, ist es in steuerlicher Hinsicht – unabhängig von anderen drohenden Streitigkeiten – oft nicht sinnvoll, das Vermögen zunächst auf eine Erbengemeinschaft übergehen zu lassen, um es dann anschließend unter den Miterben aufzuteilen. „Ein doppelter Erwerb des Hofs innerhalb kurzer Zeit kann ungewollte Steuerprobleme auslösen“, sagt Mauritz von Wersebe, Steuerberater bei Ecovis in Bergen auf Rügen.
Aber wie können Erben vermeiden, dass eine Erbengemeinschaft entsteht oder eine doppelte Übertragung des Betriebs durch Nachlass und Schenkung anfällt? Als Lösungsansatz bietet sich hier die Erbausschlagung an. Denn auch wer durch die gesetzliche Erbfolge als Erbe vorgesehen ist, muss das Erbe nicht annehmen und kann die Erbschaft innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen ausschlagen. Auf diese Weise lässt es sich vermeiden, dass beispielsweise für nicht begünstigtes Vermögen, etwa Wertpapiere oder Mietshäuser, zweimal Erbschaftsteuer anfällt.
Abfindung statt Erbe
Die Konsequenz ist aber, dass der Ausschlagende nichts erbt. Der Nachlass geht direkt an die nächsten Erbschaftsanwärter. Sind das die eigenen Kinder, mag das passen. Die Frage ist aber, ob der überlebende Ehegatte nicht doch einen Teil des Nachlasses, etwa Immobilien oder Kapitalvermögen, für die eigene Altersversorgung benötigt.
Auch dafür gibt es Lösungsmöglichkeiten, weiß von Wersebe: „Die Erbausschlagung gegen Abfindung. Das können sowohl Teile des Nachlasses, etwa ein Mietshaus, aber auch Geldbeträge bis hin zum ganzen Hof sein.“ Selbst Nutzungen an Teilen des Nachlasses, beispielsweise ein Wohnrecht oder ein Nießbrauchsrecht am landwirtschaftlichen Betrieb, sind denkbar. Erbrechtlich bedeutet die Ausschlagung gegen Abfindung, dass die Erben den Nachlass bekommen und den Abfindungsverpflichtungen nachkommen müssen.
Stress gibt es bei der Abfindung, wenn der Ausschlagende zum Beispiel einzelne Grundstücke des Betriebs haben will. Das würde zu einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen führen, für die die erfüllenden Erben Einkommensteuer zahlen müssen. „Alle diese Fragen sind zeitnah zu klären, damit die Erben die Sechs-Wochen-Frist der Ausschlagung einhalten können. Denn eine Fristverlängerung gibt es hier nicht“, erklärt Ecovis-Experte von Wersebe.